>>>>> http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_237368
05.07.2007 10:01 Kuriose Zug-Aktien Millionäre und Unternehmen denken bei Zug nicht unbedingt an die Bahn, sondern an das Schweizer Steuerparadies. Zug ist die Heimat der Briefkastenfirmen. Fast täglich werden Anleger mit vollmundigen Ankündigungen von Firmen mit Sitz in Zug bombardiert. Briefkasten (Quelle: Photos.com) vergrößernEinige Firmen besitzen in Zug nur einen Briefkasten
Sie tragen exotische vielversprechende Namen wie EnergyMixx, Mammut Energy oder New African Mining. Die einen setzen auf erneuerbare Energien, die anderen auf Rohstoffe. Gemeinsames Merkmal: Sie haben viel mitzuteilen, und ihr Firmensitz befindet sich in Zug. Und sie sind allesamt seit kurzem an der Frankfurter Börse notiert ? im wenig regulierten Freiverkehr. Mehr zum Top-Thema
* "Nicht alle Schweizer Firmen seriös" * Macht sich's die Börse zu einfach?
Riesen-Windpark in Albanien Am Mittwochmorgen meldeten sich die drei Firmen mit teilweise dubiosen Ankündigungen zu Wort. So plant die schweizerische EnergyMixx ein 178 MW-Windprojekt in Albanien. Es wäre das größte Windparkvorhaben in ganz Osteuropa. Dabei steckt der Markt für erneuerbare Energien in Albanien noch in den Kinderschuhen. Eine staatlich garantierte Einspeisevergütung wie in Deutschland gibt es laut Experten nicht. Diese braucht Energy Mixx offenbar auch nicht. Das Zuger Unternehmen für erneuerbare Energien verweist auf ein bilaterales Abkommen zwischen Italien und Albanien. Der in Albanien gewonnene Strom aus erneuerbaren Energien werde durch das italienische System der grünen Zertifikate garantiert, heißt es. Entsprechend einer Quote erhalten die Stromerzeuger eine bestimmte Menge grüner Zertifikate bei den Anbietern der erneuerbaren Energien.
Auf der Suche nach Erdgas Neue Bohrquellen will derweil die Mammut Energy erschließen. Die Schweizer Explorationsfirma teilte mit, fast 200 Hektar Bohrland im Bezirk Erath im nordamerikanischen Barnett Shale erworben zu haben. Mammut Energy ist in diesem Gebiet nicht alleine. Im Barnett-Schiefer bohren zahlreiche Firmen nach Erdgas.
Last but not least gab noch New African Mining seinen erfolgreichen Börsenstart an der Frankfurter Börse bekannt. Die Rohstoff-Aktie war am ersten Handelstag am Dienstag um fast fünf Prozent gestiegen. Die Schweizer bauen angeblich in Südafrika Rohdiamanten ab und vertreiben diese.
Börsenbriefe machen Stimmung Börsenbriefe wie "Trading Insider" und "Invest Inside" nutzten die Gelegenheit, um die Werbetrommel für die Aktien von Mammut Energy und EnergyMixx zu rühren. "Trading Insider" veröffentlichte eine Jubel-Arie zu Mammut Energy unter der Überschrift "Rohstoffkracher mit Mega-Deal". Nach Einschätzung der Experten stecke noch eine Menge Potenzial in der Aktie. Mammut Energy wachse immer weiter. Der Deal in Erath sei nur der Anfang. Weitere Zukäufe seien in Planung.
Ähnlich euphorisch bewertet der Börsenbrief "Invest Inside" die Aktie von EnergyMixx. Den Öko-Titel sehen die anonymen Autoren schon als "junge Solarworld". Während viele Unternehmen auf bestimmte Segmente fokussiert seien, würden die Schweizer weltweit auf Wind- und Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft setzen. "Wo immer sich interessante Märkte bieten, kann EnergyMixx tätig werden", heißt es vollmundig. Konkurrenz? Die scheint es offenbar nicht zu geben. Dass EnergyMixx erst 2009 schwarze Zahlen schreiben wird, macht den Autoren von "Invest Inside" keine Sorge. Die Aktie sei für Anleger mit Geduld nicht teuer, sondern ein Schnäppchen, das hohe Kursgewinne verspreche. "Luftschlösser sehen nach Einschätzung der Analysten anders aus", heißt es am Ende des vierseitigen Textes von "Invest Inside".
Aktien-Tipps im Auftrag des Emittenten Der Oberbayerische Börsenbrief empfiehlt die Aktie des Börsenneulings New African Mining. Das Unternehmen könne auf riesige Diamantenablagerungen zurückgreifen, was in der aktuellen Marktkapitalisierung bei weitem noch nicht berücksichtigt sei, heißt es. Erst am Ende des Börsenbriefs erfährt der Leser in dem kleingedruckten Disclaimer, dass die Informationen interessen-gesteuert sind. "Die Herausgeberin erhält für die Erstellung und Verbreitung dieser Ausgabe des Oberbayerischen Börsenbrief eine Vergütung. Der Auftraggeber für die Erstellung und Verbreitung dieser Ausgabe des Oberbayerischen Börsenbrief handelte im Interesse des Emittenten der besprochenen Wertpapiere (bzw. eines Aktionärs des besprochenen Unternehmens).", heißt es im Disclaimer. Bild zum Artikel vergrößernDie Steuer-Oase Zug
Energy Mixx heiß begehrt Der PR-Push zeigte teilweise Wirkung. Die Aktie von Energy Mixx kletterte am Mittwoch um rund sieben Prozent auf ein Rekordhoch von 1,28 Euro. Mammut Energy stieg um über ein Prozent auf 1,45 Euro.
Die drei Zuger Unternehmen sind erst vor kurzem an den Freiverkehr gekommen. Mammut Energy stürmte vor zwei Monaten aufs Parkett, EnergyMixx in der vergangenen Woche und New African Mining am Dienstag.
Die Steueroase Die wachsende Zahl an Börsen-Neulingen aus Zug ist nicht verwunderlich. Denn die Zahl der Briefkastenfirmen im schweizerischen Steuerparadies wächst kontinuierlich. 2006 wurden erstmals über 25.000 Firmen in Zug gezählt. Bei Rohstoffen und Energie ist Zug heute schon wichtigster Standort neben London, New York und Tokio.
Dabei tummeln sich nicht nur kleine Rohstoff-Firmen, sondern auch große Unternehmen in Zug. Zu den prominenten Adressen zählt die Nord Stream, die die Nordsee-Pipeline baut. Aufsichtsratschef ist kein geringer als Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. In der Pharmabranche haben ebenfalls zahlreiche Konzerne ihren Sitz in der eidgenössischen Kleinstadt. Hinzu kommen zahlreiche Konzerne, die am Zugersee ihre Schweizer Zentrale haben.
Warnungen der BaFin und der Aktionärsschützer Die BaFin warnt Anleger davor, Aktien blind aufgrund von Empfehlungen und Tipps von Börsenbriefen zu kaufen. "Man sollte darauf achten, wie seriös die Quelle ist, aus der der Tipp kommt", empfiehlt Markus Traub, stellvertretender Vorsitzender der SdK. Anleger sollten sich auch nicht vom guten Ruf der Schweiz verleiten lassen. Straub kritisiert zudem, dass einige Anleger in optisch "billigen" Aktien einen Reiz sehen. Das sei ein Fehler.
Bei der Deutschen Börse sieht man die Situation gelassen. "Wir stellen nur den Handelsplatz zur Verfügung", meinte ein Sprecher des Börsenbetreibers. Mit dem Börsengang werde keine Aussage über die Bonität und die Zukunftschancen des Geschäftsmodells gemacht. Diese Entscheidung müssten Investoren treffen. nb
|