Analyse: Bush «kapituliert» im Kampf um den Kriegshaushalt
Von Herbert Winkler, dpa
Washington (dpa) - Überschattet vom Krieg im Irak hat in Washington seit einiger Zeit eine Schlacht um die Kosten der Invasion getobt. Das Weiße Haus schwieg beharrlich. Erst nach Kriegsbeginn und erst nachdem beide Häuser des US-Kongresses den nächsten Staatshaushalt verabschiedetet hatten, bekennt US-Präsident George W. Bush nun Farbe.
Seine Regierung schätzt, dass der Krieg und seine unmittelbaren Folgen rund 80 Milliarden Dollar (75,6 Milliarden Euro) kosten werden. Für das bis Ende September laufende Etatjahr 2003 wird sie im Kongress einen Nachtragshaushalt von 62,6 Milliarden Dollar beantragen.
In Anbetracht steigender Defizite hatte der Senat aber schon den Haushaltsentwurf der Regierung für das Jahr 2004 um 100 Millionen Dollar gekürzt, nicht gerade zum Vergnügen des Präsidenten. Denn diese Summe wurde von den 726 Milliarden Dollar abgezogen, die Bush für Steuersenkungen über einen zehnjährigen Zeitraum vorsieht.
Da das Repräsentantenhaus dem Chef im Weißen Haus dieses «Notopfer Irak» nicht abverlangte, muss endgültig noch ein Vermittlungsausschuss entscheiden. Mit einer Schätzung der Kriegskosten hat die Regierung aber bessere Chancen, die Kürzungen zu begrenzen, als die Parlamentarier weiter im Dunkeln tappen zu lassen. Die oppositionellen Demokraten verdächtigten ihn bereits, so lange gewartet zu haben, um den bei einem Krieg wachsenden Patriotismus vor den Etat-Karren zu spannen. Auch der republikanische Senator John McCain beklagte sich: «Wir können keine Steuern kürzen und die Ausgaben erhöhen, ehe wir die Kosten des Krieges kennen.»
Nach Prognosen von Regierungsbeamten wird der Krieg zunächst 62,6 Milliarden Dollar verschlingen, die Hälfte allein für den Truppen- und Waffentransport. Der Rest müsste dann für den Heimatschutz und andere Maßnahmen aufgebracht werden. Die Kriegskosten lägen damit etwa auf der Höhe des Golfkrieges von 1991, der 61 Milliarden kostete, was nach heutiger Kaufkraft etwa 76 Milliarden wären.
Davon trug Washington nur 7 Milliarden Dollar oder 12 Prozent der Gesamtkosten, während die Verbündeten Saudi-Arabien 29 Prozent, Kuwait 26, Deutschland 16, Japan 10 und Großbritannien 7 Prozent der Kosten übernahmen. An derart zahlungsbereiten Verbündeten fehlt es diesmal.
Kongressstellen, Denkfabriken und einzelne Experten in den USA schätzen, dass auch ein kurzer Militäreinsatz mit anschließenden Maßnahmen sich am Ende auf 100 bis 200 Milliarden Dollar belaufen könnte. Abgesehen von der humanitären Hilfe werde der Wiederaufbau zwischen 25 und 100 Milliarden Dollar kosten, veranschlagten Experten unter Führung des Ex-Botschafters und Nahostfachmanns Edward P. Djerejian. Diese Zahlen legen den Schluss nahe, dass Bushs Nachtragshaushalt nicht das letzte Wort ist.
welt.de 12:50 Uhr
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