20.06.2007 18:36 "Konsolidierung hat sich beschleunigt" Kein Ende des Solar-Booms sieht Photovoltaik-Experte Hubertus Stephan von Ernst&Young M&A Advisory. Vor allem im Ausland rechnet er mit hohen Zuwachsraten. Die deutschen Solarfirmen müssten deshalb, so Stephan, verstärkt neue Märkte erschließen und die Konsolidierung weiter vorantreiben. Bild zum Artikel
boerse.ARD.de: Die deutsche Solar-Technik wächst rasant. Wie lange dauert der Solar-Boom noch?
Stephan: Unserer Meinung nach wird das dynamische Wachstum anhalten. Um daran teilzuhaben, müssen die deutschen Firmen jedoch verstärkt ausländische Märkte erschließen. Denn diese werden weiter an Bedeutung gewinnen.
boerse.ARD.de: Die deutsche Solarbranche steht und fällt mit dem EEG. Für Herbst ist eine Novelle geplant, in der voraussichtlich die Einspeisevergütung herabgesetzt wird. Wie groß ist das politische Risiko für die deutschen Solarfirmen?
Stephan: An der politischen Diskussion werden wir uns nicht beteiligen. Die Situation ist aber nicht neu. Schon 2004 gab es Befürchtungen zur Neuausrichtung des EEG. Am Ende konnte sich die Solarbranche mit dem Photovoltaik-Vorschaltgesetz gut behaupten. Mehr zum Top-Thema
boerse.ARD.de: Im vergangenen Jahr klagten die Firmen über die Silizium-Knappheit. Wird sich die Lage 2008 erholen?
Stephan: Die aktuellen Kapazitätserweiterungen der Silizium-Hersteller sprechen dafür. Der Silizium-Ausbau ist in vollem Gange. Viele Solarunternehmen haben Joint-Ventures mit Silizium-Firmen gebildet oder Silizium-Hersteller gekauft. 2008 und 2009 rechne ich mit einer Entspannung.
boerse.ARD.de: Ernst & Young hat zuletzt eine Internationalisierung der Branche prophezeit. Sind die deutschen Firmen gerüstet?
Stephan: Die Internationalisierungsstrategien der Marktteilnehmer sind unterschiedlich. Sie reichen von Joint-Ventures bis hin zu Akquisitionen. Hier sind deutsche Solar-Firmen sehr aktiv. Seit 2001 haben deutsche Solarunternehmen zehn Mal mehr ausländische Wettbewerber gekauft als umgekehrt. Das ist ein deutliches Indiz für die Internationalisierung.
boerse.ARD.de: Wo findet die Konsolidierungswelle statt?
Stephan: Es gibt in Deutschland eine Vielzahl mittelständischer Solarfirmen, vor allem im Bereich der System-Dienstleister. Dort beobachten wir einen Konsolidierungstrend. Neben der Konsolidierung werden Unternehmen in vorgelagerten Wertschöpfungsstufen erworben. Ein Großteil dieser Erwerbe dient der Sicherung der Rohstoffversorgung.
boerse.ARD.de: Die börsennotierten deutschen Solarfirmen scheinen jedoch noch kaum von der Konsolidierung erfasst worden zu sein...
Stephan: Die deutschen Solarfirmen verfügen über attraktive Börsenbewertungen, daher sind bisher keine Konsolidierungstrends erkennbar. Nur aus Sicht potenzieller Investoren unterbewertete Unternehmen gelten als attraktive Übernahmekandidaten.
boerse.ARD.de: Unter den deutschen Solar-Konzernen hat Solarworld 2006 mit der Übernahme der kristallinen Solar-Aktivitäten von Shell für den größten Coup gesorgt. Hätte Solarworld nicht besser auf Dünnschichtzellen setzen sollen, um die Abhängigkeit vom Silizium zu verringern?
Stephan: Für Solarworld war die Übernahme mit einem Marktanteilseffekt verbunden. Durch den Erwerb der Shell-Aktivitäten konnte Solarworld seine Marktposition in den USA ausbauen.
boerse.ARD.de: Werden Dünnschicht-Solarzellen herkömmliche Zellen mit (mono)kristallinem Silizium zunehmend ersetzen?
Stephan: Nein, sie werden sie eher ergänzen als verdrängen. Mit der Dünnschicht-Technologie kann die Branche neue Anwendungen erschließen und die Produktpalette verbreitern.
boerse.ARD.de: Wo sehen Sie im Ausland das größte Wachstumspotenzial? In Südeuropa? Oder eher in Asien?
Stephan: Große Potentiale liegen in Südeuropa. Das sieht man auch bei den Transaktionen der deutschen Solarunternehmen. Der Schwerpunkt liegt in Südeuropa. Die Auswahl der Zielregionen orientiert sich auch an der Regulierung in den einzelnen Ländern. Das EEG hat sich für viele Länder als "Blue Print" entwickelt, vor allem in Spanien besteht ein dem EEG vergleichbarer Regulierungsrahmen. Dort wird kräftig investiert, jüngst auch im Bereich Solarthermie.
Das Interview führte Notker Blechner.
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