Ringen um die Macht bei Tele Columbus
Von Michael Hedtstück
Großaktionär United Internet will den kompletten Aufsichtsrat von Tele Columbus austauschen. Die Berliner reagieren pikiert. Was steckt hinter diesem Zusammenstoß?
Tele Columbus liegt mit seinem Großaktionär im Clinch: United Internet, mit nahezu 30 Prozent größter Anteilseigner von Tele Columbus, will seinen Zugriff auf den angeschlagenen Kabelnetzbetreiber verstärken. Der Telekomkonzern hat für alle Sitze des auf sechs Plätze schrumpfenden Aufsichtsrats von Tele Columbus eigene Kandidaten nominiert – nicht abgestimmt mit dem Berliner Unternehmen.
Nur eine Kandidatin der United-Internet-Liste sitzt derzeit bereits im Aufsichtsrat von Tele Columbus: die Ex-EnBW-Managerin Susanne Hennersdorf. Zwei der sechs Kandidaten – Claus Beck und Hüseyin Dogan – sind Manager des United-Internet-Konzerns. Hinzu kommt mit Michael Scheeren noch ein früherer Finanzchef des Konzerns. Vervollständigt wird das Sextett von dem BCG-Berater Stefan Rasch und Ex-Arcor-CFO Volker Ruloff, den United erst im Herbst aus dem Tele-Columbus-Gremium abgezogen hatte.
Seit dem freiwilligen Rückzug von United-CFO Frank Krause und dem nun wieder zur Wahl stehenden Ruloff sitzen seit Herbst keine United-Internet-Vertreter mehr im Aufsichtsrat von Tele Colubus. Das amtierende Tele-Columbus-Gremium hat sechs andere Kandidaten für die Posten nominiert. Gewählt wird in knapp drei Wochen bei der Hauptversammlung am 21. Juni.
United will kompletten „Neuanfang“
Ein solches Manöver, den kompletten Aufsichtsrat einer Minderheitsbeteiligung neu besetzen zu wollen, ist ungewöhnlich. United Internet begründet den Schritt mit dem dramatischen Wertverfall der Beteiligung und der prekären Bilanzsituation bei Tele Columbus: „Nachdem im vergangenen Jahr nahezu das gesamte Management-Team von Tele Columbus erneuert wurde, hält United Internet auch im Aufsichtsrat einen Neuanfang für dringend erforderlich.“
Ebenfalls ungewöhnlich ist, dass United Internet in seiner offiziellen Mitteilung auf die Entwicklung des Leverages von Tele Columbus hinweist. Nach einem schwachen ersten Quartal liegt dieser nach Angaben des Großaktionärs inzwischen bei 6,24x Ebitda. Stimmen Marktberichte zu den Details der Kreditauflagen, dürfte sich Tele Columbus damit am Rande eines Covenant-Bruchs bewegen.
Eine Kapitalerhöhung, die diese heikle Situation entspannen könnte, ist allerdings nicht in Sicht. Nachdem die Aktionäre vor zwei Jahren die Schaffung eines genehmigten Kapitals abgelehnt hatten, verfügt Tele Columbus derzeit über keine Genehmigung der Aktionäre für eine Kapitalerhöhung – und das dürfte so bleiben: In der aktuellen Version der Beschlussvorlage für die Hauptversammlung in drei Wochen ist kein solcher Antrag enthalten.
Tele Columbus lässt Kritik unbeantwortet
Der Aufsichtsrat von Tele Columbus reagiert pikiert auf den Vorstoß des Großaktionärs: „Wir halten an unseren Kandidaten fest“, entgegnete das Management am Freitag nach Börsenschluss in einem Antwortschreiben. Dabei handelt es sich um drei bestehende und drei potentiell neue Aufsichtsräte. „Wir plädieren nachdrücklich für eine unabhängige Besetzung des Kontrollgremiums, um allen Aktionären gerecht zu werden.“
Das Vorgehen des Großaktionärs versehen die bestehenden Aufsichtsräte mit Kritik: „Zeitpunkt und Form“ der Initiative kämen „überraschend“. Bis zu dem Vorstoß habe United Internet noch gar keine personellen Vorschläge unterbreitet. Auf die Kritik des Großaktionärs an der operativen Perfomance und der Bilanzsituation des Unternehmens ging der Aufsichtsrat nicht ein. Auch eine diesbezügliche Anfrage von FINANCE ließ Tele Columbus unbeantwortet.
„Wir begrüßen das Interesse von United Internet. Zeitpunkt und Form sind jedoch überraschend.“ Statement des Aufsichtsrats von Tele Columbus Union Investment zieht mit
Unklar ist, welche der beiden Seiten bei dem Kräftemessen die besseren Karten hat. Bei den meisten börsennotierten Unternehmen genügen den Investoren Anteile von 30 Prozent, um die Hauptversammlung zu dominieren. Meist liegen die Präsenzquoten auf den Aktionärstreffen zwischen 40 und 50 Prozent der Anteile, die Mehrheit der anwesenden Stimmen reicht bei Abstimmungen aus. Bei Tele Columbus waren in den vergangenen beiden Jahren allerdings jeweils über 70 Prozent des Kapitals vor Ort.
Dies liegt an der Aktionärsstruktur: Die Berliner haben eine Reihe großer institutioneller Investoren im Aktionariat, darunter die Fondsgesellschaften Threadneedle, Union Investment und Blackrock sowie die Finanzinvestoren Cross Ocean und Capital Group. Diese fünf Aktionäre kommen gemeinsam auf einen ähnlich hohen Aktienbesitz wie United Internet.
Allerdings hat mit Union Investment schon ein erster weiterer Aktionär Sympathien für den Vorstoß von United Internet erkennen lassen: „Wir sind auch für einen Wechsel im Aufsichtsrat“, zitiert das „Handelsblatt“ einen Vertreter der Fondsgesellschaft. Viele Übernahmen seien nicht richtig integriert worden, und die Zahlen seien enttäuschend. „Wir werden die von United Internet vorgeschlagenen Kandidaten genau prüfen.“
Was United Internet bei Tele Columbus will
Eine mögliche Ursache für den Vorstoß aus Montabaur könnten die jüngsten Überlegungen des Tele-Columbus-Managements sein, einen Investor an der Netzinfrastruktur zu beteiligen. Ein solcher Deal könnte stille Reserven aufdecken und dringend benötigte Gelder in die Kasse spülen, mit denen der hohe Schuldenstand gesenkt werden könnte.
Allerdings sind die Netze – und nicht das operative Geschäft – auch jener Teil von Tele Columbus, der einst das strategische Interesse von United Internet geweckt hat. Die von Ralph Dommermuth geführte Firma braucht eine starke, bundesweite Netzbasis, um ihren Kunden zu wettbewerbsfähigen Preisen Netzzugänge verkaufen zu können. Aus diesem Grund stieg United Anfang 2016 bei Tele Columbus ein – zu Kursen um 9 Euro. Das war rückblickend kein guter Deal: Aktuell notiert die Tele-Columbus-Aktie bei 1,35 Euro.
michael.hedtstueck[at]finance-magazin.de
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