Stuttgart Erhard Eppler wird 80 Das linke Gewissen der deutschen Sozialdemokraten Stuttgart - Erhard Eppler gilt als Vordenker und Mahner in der SPD. Am 9. Dezember (2006) wird der noch aktive und streitbare Politiker, der immer schon hohe moralische Ansprüche an seine Politikerkollegen gestellt hat, 80 Jahre alt. Der 1926 in Ulm geborene Eppler darf das linke Gewissen der Sozialdemokraten genannt werden. Noch bevor die Grünen den Ausstieg aus der Atomenergie forderten, hatte Eppler entsprechende Papiere seinem Vorstand vorgelegt. Sein Nein zur Plutoniumwirtschaft, seine Forderung nach einer Umkehr vom Wachstumsfetischismus ließen ihn schnell zum Linken in der Partei werden. Alle Vorsitzenden der SPD wollten seinen Rat. Denn über Eppler erfuhren sie ungefiltert, was an der Basis gedacht und auch gefordert wurde.
Eppler kann auf eine solide politische Arbeit zurückblicken. Er war Minister, einfacher Abgeordneter und Landesvorsitzender seiner Partei in Baden-Württemberg. Noch vor dem Abitur leistete er 1943 bis 1945 Kriegsdienst als Flakhelfer. Er studierte Englisch, Deutsch und Geschichte und unterrichtete von 1953 bis 1961 als Studienrat am Gymnasium in Schwenningen. Während des Studiums war er erstmals Gustav Heinemann, seinem späteren politischen Vorbild, begegnet. Eppler war dabei, als Heinemann die Gesamtdeutsche Volkspartei gründete. Doch 1956 wechselte er zur SPD und kam 1961 über die SPD-Landesliste von Baden-Württemberg erstmals in den Deutschen Bundestag, dem er bis 1976 angehörte.
Am 1. Oktober 1968 wurde Eppler als Bundesministeter für wirtschaftliche Zusammenarbeit Nachfolger von Hans-Jürgen Wischnewski. Der im schwäbischen Pietismus verwurzelte Eppler hat stets die zu enge Verbindung von Außenpoltik und Entwicklungshilfe abgelehnt. Sieben Wochen, nachdem Helmut Schmidt für die SPD Bundeskanzler wurde, trat er am 4. Juli 1974 zurück. Beide trennten unterschiedliche Ansichten über die Möglichkeiten der Politik.
Eppler war viele Jahre im SPD-Parteipräsidium vertreten und hatte den Vorsitz in der SPD-Steuerreformdiskussion. 1976 legte er seine Bundestagsmandat nieder, um sich ganz der politischen Arbeit in Baden-Württemberg zu widmen. Im Februar 1973 war er zum SPD- Landesvorsitzenden gewählt worden. Sein Ziel war es, die SPD in Baden-Württemberg zu einer ökologisch orientierten Partei zu entwickeln. Aber auch seine Freunde mussten einsehen, dass er zu intellektuell argumentierte und immer weniger von der Arbeiterschaft verstanden wurde. Im Mai 1981 trat er vom Landesvorsitz zurück.
Danach hatte er Zeit, sich mit seinen beiden Lieblingsthemen Ökologie und Friedensbewegung zu befassen, kehrte dann aber wieder in die aktive Politik zurück. Mit dem drittbesten Stimmenergebnis zog er im Juni 1984 in das Parteipräsidium ein. Eppler war immer ein Politiker, der auch die Kirche in seine Arbeit mit einbezog. "Seine Glaubwürdigkeit war sein großes Pfand", meinte einmal einer seiner politischen Freunde. Von 1968 bis 1984 war er Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD). Er leitete den 20. Evangelischen Kirchentag in Hannover 1983, der im Zeichen der Nachrüstung stand. Ein Thema, zu dem der Gegner der Aufrüstung und Autor zahlreicher Bücher vieles zu sagen hatte.
Einen totalen Ruhestand gibt es für Eppler, der Gartenarbeit sein Hobby nennt, nicht. Der bärtige hagere Mann lebt mit seiner Frau in Schwäbisch Hall in seinem Elternhaus. Der Vater von vier Kindern ist auch heute noch gesuchter Gesprächspartner, wenn es um die Richtung der politischen Arbeit der SPD in Berlin geht. "Die marktradikale Globalisierung, die seit zwei Jahrzehnten fast unangefochten die Diskussion beherrscht kommt in Schwierigkeiten", sagt er. Was fehle, sei eine "durchdachte realisierbare Alternative." Eine Aufgabe für die europäische Sozialdemokratie, wie er meint.
dpa/lsw
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