Michael Proffe schwadroniert im DAF über die Reisebranche und rechnet verzückt vor, wie man mit seinen Favoriten Priceline (US-Reiseportal, WKN: 766054) und Expedia (USA, WKN: A1JRLJ) in den letzten 6 Jahren 1000% gemacht hat. An TUI lässt Proffe keinen guten Faden: sie hätten die Entwicklung der Zeit verpennt und müssten "unglaublich viel aufwenden, um den Anschluss zu finden". Proffe weiter: "von TUI würde ich die Finger lassen und nur auf die Gewinner setzen". Wenigstens deutet er an, selbst Aktionär zu sein. Proffe führt in seinem Filmchen einen Chartvergleich der Drei vor, in dem TUI ziem-lich kläglich dasteht. Ich habe mich näher mit diesem Vergleich beschäftigt und habe eine gänzlich andere Wahrheit gefunden:
Der Chartvergleich beruht auf dem Zeitraum ab 2009. Die ersten beiden Jahre liefen alle drei Aktien ziemlich synchron. Damit ist schon einmal widerlegt, dass TUI prinzipiell schlechter aufgestellt ist, denn sonst hätte TUI von Anfang schlechter abschneiden müssen - oder die Anleger wären Deppen, weil sie die prinzipiellen Schwächen von TUI nicht erkannt hatten. Nach zwei Jahren fiel TUI das ganze Jahr 2001 über ab, während die zwei Konkur-renten weiter zulegten. Ab 2012 hatte TUI sich wieder gefangen und legte wieder synchron mit den anderen beiden zu, wenn auch in deutlichem Abstand nach unten.
Daraus folgt für mich klar, dass die Kurseinbrüche bei TUI mit deren Geschäftsprin-zip nichts zu tun haben, sondern von der Subprimekrise und später von der Eurokri-se geprägt waren. Habe ich recht, müsste sich das Bild bei Ausblendung des Jahres 2001 ändern. Und tatsächlich: der Chartvergleich ab 2012 spricht eine völlig andere Sprache: da schneidet nämlich TUI ziemlich exakt gleich wie Expedia ab, hat im Gegenteil eher die Nase noch etwas vorn. Woraus folgt, dass mindestens in den letzten drei Jahren Priceline und Expedia "die Gewinner" sind und mithin TUI der Looser.
Ich hoffe, ich konnte belegen, wie "Analysten" die Tatsachen verdrehen, bewusst oder aus Unfähigkeit zum analytischen Denken. Ich hoffe ferner, ich konnte belegen, dass TUI sich weder vor Priceline, noch vor Expedia verstecken muss. Davon abgesehen ist Priceline ja nur ein Webportal, das selbst gar keine Reiseleis-tungen anbietet. Und um die Kraft und Herrlichkeit von Webportalen kann es auch sehr schnell geschehen sein; einfach deswegen, weil ihre Leistung leicht zu kopieren ist. Was, wenn morgen zB. ein Chinese kommt und das Ganze schneller und billiger macht? TUI zu kopieren ist hingegen fast nicht möglich, da die Vernetzung inzwischen weit fortgeschritten ist. Im Gegensatz zu Herrn Proffe habe ich die Sache etwas sorgfälti-ger beleuchtet und bleibe daher bei meiner Entscheidung: für TUI.
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