Die Charttrader haben es wieder einmal geschafft...
SMA38 und SMA50 bei 5,78 EUR lagen wochenlang nahezu bewegungslos und von oben drückte die fallende SMA100 wie eine Bärenpranke auf den Kurs. In einem Umfeld ohne Unternehmensnachrichten ist der Kurs einmal mehr Spielball der Charttrader.
Für Charttrader muss es grausam sein, den Kurs irgendwo im Niemandsland zwischen SMA100 und SMA38 / SMA 50 liegen zu sehen. Mit Erreichen und Bruch der kurzfristigen Durchschnittslinien herrscht in ihrem Leben endlich wieder Ordnung. Nun liegen wieder sämtliche gleitenden Durchschnittslinien über dem Kurs und die Daytrader-Meute hat mit den Jahrestiefs bei 5,20 EUR endlich wieder ein gemeinsames Ziel für die ganze Lemmingherde.
Für Kurzfristzocker ist nichts wichtiger als eine gemeinsame Message für die Lemmingherde. Wenn das Chartbild keine klare Richtung ansagt, herrscht Chaos in der Lemmingherde...
Bekennenden Langfristanlegern wie mir ist es in den letzten Wochen einmal mehr nicht gelungen, die starken Fundamentaldaten des Unternehmens in einen stetigen Aufwärtsimpuls umzusetzen. Das jämmerlich schwache Handelsvolumen zeigt das Ausmaß der Verunsicherung.
Kaum jemand scheint noch in der Lage zu sein, die großen Linien in der Entwicklung einen Unternehmens zu sehen und Gamechanger wie den Halbjahresbericht in eine mehr als nur wenige Handelstage tragende Investmentstory umzusetzen. Der Großteil der Marktteilnehmer verhalten sich wie heroinabhängige Junkies. Sie brauchen täglich neuen Stoff, um dabeizubleiben. Sobald sich irgendwo anders eine Story auftut, sind sie weg. Zurück bleibt ein desaströser Chart, der es auch hartgesottenen Marktteilnehmern extrem erschwert, sich nicht ebenfalls den Verlockungen der Zockerbörse hinzugeben und langfristige Aktieninvestments endgültig aufzugeben.
Wen interessiert es schon, dass ProSiebens NEW Campus in Unterföhring nach jahrelanger Bauzeit im Winter 2024/2025 endlich fertiggestellt sein wird und wir 2025 einen kernsanierten Medienkonzern mit state-of-the-art Produktions- und Arbeitsbedingungen haben werden?
Für Daytrader, denen es körperliche Schmerzen bereitet, eine Aktie über das Tagesende hinaus oder gar ein Wochenende im Depot zu halten, sind Aussichten auf eine in wenigen Wochen / Monaten erwartete Fertigstellung des New Campus überhaupt nichts wert, es sei denn das Unternehmen lanciert just heute eine derartige Erfolgsmeldung , auf die man einen schnellen Zock aufbauen kann...
Bei Langfristinvestoren indes sollten betriebswirtschaftlich mittel- und langfristig hochrelevante Aussichten sehr starken Anklang finden. Die Kaufzurückhaltung vor den Q3-Zahlen vermittelt allerdings den Eindruck, dass auch Longies sich immer mehr an Charttechnik orientieren und ihre Investments vor allem darauf fokussieren, den bestmöglichen Einstiegszeitpunkt zu finden, weil man bei deutschen Mittelstandsaktien seit 2018 immer wieder die Erfahrung machte, dass man im Grunde nur noch mit Rangetrading deutlich positive Anlagerenditen einfahren kann. Langfristig positive Kursentwicklung Fehlanzeige.
Mittelstandsaktien als Abbild des Niedergangs deutschen Wohlstands...
Im Gegensatz zu vielen Skeptikern, die der deutschen Wirtschaft generell das Totenglöckchen läuten wollen, denke ich, dass die seit 2018 fortwährend anhaltende Underperformance von SDAX und MDAX in 2025ff. zu Ende gehen und einem neuen Investitionszyklus weichen wird.
Ich stelle fest, dass im TV plötzlich wieder deutlich mehr Hochglanz-Werbung der Autokonzerne zu sehen ist. Für die Werbeerlöse von Pro7 und Co. macht es einen relevanten Unterschied, ob teure Auto-Werbespots beauftragt werden oder nur Billigspots für Diätpillen o.ä.
Wenn die Autoindustrie ihr eklatantes E-Auto-Nachfrageproblem vor dem Hintergrund drastisch verschärfter Flottengrenzwerte in 2025 lösen will, wird sie Milliarden in zusätzliche Werbung investieren müssen. Die Werbeerlöse bei Pro7 und Co. dürften davon profitieren.
Die Analysten werden bei Veröffentlichung der Q3-Zahlen am 14.11. vermutlich einmal mehr verdutzt feststellen, dass Pro7 die Guidance tatsächlich einzuhalten bzw. überzuerfüllen gedenkt und für 2025 eine weitere signifikante Gewinnsteigerung anvisiert.
Das sture Denken in Quartalsergebnissen wird zunehmend zum Problem, wenn dabei der Blick auf den langfristigen Entwicklungstrend des analysierten Unternehmens verloren geht. Der Pro7-Vorstand macht gerade sehr viel richtig, dessen mittel- und langfristige Auswirkungen man nicht an einem einzelnen Q-Bericht ablesen kann...
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