Kontron verzichtet auf Zukäufe und intensiviert Aktienrückkauf
MÜNCHEN (Dow Jones)--Die Kontron AG, Eching, ändert ihre Unternehmensstrategie. Sowohl im laufenden Jahr als auch 2006 will der Hersteller von Miniaturcomputern auf Zukäufe verzichten, sagte Vorstandsvorsitzender Hannes Niederhauser am Mittwoch im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Dafür solle der Rückkauf eigener Aktien intensiviert werden. Das Unternehmen wolle sich zunächst darauf konzentrieren, die hohen Auftragsbestände abzuarbeiten.
Erst in dieser Woche habe Kontron einen Entwicklungsauftrag (Design Win) für die ATCA-Technologie von der kanadischen Nortel Networks Corp erhalten. ATCA steht für Advanced Telecom Computer Architecture und umschreibt standardisierte Backbone-Systeme für die Datenübertragung, die laufend der Verarbeitung eines immer höheren Datenvolumens angepasst werden müssen. "Er wird ab 2007 Umsätze zwischen 15 Mio und 20 Mio EUR erbringen, lässt zunächst aber die Entwicklungskosten steigen", sagte Niederhauser.
"Der Auftragsbestand und der Umsatz im laufenden dritten und dem vierten Quartal werden über dem Niveau des zweiten Quartals liegen", kündigte der Kontron-Vorstandsvorsitzende zudem an. Ursprünglich wollte Kontron den Umsatz jährlich um 5% bis 10% durch Akquisitionen steigern. Der Hersteller von Miniaturcomputern intensiviert nun stattdessen das angekündigte Aktienrückkaufprogramm, mit dem bereits begonnen wurde. "Das Gesamtvolumen des Programms soll noch im laufenden Jahr rund 6,5 Mio EUR betragen, was einer Mio Anteilen oder 2% des Grundkapitals entspricht", sagte Niederhauser.
Es habe sich gezeigt, dass es momentan nicht möglich sei, alle Aufträge auszuliefern und so Umsätze zu generieren, erklärte der Vorstandsvorsitzende im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Kontron will sich zunächst darauf konzentrieren, aus den hohen Auftragsbeständen Umsätze zu generieren. Akquisitionen würden diesen Prozess stören.
Im Zuge von Kostensenkungsprogrammen hätten mehr als die Hälfte der weltweit 1.900 Mitarbeiter umziehen müssen. "Das hat im ersten Halbjahr auf die Effizienz geschlagen", erklärte Niederhauser. Auswirkungen zeigten sich in der Rohertragsmarge, die in den ersten sechs Monaten auf 37,3% von 38,4% in der Vorjahresperiode gesunken war, wobei es sich Niederhauser zufolge jedoch nicht um die Folgen eines erhöhten Kostendrucks gehandelt hat. "Wir treten bei der Umsetzung von Effizienzsteigerungsprogrammen auf die Bremse und werden zudem bis Ende 2006 nicht weiter durch Zukäufe wachsen", sagte Niederhauser. Für das vierte Quartal 2005 stellte er wieder eine Rohertragsmarge von über 38% in Aussicht.
Die EBIT-Marge, die im ersten Halbjahr mit 6,4% um 2% unter den unternehmenseigenen Planungen gelegen hatte, soll sich im zweiten Halbjahr wieder auf mehr als 8% belaufen, kündigte der Vorstandsvorsitzende von Kontron zudem an. EBIT-belastende Faktoren, wie die Integration der Dolch Inc, würden im zweiten Halbjahr wegfallen. Niederhauser machte keinen Hehl daraus, dass über den Planungen liegende Kosten für Forschung und Entwicklung das EBIT im Gesamtjahr negativ beeinflussen könnten.
"Wir haben in dieser Woche von Nortel den vierten von den insgesamt angestrebten fünf Entwicklungsaufträgen im ATCA-Bereich erhalten", sagte Niederhauser. Die Senkung des EBIT-Ziels bei Vorlage der Halbjahreszahlen vor drei Wochen sei nicht zuletzt in Erwartung des Nortel-Auftrages erfolgt. Im Gesamtjahr strebt Kontron nun ein EBIT von 23 (Vj 20) Mio EUR an. Die vorherige Prognose hatte sich auf 26,5 Mio EUR belaufen. Die Reduzierung des EBIT-Prognose hatte nach Bekanntwerden den Kurs der im TecDAX notierten Aktie gedrückt.
Kontron erwartet sich allein von der ATCA-Technologie 2007 Umsätze von 150 Mio USD. "Berücksichtigt man, dass einige der bisherigen Umsätze durch ATCA kannibalisiert werden, rechne ich mit einem saldierten Umsatzplus von rund 100 Mio EUR", sagte Niederhauser.
Sein Optimismus für das restliche Geschäftsjahr rührt indes allein von der Zahl der im Vorjahr erlangten Entwicklungsaufträge, die nun die Auftragsbestände und binnen weniger Monate auch die Umsätze steigen lassen würden. Niederhauser geht im laufenden dritten und im vierten Quartal von weiteren Steigerungen bei Auftragsbeständen und Umsatz aus. Zum Ende des zweiten Quartals hatte sich der Auftragsbestand auf 128,1 Mio EUR belaufen. Der Zweitquartalsumsatz hatte 71,22 Mio EUR betragen.
-Von Archibald Preuschat, Dow Jones Newswires; +49 (0) 89 55 21 40 32,
archibald.preuschat@dowjones.com
DJG/apr/brb
Gruß Moya
|