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Vivacon: "Es wird eine Wohnungsfonds-Ära geben" Die Vivacon AG, die sich bereits als Spezialist für Erbbaurecht in Deutschland einen Namen gemacht hat, machte zuletzt mit der wiederholten Ausgabe von Gratisaktien und dem ersten eigenen Wohnungsprivatisierungsfonds auf sich aufmerksam. Wir sprachen mit Vorstandchef Marc Leffin.
Instock: Sie geben sogenannte Gratisaktien an die Aktionäre aus. Wieso wählen Sie diesen Weg der Gewinnausschüttung? Leffin: Wir haben ja die Möglichkeit, Dividenden auszuzahlen oder Gratisaktien auszugeben. Bereits in den vergangenen Jahren hatten wir uns dafür entschieden, Gratisaktien auszugeben. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Vivacon-Aktionäre haben diese Aktien zumeist länger, häufig auch mehr als ein Jahr gehalten. Sie konnten somit steuerfreie Gewinne erzielen. Dividenden wären im Gegensatz dazu direkt zu versteuern.
Instock: Eine Haltefrist für die Gratisaktien gibt es doch nicht... Leffin: Nein, selbstverständlich nicht. Theoretisch kann der Aktionär die Gratisaktien sofort verkaufen. Dann müsste er den Gewinn auch korrekterweise versteuern. Allerdings haben wir überwiegend langfristig orientierte Investoren in der Aktie. Gerade die haben sich in der Vergangenheit sehr positiv über die Ausgabe von Gratisaktien geäußert. Dazu kommt, dass sich unsere Gesellschaft sehr stark im Wachstum befindet. Das erfordert immer wieder Investitionen in neue lukrative Geschäfte. Von daher macht es wenig Sinn, eine Dividende auszuschütten, zumal wir eine sehr hohe Eigenkapital-Rendite ausweisen können.
Instock: Auch Aktien gelten als gute Akquisitionswährung. Leffin: Das könnten wir theoretisch auch. Doch ist das nicht zu vergleichen mit Gratisaktien. Hierfür wird ja dass genehmigte Kapital herangezogen. Damit sind wir so gut ausgestattet, dass wir damit nahezu jeder Akquisition realisieren können. Wir verzichten hier auf nichts.
Instock: Volle Kassen wecken Begehrlichkeiten. Gibt es Avancen, Vivacon übernehmen zu wollen? Leffin: Nein, solche Avancen gibt es nicht. Ein Aufkauf der Gesellschaft ginge auch nicht ohne die Zustimmung des Management. Das wiederum hat einen ganz klaren Weg vor sich und möchte sich nicht aufkaufen lassen. Insofern ist das bei uns kein Thema.
Instock: Sie sprechen von einem sehr interessanten Markt. Andererseits ist der Wohnungsbestand höher als der Bedarf an Wohnraum. Wie vertragen sich beide Aussagen miteinander? Leffin: Wir haben in Deutschland den größten und lukrativsten Immobilienbestand Europas. Es gibt auch kein anderes europäisches Land, in dem die Immobilienpreise seit den neunziger Jahren stagnieren. Das liegt aus unserer Sicht vor allem an der Wiedervereinigung. Diese Sondereffekt ist jetzt weitestgehend verdaut und so werden auch hier die Immobilienmärkte langsam aber sicher in Schwung kommen. Somit ist der Markt angesichts sehr günstiger Preise sehr attraktiv. Derzeit kann man in Deutschland Wohnanlagen zur zwölffachen Jahresmiete einkaufen. Das ist eine Nettoverzinsung von 8 Prozent. Dazu kommt, dass sich die Zinsen auf absolut niedrigstem historischen Niveau bewegen. Das führt wiederum dazu, dass man Wohnanlagen zu 80 bis 90 Prozent fremdfinanzieren kann. Das sind alles Fakten, die den Markt sehr interessant machen. Nicht zu vernachlässigen ist dabei, dass in Deutschland rund 3,4 Millionen Wohnungen zur Privatisierung anstehen. Das bedeutet bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern ein Marktpotential von 150 Milliarden Euro. Das ist für uns höchst interessant, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bürger zur Altersabsicherung privat vorsorgen müssen. Dabei steht die Immobilie ganz weit vorn.
Instock: Ihren Optimismus in allen Ehren, doch nach den allermeisten Studien hält in den nächsten Monaten trotz niedriger Kreditzinsen die Kaufzurückhaltung der Deutschen weiter an. Dazu kommt der Ruf nach mehr Mobilität und die Angst vor Hartz IV und weiteren sozialen Einschnitten. Wer soll da Wohnungen kaufen? Leffin: Das stimmt alles. Wir haben auch immer mehr alte Menschen und die Einwohnerzahl ist rückläufig. Das wird zumindest alles so publiziert. Fakt ist aber, dass wir zumindest tendenziell seit Jahren einen steigenden Quadratmeterverbrauch pro Einwohner haben. Fakt ist ebenfalls, dass wir immer mehr Haushalte in Deutschland haben. Diese steigende Quadratmeterzahl je Wohnung überkompensiert die demografische Entwicklung in Deutschland. Die Menschen ziehen früher zu Hause aus, es gibt immer mehr Single-Haushalte und gerade alte Leute wohnen immer häufiger in sehr großen Wohnungen. Auch diese Tatsachen tragen dazu bei, dass die eingangs gesagten Dinge überkompensiert werden können. Der zweite Punkt ist, das es immer mehr ärmere Leute gibt. Doch genau dies ist der Grund, warum wir auf sozialfreundliche Wohnungsprivatisierung setzen. Wir verkaufen keine Wohnungen für 2.500 oder 3.500 Euro je Quadratmeter in der Kölner Innenstadt. Unser Hauptgeschäft machen wir mit der Privatisierung von Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis um die 1.000 Euro pro Quadratmeter. Unsere Erfahrung ist, dass gerade die unteren und mittleren Einkommsenklassen ein größeres Bedürfnis nach Alterabsicherung und der eigenen Immobilie haben als Topmanager.
Instock: Sie bieten Investoren über den von Ihnen aufgelegten Wohnungsprivatisierungsfonds eine Beteiligung an Ihrem Geschäftsmodell an. Wie reagieren private Anleger darauf? Leffin: Wir haben von Bankenseite und von den großen Vertriebsgesellschaften große Nachfrage. Wir werden deshalb weitere Fonds auflegen. In den vergangenen Jahren hat man in Schiffs-, Medien- und Auslandsfonds investiert, jetzt wird das Geld in Wohnungen fließen.
Instock: Warum sollten sich die Anleger umorientieren? Leffin: Die werden allmählich wach, weil immer mehr ausländische Investoren Wohnungsbestände in Deutschland kaufen. Deshalb steigt das Interesse an Immobilien und an Wohnungsfonds. Ich bin mir sicher, dass wir viele neue Wohnungsfonds in den nächsten fünf Jahren sehen werden. Es wird eine richtige Wohnungsfonds-Ära geben, wie wir es vielleicht vor zehn Jahren im Gewerbe-Immobilien-Bereich hatten.
Instock: Da ist Vivacon einer der Vorreiter? Leffin: Da sehen wir uns als einer der Vorreiter und sind dafür gut positioniert. Die großen Vertriebshäuser suchen einen Partner, der schon Erfahrungen mit Wohnungen hat. Die haben an dieser Stelle kein Interesse an jemanden, der vor einem Jahr noch Shopping-Center gebaut hat oder in Holland aktiv war.
Instock: Wie reagieren die privaten Investoren auf den Wohnungsfonds? Leffin: Die Banken und Vertriebsgesellschaften verkaufen den Fonds ja an ihre Privatkunden.
Instock: Wo sehen Sie Vivacon in einigen Jahren? Leffin: Wie gehen davon aus, das Vivacon ganz klar bei den großen Wohnungstransaktionen zu den Gewinnern zählen wird. Wenn große Wohnungsbestände von 80.000 bis 100.000 Einheiten verkauft werden, so wird man davon viele wieder auf dem Markt finden, die vermarktet und privatisiert werden müssen. Da sehen wir uns ganz klar als Gewinner. Wir sind der Auffassung, dass der Wohnungsmarkt zehn Jahre auf sich warten ließ. Jetzt kommt da richtig Bewegung rein. Das geht allerdings nicht in ein bis zwei Monaten, sondern auf Sicht von ein bis zwei Jahren.
[05.07.2005 11:43:19]
Mit Gruß vom Dampfer
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