Meine Überlegung zu AIG ist: Auch nach dem anstehenden Verkauf ganzer Geschäftsfelder wird diese Gesellschaft von nahezu existenzieller Bedeutung für die USA sein. Es gibt dort keine gesetzliche, umlagefinanzierte Rentenversicherung nach deutschem "Vorbild". Vielmehr legen Pensionsfonds Abermilliarden Dollar als Alterssicherung für Millionen von Angestellten und Arbeitern an. Auch Lebensversicherungen spielen eine große Rolle. Der größte Akteur war und wird auch nach einer "Zerschlagung" aller Voraussicht nach AIG bleiben - alle Willenserklärungen laufen darauf hinaus, dieses amerikanische Kerngeschäft zu halten. Mir erscheint es undenkbar, daß der Staat eine zwölfstellige Summe ausleiht und abschreibt. Bei der Bedeutung der AIG für die Altersversorgung würde es zu einer echten Tragödie kommen - für Millionen Menschen. Auch kann man bezüglich des Werts der "Danach"-AIG die an den Staat begebene Anleihe nur einmal berücksichtigen: Entweder ist ihr dadurch Rechnung getragen, daß man die Umsatzerwartungen drastisch kürzt, da ganze Geschäftsfelder wegfallen, oder man setzt den ganzen Umsatz in Beziehung zur sich ergebenden Zinslast der vollen Schuld. Alles andere ist doppelt gemoppelt. Wer aber sollte ausgerechnet jemandem, der verkaufen M U S S, einen fairen Preis für - let´s say - sein Lebensversicherungsgeschäft in Japan zahlen? Jeder, der die Aufbauleistung dankend mitnimmt und Konkurrenz hat. Der japanische Finanzsektor z.B. ist in den letzten Jahren saniert worden und solvent. Und die langfristige Perspektive so eines amerikanischen "Kerngeschäft"-Rudiments? Die USA werden noch sehr, sehr lange die Wirtschaftsmacht überhaupt bleiben, auch wenn europäischer Antiamerikanismus gelegentlich blind für simple Wahrheiten ist: Die USA sind der einzige westliche Staat mit einer stabilen Bevölkerungsentwicklung, der durchschnittliche Amerikaner ist heute schon zehn Jahre jünger als der durchschnittliche Deutsche - mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen bezüglich Unternehmergeist und Erfindungsreichtum. Zur erfreulichen Geburtenrate von 1,8 Kindern pro Frau ( Deutschland 1,3 Russland 1,1 Japan 1,0 ) kommt die Einwanderung QUALIFIZIERTER Wirtschaftswesen aus aller Welt. Die Auswanderung von Akademikern und Ingenieuren aus Deutschland dagegen erreicht jedes Jahr ein neues Allzeithoch - Ziel Nummer eins: USA. China läuft dank der jahrzehntelangen "Ein Kind"-Politik in die demographische Katastrophe, Russland wird - zumindest als Bestandteil des Abendlandes - schon in 50 Jahren nicht mehr existieren ( Lebenserwartung eines heute geborenen männlichen Russen: 58 Jahre ) und am Beispiel Japan kann man seit eineinhalb Jahrzehnten "bestaunen", daß selbst ein Leitzins von Null Komma Null und eine topgebildete Bevölkerung nichts mehr nutzen, wenn es keinen Nachwuchs mehr gibt. Die stecken als erstes Land der Neuzeit in einer demographisch begründeten Rezession ( in besseren Jahren Stagnation ), und die EU wird ihnen auf diesem Weg folgen. Es steht nicht zu befürchten, daß die zukünftigen "Europäer" aus der Türkei, Nordafrika und Arabien den amerikanischen Forschern in der "Wissenswirtschaft" der Zukunft ernsthaft Konkurrenz um Patente und Nobelpreise machen. Bin etwas abgeschweift - genau wie die Börsenkurse: In zwei, drei Jahren lachen alle, die jetzt kaufen.
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