Weniger heizen soll den Despoten treffen? Habeck muss sich ehrlich machen
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Die Verbraucher sollen Energie sparen, damit es Putin ein klein bisschen schadet, findet Wirtschaftsminister Habeck. Das wird nicht ausreichen. Die Frage ist, wann er sich eingesteht, dass er sich von eigenen Vorhaben verabschieden muss. Anzeige
Krisenzeiten sind Zeiten erstaunlicher Einsichten ? gerade in der Politik. Alte Gewissheiten gehen unter dem Eindruck von Krieg und Bedrohung schneller über Bord, als man sich das zuvor hätte vorstellen können.
Das Verbot, Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, ist dafür ein Beispiel. Die Bereitschaft, die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro besser auszustatten, ist ein anderes.
Der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hätte sich gegen solche Vorhaben in seiner Zeit als Bundesfinanzminister und Vizekanzler noch verwahrt. Manche Einsicht bedarf ? so bedauerlich das ist ? einer gewissen Dringlichkeit. Der Krieg, den Russlands Präsident Wladimir Putin in der Ukraine angezettelt hat, hat beim Kanzler zum Umdenken geführt. Lesen Sie auch Wir müssen endlich einsehen, dass wir ohne Putins Schätze besser dran sind, fordert WELT-Redakteur Felix Eick Meinung Ukraine-Russland-Krise Wir brauchen die wirtschaftliche Abkehr von Putin ? auch wenn es lange wehtun wird Anzeige
Bei Robert Habeck (Grüne) dagegen ist es noch nicht so weit: ?Wenn man Putin ein klein bisschen schaden will, dann spart man Energie?, verkündete der Bundeswirtschaftsminister am Donnerstag.
Ein Satz, der so klingt, als wolle der Minister die Verantwortung für seinen Politikbereich auf die Verbraucher abwälzen. Richtiger wäre die Aussage wie folgt: Wenn man Putin schaden will, dann muss sich die gesamte Volkswirtschaft von russischem Erdgas unabhängig machen.
Der vorgezogene Ausstieg aus der Kohle ist damit nicht mehr zu halten ? jedenfalls nicht, wenn man gleichzeitig auch noch Versorgungssicherheit gewährleisten muss.
Russlands Einmarsch in die Ukraine führt uns vor Augen, wie stark wir in unserer Energieversorgung an einem Despoten hängen, dem man nicht vertrauen kann. Mit ein bisschen Sparen ist es da nicht getan, es müssen andere Energiequellen her. Lesen Sie auch Wat mutt, dat mutt ? nach diesem Motto scheint jetzt die Energiewende zu laufen, meint WELT-Redakteur Daniel Wetzel EEG-Reform ?Freiheitsenergie? um jeden Preis ? das ist brachiale Planwirtschaft
Und sicher: Windräder und Solarpaneele gehören dazu. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bezeichnet sie deshalb sogar pathetisch als ?Freiheitsenergien?. Aber die werden eben nicht ausreichen, um den Verzicht auf Kohle und auf russisches Gas innerhalb eines doch relativ kurzen Zeitraums zu kompensieren.
Habeck sollte sich zu der Einsicht durchringen: Koalitionsverträge sind am Ende oft nicht mehr wert, als das Papier, auf dem sie stehen, solange Krisen das politische Geschehen so stark diktieren wie jetzt.
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