ProSiebenSat1: Die Mehrheitseigner der TV-Senderkette wollen offenbar ihre Anteile versilbern und an die Börse bringen. Um für Investoren attraktiver zu werden, muss Vorstandschef Ebeling aber zuvor kräftig die Schulden drücken KKR und Permira wollen ihre Mehrheit an ProSiebenSat1 versilbern und planen, ihre Anteile noch 2011 an der Börse zu bringen. Damit könnte ProSieben als erster Medienkonzern in den Dax aufsteigen. Um die Schulden zu drücken, steht ein Großteil des Auslandsgeschäfts zum Verkauf. Genau dies aber könnte die Börsenstory wieder torpedieren.
Frankfurt am Main - Dax-Einstieg oder Schulden-Ausstieg - ProSieben-Chef Thomas Ebeling hat derzeit die Qual der Wahl. Der ehemalige Pharmamanager hat die vor eineinhalb Jahren noch als Sanierungsfall gehandelte Senderkette erstaunlich schnell wieder flott gekriegt. Dabei kam ihm der kräftige Werbeaufschwung zu Gute.
Die anziehenden Gewinne bei ProSiebenSat1 wecken nun allerdings Begehrlichkeiten bei den Eigentümern. Die Finanzinvestoren KKR und Permira wollen ihre Mehrheit an dem Münchner Konzern nach Reuters-Informationen versilbern und planen, ihre Anteile noch 2011 an der Börse zu platzieren. Damit könnte ProSieben als erster Medienkonzern in die oberste deutsche Börsenliga Dax aufsteigen. ProSieben wollte sich dazu nicht äußern.
Um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen, müsse ProSieben vorher aber seinen immens hohen Schuldenberg von drei Milliarden Euro verkleinern, sagten zwei mit den Überlegungen bei dem TV-Anbieter vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.
Schulden müssen runter - Großteil des Auslandsgeschäfts steht zum Verkauf
Ebeling hat deshalb einen Großteil des Auslandsgeschäfts, das unter dem Namen SBS firmiert, zum Verkauf gestellt. Eine Handvoll Interessenten reichte für die SBS-Sender in Skandinavien, den Niederlanden und Belgien bereits verbindliche Angebote ein - insgesamt könnte die Aktion mehr als zwei Milliarden Euro einbringen. Allerdings würde der Konzern durch die Verkäufe um ein Viertel schrumpfen. Die Dax-Pläne könnte ProSieben deshalb womöglich gleich wieder beerdigen, sagten die Involvierten. "Es ist fraglich, ob man alle Sender verkaufen will, da dann die ganze Börsenstory nicht mehr funktioniert", sagte einer der Insider. Ohne ein gewichtiges Auslandsgeschäft wäre ProSieben zudem beinahe vollkommen vom deutschen Werbemarkt abhängig, auf dem bereits heute 70 Prozent der TV-Erlöse erzielt werden.
Deshalb favorisieren die Eigner mittlerweile eine andere Lösung. "Das wahrscheinlichste Szenario ist derzeit der Verkauf eines der Assets, dabei könnten bis zu 1,3 Milliarden Euro rumkommen", sagte ein Insider aus dem Eignerkreis. Charmant an dieser Lösung wäre, dass ProSieben seine Schulden signifikant senken und gleichzeitig eine große Nummer im europäischen TV-Geschäft bleiben könne.
Derzeit gebe es eine leichte Präferenz, nur die Benelux-Sender inklusive der niederländischen TV-Zeitschrift "Veronica" zu verkaufen, sagte der Insider. Das könnte auch am Bieterkreis liegen. Insbesondere dem finnischen Medienkonzern Sanoma, der sich für das Angebot mit "Big Brother"-Erfinder und Milliardär John de Mol zusammengetan hat, werden bei ProSieben gute Chancen zugesprochen. "Das passt perfekt", sagte eine mit den Geboten vertraute Person. Sanoma hat einem Bericht der belgischen Zeitung "De Standaard" zufolge bislang auch das höchste Gebot für die Sparten in den Niederlanden und Belgien abgegeben.
Entscheidung über den Ausstieg dürfte im Sommer fallen
Einer der weiteren Bieter ist die RTL Group. Europas größter Fernsehkonzern ist aber nur an einem Fernsehsender im belgischen Landesteil Flandern interessiert. Ebenfalls mit dabei ist das Verlagshaus De Persgroep aus Belgien.
Für das Skandinavien-Geschäft sind mindestens zwei Bieter im Rennen: die schwedische Mediengruppe Modern Times Group und der US-PayTV-Anbieter Discovery Communications, bekannt für den Doku-Sender "Discovery Channel", sagten mehrere mit dem Bietprozess vertraute Personen.
Offizielle Neuigkeiten zum Stand der Verkäufe soll es Anfang Mai geben. Richtig spannend dürfte es dann auf der Hauptversammlung und zur Halbjahresbilanz im Sommer werden. Erst dann wird genau klar, wie Permira und KKR ihren Ausstieg bewerkstelligen wollen. Eine Platzierung im vierten Quartal sei weiter realistisch, sagte ein Insider, der mit den Überlegungen der Finanzinvestoren vertraut ist. Und dann wird sich zeigen, ob ProSieben sich immer noch Hoffnungen auf den Leitindex Dax machen kann oder sich anderen Anwärtern wie etwa dem Chemiekonzern Lanxess geschlagen geben muss.
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