Sharon droht Anklage wegen Kriegsverbrechen
Für Ariel Sharon, den gegenwärtigen Ministerpräsidenten Israels, wird es immer schwerer, sich als verhandlungsbereit und friedenswillig darzustellen.
Eine BBC-Sendung im britischen Fernsehen beleuchtete jetzt seine Rolle bei den Massakern 1982 im Libanon.
Am Abend des 17. Juni 2001 wurde Sharon schmerzhaft daran erinnert, warum er den Beinamen »Schlächter des Libanon« trägt.
Der britische Fernsehsender BBC strahlte an diesem Abend im Rahmen der bekannten Magazinsendung »Panorama« eine Dokumentation mit dem Titel »Der Angeklagte« aus, in der ausführlich die zentrale Rolle Sharons bei den Massakern in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Chatila während des israelisch-libanesischen Krieges 1982 dargestellt wurde.
Die Sendung zeigte auf, daß Sharon alle Voraussetzungen erfülle, vor einem internationalen Gerichtshof als Kriegsverbrecher angeklagt zu werden.
Am folgenden Tag reichten 23 palästinensische Überlebende der Massaker bzw. Angehörige von Opfern bei einem belgischen Gericht Klage gegen Sharon wegen Kriegsverbrechen ein.
Beide Ereignisse werfen nicht nur ein Schlaglicht auf die Vergangenheit Sharons, sondern zeigen auch die internationale Empörung - außer in der Bundesrepublik Deutschland - gegen die Politik der Regierung Sharon.
Man ist überzeugt, daß im Nahen Osten über kurz oder lang ein verheerender Krieg mit katastrophalen Folgen für die Welt ausbrechen könne, wenn Sharon nicht aufgehalten wird.
Der britische Fernsehbericht und die Ermittlungen der belgischen Justiz werden Sharon zwar nicht unmittelbar Einhalt gebieten, aber Sharons Propaganda, seine angeblich friedensbereite Regierung verteidige sich nur gegen den »Terroristen und Mörder« Arafat, wird für die internationale Öffentlichkeit unglaubwürdig.
In der BBC-Sendung wurden die blutigen Ereignisse von 1982 so geschildert:
»Im Juni 1982 überschritt die israelische Armee eine internationale Grenze und marschierte in den Libanon ein. Die Israelis behaupteten, sie wollten ihre Grenze vor palästinensischen Guerilla-Angriffen schützen, und die Armee Ariel Sharons belagerte bald die Hauptstadt Beirut mit ihren Palästinenserlagern.«
Damals umstellten israelische Panzereinheiten die Lager und Sharon erlaubte seinen Verbündeten, den sog. christlichen Milizen, in diese Lager einzudringen. Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen dabei 1.500 Menschen ums Leben. Das Internationale Rote Kreuz (IRK) zählte später sogar 2.750 Opfer, bei denen es sich um Zivilisten - alte Männer, Frauen und Kinder - handelte. Die meisten wurden nicht erschossen, sondern grausam zu Tode gequält.
Zu Sharons Verantwortung für dieses Massaker erklärte Richard Goldstone, der frühere Chefankläger des Kriegsverbrechertribunals der Vereinten Nationen, die genaue Definition der Kriegsverbrechen, deren Sharon sich schuldig gemacht habe:
»Ein Militärkommandeur und ein politischer Führer, der Befehlsgewalt hat, ist entsprechend dem Kriegsrecht sowie der Genfer Konvention verpflichtet, sicherzustellen, daß unschuldige Zivilisten nicht getötet, vergewaltigt oder auf irgendeine andere Weise verletzt werden. Die Befehlsverantwortung reicht sehr weit. Sie erfordert offensichtliches Wissen um die Gefährdung unschuldiger Zivilisten. Wenn dieses Wissen gegeben ist, besteht die Verpflichtung, sinnvolle Maßnahmen zu deren Schutz zu ergreifen.«
Der Völkerrechtler Richard Falk aus Princeton, Mitglied der UNO-Kommission, die das Massaker untersuchte, faßte zusammen:
»Für mich ist es keine Frage, daß Sharon wegen seines Wissens, das er hatte oder hätte haben müssen, zur Rechenschaft gezogen werden muß.«
Gruß Dr. Broemme
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