EXKLUSIV: "22" DAS INTERVIEW
Redaktion: Ich begrüße Sie recht herzlich und freue mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um mir heute Rede und Antwort zu stehen.
22: Ich bedanke mich ebenso bei Ihnen, dass es mir ermöglicht wird, hier auf Ihrer Plattform zu Worte zu kommen und ich möchte mich bereits jetzt schon einmal bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern für Ihre lobbyistischen Unternehmungen im Namen der 22 bedanken.
Redaktion: Vielen Dank. Nun wollen wir uns nach gegenseitigen, sicher ernstgemeinten, Respektbekundungen dem klassischen Antwortspiel widmen. Meine erste, Ihnen sicherlich schon zuhauf gestellte Frage: Wie kommt es eigentlich zu einem solchen Künstlernamen, 22?
22: Nun ja, meine Eltern fristeten ihr Dasein damals als Ziffern. Es war eine schwere Zeit, da war nicht viel Zeit für poetische Überlegungen; man musste sehen, wie man als Ziffer in eine Rechnung kam, mit viel Glück auch mal in eine Berechnung. So nannten mich meine Eltern einfach Zahl. Ein martialischer Name, unter dem ich nicht selten zu leiden hatte. Oft habe ich geträumt, schöne poetische Namen wie z. B. meine Mitschülerin Pi tragen zu dürfen. Ich lernte es, mit meinem Namen umzugehen.
Redaktion: Wenn ich kurz einhaken darf, wie aber kamen Sie zum Namen 22?
22: Meine erste Veröffentlichung "Die Modifizierung der 2 im Proporzkontext der Verdopplung - ein Zahlenschicksal" veranlasse mich, mir einen Künstlernamen zu geben - die 22.
Redaktion: Nun gab es viele Versuche, Sie zu imitieren; jedem sicherlich noch in Erinnerung das Auftreten der 222 oder auch der 33. Kratzt so etwas nicht am Selbstwertgefühl?
22: Nein, im Gegenteil. Ich betrachte es als eine Art der Ehrung, denn was veranlasste diese Zahlen zu ihrem Schritt? Es war das Ansinnen an meinen Erfolgen zu partizipiere, wenn auch nur äußerlich. Ich sehe dies nicht unter dem Aspekt der Konkurrenz. Hierzu ist mein bisheriges Schaffen einfach zu selbstständig und substanziell - zumindest im Vergleich mit den Trittbrettfahrern.
Redaktion: Aber einem poetischen Namen wie Pi oder ähnlichem trauern Sie doch möglicherweise zeitweise noch nach?
22: Ach nein. Wissen Sie, meine damalige Klassenkameradin Pi ist, wie es der Name bereits vermuten ließ, im musischen Bereich tätig. So tanzt sie auf vielen Hochzeiten, ob es Tafelwerke, Regelwerke oder Konstantenübersichten sind. Dies bringt eine beträchtliche Inanspruchnahme mit sich. Die Liste von Formeln, in denen sie erscheint, ist beachtlich. Insofern bin ich über eine gewisse bescheidene Eigenständigkeit recht froh, auch wenn sie nicht so viele Facetten aufweisen kann.
Redaktion: Sie sprechen es bereits selbst an. Das Thema der Eigenständigkeit. Oft sehen Sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, in mathematischen Kreisen überbewertet zu werden, betrachtet man Ihren Namen differenziert (also die Differenz von 2 und 2, Anm. d. V.). Sie werden in der Art gern auf Null reduziert.
22: Nur ein intellektuelles Zahlenspiel, ähnlich dem, dass sich genau diese Autoren durch das Bildern von Quersummen ihres eigenen Namens versuchen aufzubauschen und oft in höheren Regionen nicht mitbekommen, dass dieses affektierte Gebaren zu einem Wertverlust führt. Da führe ich immer gern das Zitat einer Freundin, der Tangente an: "Das tangiert mich nicht."
Redaktion: Noch einmal zu Ihrer Vergangenheit. Viele Zahlen mussten während der Entwicklungsepoche der Relativitätstheorie in den Untergrund gehen. Sie sahen dazu keinerlei Veranlassung?
22: Nein. Mein Ansinnen ist nun nicht gerade pazifistisch zu nennen, aber in jedem Fall als friedlich zu klassifizieren. (siehe auch www.zweiundzwanzig.net/main Anm. d. V.) somit bestand für mich dahingehend keinerlei Veranlassung. Der Gang in den Untergrund hat sich ja auch bekannter Maßen als eine Fehlentscheidung erwiesen. Zum Beispiel die 23 und die 666 arbeiten heute noch undercover. Insofern bin ich froh, mich damals so und nicht anders entschieden zu haben.
Redaktion: Da schließt sich für mich die Frage an, wie es zu erklären ist, dass ihre Veröffentlichungen in der Regel eine, ja so möchte ich es nennen, geradezu außergewöhnliche Ausgewogenheit aufweisen.
22: Das ist schnell zu beantworten. Nehmen Sie die Justitia daher, legen links eine 2 und rechts eine 2 in ihre Waagschalen. Das Ergebnis ist doch nachvollziehbar. Natürlich kann man das auch mit jeder Kartoffelwaage aus den Zwanziger Jahren praktizieren.
Redaktion: Anlass unseres Treffens ist nunmehr auch ihr neues Werk, das Anfang nächster Woche erscheinen wird. "22 oder Zweiundzwanzig - eine selbstreflektorische Standortbestimmung". Der Titel lässt zunächst vermuten, dass sie sich summarisch mit ihrem bisherigen Leben auseinandersetzen möchten. Liest man jedoch zwischen den Zeilen, kann man erkennen, dass Ihr Hauptaugenmerk auf den ästhetischen Gesichtspunkten und deren augenscheinlichen Widersprüchlichkeiten liegt.
22: Ja. Mit diesem kurzen verbalen Abriss treffen Sie sicherlich die originäre Intention der Arbeit, die hoffentlich von vielen meiner Leser ebenso wahrgenommen wird. Sollte Numerisches in algebraischem Pflichtbewusstsein auf numerische Darstellung bestehen oder ergeben sich auch Freiräume, die es ermöglichen, typografischen Alternativen ein paritätisches Dasein zu ermöglichen.
Redaktion: Wieder mal eine für Sie so typisch ausgewogenen Umschreibung. Verraten Sie uns schon das Ergebnis Ihrer Untersuchungen?
22: Nein. Da soll sich jeder Leser ein eigenes Meinungsbild entwerfen. Ich wollte bei dieser essentiellen Überlegung lediglich Anreize für eigene Überlegungen setzen.
Redaktion: Ich schlage nun einen weiten Bogen. Gibt es eigentlich eine Entscheidung in dem von Ihnen angestrengten Prozess, sich nicht weiter der verleumderischen Losung "2 und 2 ist vier - merk es dir!" ausgesetzt sehen zu müssen?
22: Nein. Leider nicht. Es spricht aber Bände, wenn augenscheinliche Unsinnigkeiten, wie eine solch groteske Parole, die der Wahrheit geradezu diametral gegenübersteht, überhaupt Fuß fassen kann. 2 und 2 ist 22! Und so bedauere ich es sehr, diesen Prozess führen zu müssen. Aber das Recht ist ja auf meiner Seite: ----------- Zwei Wahrheiten können sich nie widersprechen. Galileo Galilei
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