WAP steht fuer Wireless Application Protocol und bezeichnet einen Standard, der die drahtlose Uebermittlung von Text und Bildern auf mobile Empfangsgeraete ermoeglicht. Die hierfuer verwendete Programmiersprache WML (Wireless Markup Language) ist im Prinzip eine auf elementare Funktionen reduzierte HTML- Variante. WAP-Inhalte sind entsprechend minimalistisch und bes- tehen lediglich aus kurzen Texten. Zum Lesen der WAP-Inhalte sind Micro-Browser erforderlich, die in neuen WAP-Handys integriert sind.
Allgemein wird dem Markt ein hohes Potential prognostiziert. So sollen den ambitionierten Prognosen von Nokia zufolge bereits in 2004 rund 130 Mio Europaeer ein WAP-Handy besitzen. Ungeachtet der hervorragenden Aussichten von Nokia sowie eines brillianten Managementes ist diese Prognose genauer zu hinterfragen. Denn die Anzahl von 130 Mio mobilen Internetendgeraete wie WAP-Handys oder Palm-Pilots wuerde die bis dahin prognostizierte Durchsatz- rate stationaerer PC's deutlich uebertreffen. Vor diesem Hinter- grund ist es fuer ein entsprechend positioniertes Unternehmen voellig legitim, die Marktdurchdringung von Produktinnovationen durch ambitionierte Prognosen zu forcieren. Auf diese Weise laesst sich vermarktungstechnisch die Eigendynamik eines vor- herrschenden Trendes weiter verstaerken.
Durch WAP und kuenftige Uebertragungstechnologien GPRS oder UMTS gewinnt das Internet fuer Mobilfunkkunden an Attraktivitaet. Diese neuen Standards stellen dabei die Grundvoraussetzung fuer M-Commerce (eCommerce per Mobilfunk) dar. Zweifellos zaehlt der Markt fuer mobile Internetanwendungen demnaechst ueber GPRS oder UMTS zu den dynamischen Wachstumssegmenten. Dennoch bleibt im Ansatz fraglich, ob die kommerzielle Nutzung im M-Commerce ueber WAP die gewuenschten Potentiale in Umsatz und Ertrag freisetzt. So ist die Nutzung von WAP-Diensten derzeit eher als Zumutung und weniger als technologisch ausgeeiften Value-Added-Service zu interpretieren, da die maximale Uebertragungsgeschwindigkeit lediglich 9,6 Bit/sec aufweist.
Zudem entstehen dem Nutzer von WAP-Diensten neben den Mobil- funk-Gebuehren durch Micro-Payment nicht unerhebliche Zusatz- kosten, welche fuer den Grossteil der Bevoelkerung bei regel- maessiger Nutzung kaum tragbar sind. In Anbetracht der begrenz- ten ergonomischen Moeglichkeiten (kleines Display) mit minimal- istischen Darstellungsmoeglichkeiten und dem dadurch geringen Informationswert reduziert sich sowohl die Attraktivitaet der WAP-Angebote erheblich, als auch die Gruppe der Zielkunden, wobei die angestrebten Prognosen in Bezug auf die erwarteten Nutzerzahlen einiger Unternehmen wie WAPME Systems und anderen etwas abenteuerlich anmuten. Ferner erscheint fraglich, ob Handy-Kunden tatsaechlich bereit sind, sich bei eher minimalis- tischen Darstellungsmoeglichkeiten zur eifrigen Nutzung von WAP- Diensten animieren zu lassen, waehrend man vor dem heimischen, stationaeren PC besten Komfort, schnelle Uebertragungsgesch- windigkeiten, vollstaendige und transparente Inhaltedarbietung bei wesentlich geringeren Kosten geniesst.
Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass WAP-Dienste vor- nehmlich wie bisher von Geschaeftsreisenden genutzt werden, womit die Kunden-Zielgruppe fuer WAP-Dienste doch begrenzt er- scheint. Wir bewerten die WAP-Hype vielmehr als voruebergehend intensiven Trend, der aufgrund des harten und von hohem Innova- tionsdruck gepraegten Wettbewerb durch Zugzwang der konkurrie- renden Dienstleistungsunternehmen eine bemerkenswerte Eigendy- namik entwickeln konnte. Es ist zu erwarten, dass sich der Nut- zungskomfort von mobilen Internetanwendungen durch die neuen anstehenden Uebertragungsstandards GPRS oder UMTS erheblich verbessert. Inwiefern sich Unternehmen wie die derzeit an die Boerse strebende Wapme Systems mit ausgepraegter Kernkompetenz bei WAP in Anbetracht der neuen Uebertragungsstandards zu posi- tionieren weiss, bleibt abzuwarten. Nicht wenige hochkaraetige Experten beurteilen WAP mittlerweile eindeutig als technologi- sche Sackgasse.
So konstatierte erst kuerzlich Matthias Schrader, seines Zeichens Geschaeftsfuehrer der Internetagentur Sinner- Schrader AG, in der Zeitschrift MARKET:
"WAP ist nicht das Internet in der Westentasche, sondern eine technologische Sackgasse. Die Interaktionsmoeglichkeiten sind beinahe Kunden-verachtend. Es ist allenfalls fuer gezielte Zu- satzdienste geeignet. Mobile Commerce wird erst interessant, wenn es einen eindeutigen Vorteil vor dem stationaeren Web- Zugriff bietet."
Joerg Nussbaumer, Analyst beim Marktforschungsunternehmen Forit, ging sogar einen Schritt weiter und aeusserte sich in MARKET wie folgt:
"Es gibt kein schluessiges Konzept fuer die Interaktion bei WAP. Es ist ausserdem zu langsam und zu teuer. WAP kann nie richtiges Internet sein - entsprechend einfach muessen die Anwendungen zu handhaben sein."
Letztendlich muss den zum Teil immensen Investitionen stets ein langfristig entsprechendes Umsatz- und Ertragspotential gegenue- berstehen. Vor diesem Hintergrund repraesentieren sich Prognosen auf Basis explodierender Zahlen von WAP-Handynutzern etwas ver- zerrt. Sobald sich die neuen Uebertragungsstandards durchgesetzt haben, sollte eine neuerliche Betrachtung der aktuell auf WAP setzenden Unternehmen erfolgen. So besteht durchaus die Moegli- chkeit, dass diese Gesellschaften in der Lage sind, den verbes- serten Anwendungskomfort auf Basis von UMTS und GPRS in ihren Geschaeftsmodellen zu antizipieren. Moeglich erscheint jedoch auch, dass die zum Teil mit wesentlich hoeheren Kapitalressour- cen ausstaffierten Telekommunikationsunternehmen, ISP's oder grossen Portalbetreiber diesen Markt fuer sich entdecken und hierbei in Anbetracht der veraenderten Marktbedingungen durch UMTS oder GPRS den Wettbewerb dominieren. Aufgrund der bisher kaum kalkulierbaren Wettbewerbssituation raten wir Anlegern, die Investitionen auf Basis des scheinbar enormen WAP-Marktpotenti- als taetigen moechten, die geplanten Engagements noch ein wenig zurueckzustellen. Zumindest bis ersichtlich wird, welchen ver- aenderten Wettbewerbsbedingungen in Anbetracht der neuen Ueber- tragungsstandards UMTS/GPRS der Sektor fuer mobile Internetan- wendungen unterworfen wird.
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