Palantir: Parallels With Microsoft, Potential Network Effects Underappreciated https://seekingalpha.com/article/...-network-effects-underappreciated
Hier einmal ein sehr interessanter und facettenreicher Bericht zu einem sehr interessanten Unternehmen. Mir geht es dabei weniger um die aktuelle Bewertung des Unternehmens, als vielmehr um ein paar Kernaussagen der von mir verlinkten Rezession, welche ich im Zusammenhang mit Wirecard als bemerkenswert sehe.
- Palantir wurde von visionären Denkern gegründet, die teils einen signifikanten Bezug zu PayPal haben - die Führungsspitze um Peter Thiel und Alex Karp hat Philosophie studiert und denkt langfristig und visionär. Interessant ist auch deren Bezug zu Deutschland und zu österreichischen Denkfabriken - am Beispiel der Führungsspitze und des bisherigen zeitlichen Verlaufs des Unternehmensaufbaus zeigt sich, dass es beim Aufbau von Unternehmen mit wirklichem Disruptionspotenzial nicht um kurzfristige Gewinne geht, wenngleich ein Unternehmen natürlich langfristig wirtschaftlich und gewinnorientiert, also kapitalistisch betrieben werden muss um dauerhaft erfolgreich zu sein. - die bisherige Entwicklungsgeschichte von Palantir ist zeitlich durchaus als lang, aber beharrlich und zielorientiert zu bezeichnen, das Erfolgspotenzial lässt sich mittlerweile erahnen - an Gründern und Investoren, wie Thiel und Karp zeigt sich, dass die Vision und deren beharrliche Verwirklichung derselben das eigentliche Ziel ist und nicht die kurzfristige Bereicherung zur Steigerung des persönlichen Konsums. Das trifft letztendlich für alle erfolgreichen Gründer und Investoren zu. Weniger für angestelltes und nicht investiertes Führungspersonal. Es ist vermutlich ein Unterschied ob man seine eigene oder die fremde Haut zu Markte trägt und riskiert. - Treibend für die Gründung von Palantir war entsprechend der zitierten Rezession u.a., strukturierte Ordnung zu schaffen, in einer Welt, in der einem die Flut an Daten aus den Händen gleitet und deren gefährdete Beherrschbarkeit sich bezüglich seiner Wirkung umkehren könnte. Äußere und innere Sicherheit eines Staates, einer Gesellschaft wird dabei als hohes schützenswertes Gut angesehen. Die Instrumente dafür in einer immer komplexer werdenden Welt zu schaffen ist das Ziel der Gründer, die im Fall von Thiel und Karp durchaus Unterschiede in ihren Weltanschauungen offenbaren.
- PayPal als ZDL war darauf angewiesen erfolgreiche Betrugsprävention zu betreiben und sich damit technologisch von Mitwettbewerbern abzugrenzen, was offensichtlich gelang - dieser technologische Ansatz wurde als technologische Kernphilosophie für Palantir übernommen. Datenanalyse im ergänzenden und lernenden Zusammenspiel von Mensch und Maschine - der Einsatz der Palantir-Betriebssysteme erfolgt zunächst in staatlichen, öffentlichen und großen Strukturen - das CAGR von Palantir wird durch die Autoren der von mir zitierten Rezession auf 20 für die kommenden Jahre eingeschätzt. Das impliziert mögliche Bewertungen im Bereich von 100 bis 300 Dollar in 20 Jahren, was einer MarketCup von 170 bis 500 Mrd Dollar entsprechen könnte
Warum sehe ich hier mögliche Parallelen zu Wirecard?
- zunächst unterstelle ich Gründern oder langjährigen Entwicklern, Nerds, eventuellen Autisten, generell visionäres Handeln, welches sich an der erfolgreichen Entwicklung einer Idee orientiert. ? hat man den Rahmen zur Entwicklung und Verwirklichung einer Idee durch Glück, Fleiß oder Genialität erhalten und schaffen können, wäre es töricht eine solche Chance durch primitiven Betrug zum Zwecke der Steigerung persönlichen Konsums zu zerstören.
Unter diesem Aspekt sollte man sich die Protagonisten im Wirecardskandal anschauen und Wahrscheinlichkeiten ableiten. - Markus Braun wird in der Regel eher als Nerd und Autist beschrieben, weniger als Konsumprotzer - Marsalek wird als Nerd mit speziellen IT-Kenntissen beschrieben, als Organisationsgenie. Ein weiterer Aspekt seiner Persönlichkeit könnte eine politische, ideologische oder ordnungspolitische Komponente sein
Zitat aus einem Bericht von T-Online: Medienberichte legen nahe, dass Marsalek eine Art Doppelleben geführt hat. Neben seiner Vorstandstätigkeit, so heißt es unter anderem bei der "Süddeutschen Zeitung" und beim "Handelsblatt", die sich auf Bekannte und Chatprotokolle berufen, habe sich der Österreicher stark mit Fragen innerer und äußerer Sicherheit von Staaten und der Flüchtlingsmigration beschäftigt.
Diese v.g. Eigenschaften und Ausrichtungen lehnen sich eher an die üblichen, erfolgreichen Gründern und Unternehmensentwicklern zuzuschreibenden Persönlichkeitsmerkmale an und sind weniger bei exzessiv konsumierenden und kurzfristig denkenden Kleinkriminellen zu finden.
- Wirecard hat definitiv, vor allen Dingen in den Anfangsjahren hohe Margen im grauen Bereich, wie ZDL für Erwachsenenunterhaltung und ZDL für Gambling Geld verdient. In diesem Bereich ist besonderes Augenmerk auf den Aspekt der Betrugsprävention zu legen, weswegen die Technologie diesen Aspekt verstärkt berücksichtigt haben dürfte. Letztendlich war die Vorkasse / Garantie / Zwischenfinanzierung / Betrugsprävention bei ZDL für Händler ein Mehrwert, den Wirecard anbot und mit welchem man sich erfolgreich von Mitbewerbern abheben wollte. - Ich unterstelle somit die Möglichkeit, ohne es wirklich zu wissen, dass Wirecard innerhalb des Konzerns die Technologie zur Betrugsprävention weiterentwickelt haben könnte. Es würde Sinn ergeben. Also dann eben in der Lage war, virtuelle Kreditkarten auszustellen und große Datenmengen (die ja bei ZDL-Transaktionen anfallen, zu analysieren und zu strukturieren. Hier ergeben sich dann Mehrwerte oder gar neue imense Geschäftsfelder, wie sich im Fall Palantir zeigt
- Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Wirecard mit Organisationen, Behörden und Geheimdiensten im Bereich ZDL (virtuelle Kreditkarten) und darüber hinaus auch im Bereich Datenanalyse ? Strukturierung zusammengearbeitet hat oder dies vorhatte. Im Fall Palantir wurde ein technologischer Kern von PayPal im Rahmen einer neuen Firmenstruktur weiter entwickelt. Im Fall Wirecard könnte das ähnlich sein, nur eben bisher fliesend innerhalb der gleichen Unternehmensstruktur.
Der Bedarf für diese weiterführenden Dienste zur Datenanalyse ? Strukturierung ist riesig und zukünftig für den Erfolg und die Effizienz von Organisationen und großen Unternehmen unabdingbar.
Auch in einer sich globalisierenden Welt, in der Nationalgrenzen verblassen, werden die Notwendigkeiten zur Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit mit Sicherheit größer und umso anspruchsvoller, je mehr Daten dabei zu verarbeiten sind.
Palantir fängt gerade erst an die notwendigen Werkzeuge hierfür zu entwickeln, zu verfeinern und step by step auszurollen sowie dabei individuell anzupassen
Es wäre auf Grund meiner v.g. Aspekte durchaus anzunehmen, dass Wirecard hierfür technologische Kompetenz hatte oder hätte entwickeln können.
Markus Braun und Jan Marsalek dürften diese Ansprüche und Notwendigkeiten bewusst gewesen sein. Es gibt durchaus Anzeichen dafür, dass man sich mit dieser Materie beschäftigt hat. Nicht zuletzt sprechen die Kontakte zu Geheimdiensten (also Sicherheitsbehörden) und Regierungen / Behörden hierfür. Ebenso die mittlerweile verblassenden Meldungen zu den Unterstützungen, die Wirecard für staatliche Behörden in Indien leisten wollte und den Bemühungen am Anfang der Coronakrise technologisch Unterstützung bei der Strukturierung von Daten zu leisten.
Ich erachte es als durchaus wahrscheinlich, dass sich zumindest ein Teil der 6.200 MA von Wirecard nicht nur um das drehen der neuesten Pornos gekümmert hat sondern der eine oder andere sich auch mit den Aspekten und dem Potenzial der Digitalisierung befasst haben könnte.
Wenn nein, wer zum Teufel tut das dann in Deutschland? Warten wir darauf, dass Palantir die kommenden 10 Jahre den US-Markt befriedigt um dann anschließend die deutschen Faxgeräte und Aktenschränke zu ersetzen? Bis dahin schauen wir uns die Rücklichter Anderer an und erfreuen uns am Gutmenschtum?
Vielleicht ist die Zerschlagung Wirecard ja nichts weiter als der disruptive Wandel eines ZDL in ein Datenanalyseunternehmen?
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