News - 26.07.06 16:38 HINTERGRUND: Arcelor Mittal schürt Angst vor feindlichen Übernahmen
FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein langer Atem wird belohnt: Nach dem monatelangen Übernahmekampf um Arcelor ist der weltgrößte Stahlkocher Mittal Steel so gut wie am Ziel. 92 Prozent der Arcelor-Aktien hat sich der Branchenprimus mit seinem Angebot gesichert und bringt damit die größte Fusion in der Stahlgeschichte unter Dach und Fach. Lange Zeit sah es so aus, als würde sich Vorstandschef Lakshmi Mittal mit seiner feindlichen Übernahmeofferte am kämpferischen Luxemburger Stahlkonzern die Zähne ausbeißen - doch alles Wehren half nichts: Am Ende überzeugte Mittal mit viel Geld, diversen Zugeständnissen und einer unglaublichen Hartnäckigkeit.
Nun folgt die Phase der Integration - und auch für die Konkurrenz wird es spannend. Mittal muss aus Kartellgründen einige Aktivitäten in Nordamerika und Europa abstoßen. Davon könnten die Wettbewerber profitieren. Auf der anderen Seite wächst die Angst, selbst Ziel einer solchen feindlichen Übernahme zu werden. Bezeichneten Marktexperten Arcelor Mittal anfangs noch als 'Initialzündung' für den Konsolidierungsprozess, sehen sie den Zusammenschluss mittlerweile eher als mögliche Bremse. Denn die Konzerne auf der ganzen Welt wollen sich mit allen Mitteln gegen feindliche Übernahmen nach dem Vorbild Mittal/Arcelor wehren.
In Japan schützen sich die Marktführer Nippon Steel, Sumitomo Metals und Kobe Steel durch Überkreuzbeteiligungen, auch bei Tata in Indien gibt es ähnliche Bestrebungen. Die europäischen Konzerne ergreifen verschiedene Maßnahmen wie Aktienrückkäufe oder Aktienprogramme für Mitarbeiter - um den aufkaufbaren Streubesitz zu verringern. Auch nordamerikanische Stahlkocher haben 'Giftpillen' ins Rennen geworfen. Konsolidierung ja - aber bitte nur zu den eigenen Bedingungen.
Arcelor-Chef Guy Dolle hatte sich lange mit allen Mitteln gegen eine Übernahme durch Mittal Steel gewehrt: Aktienrückkauf, Sonderausschüttung und dann die überraschende Bereitschaft, sich mit dem Russen Alexej Mordaschow und seiner SeverStal zusammenzuschließen. Die Abwehrmaßnahmen brachten ihm am Ende mehr Geld, zudem gibt Mittal die Mehrheit am Konzern ab und auch bei der Besetzung des Vorstands und Aufsichtsrat kam Mittal Arcelor entgegen. Doch die Übernahme verhindern konnte Dolle nicht. Irgendwann musste er sich dem Willen der Aktionäre geschlagen geben. Entstanden ist mit einer jährlichen Stahlproduktion von 120 Millionen Tonnen der mit Abstand größte Stahlkonzern der Welt.
Dabei wird es allerdings wohl nicht bleiben: Die Marktforscher von MEPS rechnen damit, dass die Banken, die durch die Fusion von Arcelor und Mittal riesige Summen verdient haben, sich nach weiteren Deals umschauen. Auch der Verlierer der Fusion, die russische SeverStal, wird sich durch den Rückschlag nicht von seiner Globalisierungsstrategie abbringen lassen. Und im Hintergrund - sowohl in Russland wie auch in Lateinamerika - lauern noch weitere Stahlkocher, die nur darauf warten, zum nächsten Großkonzern hinter Arcelor Mittal aufzusteigen./sb/mur/fn
---Von Kathrin Schulte-Bunert, dpa-AFX---
Quelle: dpa-AFX
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