Woher hast Du, dass Soldevco übernommen wurde ? Auch die mehrfach von Dir angeführten Schweizer Investoren haben doch für 2011 zumindest bisher nur Prüfung angekündigt. Nachfolgend mal ein Artikel, der die Systaic Insolvenz meiner Meinung nach recht gut beschreibt. Ausgabe 14 | März 2011
Die undurchsichtige Insolvenz von Systaic
Von Markus Dentz
Die Solarindustrie brachte in den letzten Jahren mit die größten Wachstumsgeschichten der deutschen Industrie hervor. Auf dem Weg vom Mittelständler zum Konzern sind häufig Schmerzen aufgetreten, die zu schnell gewachsene Firmen immer wieder in existentielle Nöte geführt haben. Häufig ist es so, dass das Finanzmanagement – Controlling, Treasury und Rechnungswesen – bei vielen nicht Schritt mit dem Umsatzwachstum gehalten hat.
Zu den Hiobsbotschaften der letzten Wochen zählte die Insolvenz Systaic AG, ein im Prime Standard notierter Solarspezialist. Die Düsseldorfer hatten sich ursprünglich auf integrierte Solardächer spezialisiert. Doch da dieses Geschäft nie in Schwung kam, forcierte das Unternehmen sein Kraftwerkprojektgeschäft. Der Umsatz stieg vom Geschäftsjahr 2007 auf 2008 von rund 30 auf über 200 Millionen Euro. Von Anfang an glich die Expansion einem Abenteuer: Der damalige Finanzvorstand Heiko Piossek, ehemals CFO der angeschlagenen Conergy, bezeichnete damals gegenüber FINANCE die Realisierung eines Kraftwerks in Spanien als „Guerilla-Finanzierung“. Da keine Zeit für eine solide Projektfinanzierung blieb, sammelte Piossek Kredite bei Geldhäusern bilateral ein. Zwar zogen die Kreditgeber anfangs mit, doch mehr und mehr wurden unbeglichene Rechnungen aus dem Projektgeschäft zum Problem.
Wichtigster Schuldner war pikanterweise die Soldevco, deren Eigentümer Michael Viktor Kamp gleichzeitig Großaktionär bei Systaic ist. „Chancen wurden einseitig der Soldevco zugeschoben, die Risiken verblieben in der Systaic“, meint ein mit der Situation vertrauter Beobachter über die fragwürdige Corporate Governance. Nach dem Abgang Piosseks Ende 2009 folgten Feuerwehreinsätze von Udo Zimmer, ehemals CFO der Augusta Technologie AG und der Restrukturierungsberatung Hawkpoint. Ab August 2010 übernahm Michael Viktor Kamp sogar selbst zeitweise als CEO das Ruder.
Interessenkonflikte Kurz vor der Insolvenz zog Kamp sich aber wieder aus dem Geschäft zurück. Er trage mit dem Rückzug „aufgrund der Bauverzögerungen bei den sardischen Gewächshäusern zu groß werdenden Interessenkonflikten im Zusammenhang mit seiner Funktion bei der Soldevco SE Rechnung“, schrieb das Unternehmen. Dafür hatten Unternehmenskenner nur Hohn übrig. De facto, das bestätigen mehrere Insider, habe der Großaktionär immer mitregiert. Kamp sei „ein Selfmademan mit allen positiven und negativen Eigenschaften“. Er habe Systaic gegründet, sich dann zurückgezogen, sei aber immer eine Art „inoffizieller Vorstand“ geblieben. Michael Pack, der eigentliche CEO, galt vielen als schwacher Manager, der sich nicht durchsetzen konnte und von dem System Kamp profitierte. Warum hat die Systaic überhaupt zugelassen, dass das Projektgeschäft an Soldevco ausgelagert wurde, fragen sich viele Kenner des Unternehmens. Jeder gute CFO oder CEO hätte die Forderungen gegenüber Soldevco eigentlich fällig stellen und eintreiben müssen. So scheiterten alle Versuche, Systaic zu retten. Im vergangenen Dezember wollten die Banken Kredite über rund 32 Millionen Euro nicht mehr prolongieren.
Offene Fragen Leidtragende der schlechten Unternehmensführung sind Aktionäre, zu denen beispielsweise die LBBW Asset Management zählt, die rund 3 Prozent hält. Der Münchener Autokonzern Webasto, der bis Mitte 2010 Aktionär der AG war und ein Joint Venture mit Systaic betrieben hatte, lehnte einen Kommentar zu den Vorgängen ab. Zudem hatte Systaic mehrere Wandelanaleihen ausgegeben, deren Gläubiger jetzt leer ausgehen dürften. Einige Kreditgeber vermuten sogar, dass Assets wie Solarmodule mehrfach besichert wurden.
So bleiben für den vorläufigen Insolvenzverwalter Biner Bähr von White & Case viele Fragen offen. Er sondierte zur Zeit der Anfrage noch die Lage. Mit Verweis auf das nichtöffentliche Verfahren wollte er sich nicht äußern. Auch ohne weitere Details erinnert der Fall in vielerlei Hinsicht an die wilden Zeiten des Neuen Markts. Verlierer sind Aktionäre und Gläubiger, denen jetzt der Totalverlust droht.
markus.dentz@finance-magazin.de
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