Der Unternehmer starb nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 74 Jahren. Miele verkörperte lehrbuchhaft alte Tugenden wie Solidität, Beharrlichkeit, Beständigkeit und Respekt vor Mitarbeitern. Unter seiner Führung erlebte die Firma einen enormen Aufschwung.
Wurde zum Synonym für Haushaltsgeräte und Familienunternehmertum: Rudolf Miele. Foto: AP Den operativen Vollzug des Generationswechsels wird er nun doch nicht mehr erleben. Rudolf Miele ist tot. Der Unternehmer, dessen Name zum Synonym für Hausgeräte und Familienunternehmertum in Deutschland wurde, starb im Alter von 74 Jahren in Gütersloh.
Erst im Mai hatten er und Peter Zinkann, 75, als geschäftsführende Gesellschafter angekündigt, im November die operative Verantwortung an die Söhne Markus Miele, 45, und Reinhard Zinkann, 44, übergeben zu wollen.
Rudolf Miele und Peter Zinkann repräsentierten die dritte Generation des Familienunternehmens. Mit ihrem Rückzug aus der Führung haben sich die beiden viel Zeit gelassen und sie fällt in eine schwere Zeit. Der Umsatz in Deutschland sinkt.
Zum ersten Mal in der 105-jährigen Geschichte funktioniert das Prinzip, mit hohem technischen Entwicklungsaufwand Produkte herzustellen, die länger halten als die der Konkurrenz, nicht mehr. "Wer besser sein will, muss anders sein", war ein anderer ihrer ererbten Grundsätze.
Den Verlockungen der New Economy widerstanden sie bis zu dem Maße von Sturheit, das nur Ostwestfalen wie ihnen nachgesagt wird, ebenso wie den Reizen von Großakquisitionen und Börsengang.
Miele verkörperte lehrbuchhaft alte Tugenden wie Solidität, Beharrlichkeit, Beständigkeit und Respekt vor Mitarbeitern. Dass auch Miele wegen der Absatzschwäche in Deutschland Kurzarbeit einführte, selbst betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen wurden, muss dem Senior schwer zu schaffen gemacht haben. Er wurde am 4. November 1929 in Gütersloh geboren, ging dort zur Grundschule und zum Gymnasium, erhielt eine "Praxis orientierte Ausbildung", volontierte bei Firmen im In- und Ausland. 1953 stieg er in die Geschäftsführung des 1899 von Carl Miele, dem Großvater, und Reinhard Zinkann gegründete Unternehmen ein, 1960 wurde er geschäftsführende Gesellschafter.
Beseelt vom Unternehmen
Die Enkel der Gründer arbeiteten ? so wie in den vergangenen Jahren ihre eigenen Söhne ? lange mit den Vätern zusammen. Anderswo wäre Krach programmiert gewesen. Bei Miele funktionierte es, "weil wir alle beseelt waren vom Unternehmen", sagte Rudolf Miele. Der Gesellschaftervertrag stellt die Interessen des Unternehmens über das der Familie.
Unter Mieles Führung nahm das Unternehmen einen enormen Aufschwung. Von 1960 bis 2003/2004 (30. Juni) kletterte der Umsatz von rund 100 Millionen Euro auf 2,15 Milliarden Euro mit einem Auslandsanteil von fast 70 Prozent. Weltweit beschäftigt der Konzern knapp 15000 Menschen.
Alle Büros am Hauptsitz sind zum Flur und zueinander verglast. Die Durchwahl von Miele steht auf jeder Telefonliste. Die Söhne essen wie alle Mitarbeiter in der Kantine. Nur da erlaubten sich die Senioren ein Zugeständnis, sie aßen zuhause. Am Wochenende erholte sich Rudolf Miele zusammen mit seiner Frau auf dem Golfplatz, die einzige Freizeitaktivität, die er sich gönnte. Dafür reiste er gerne, am liebsten nach Australien.
(SZ vom 20.08.04)
|