Dossier Investoren flüchten aus Versatel-Aktie von Volker Müller (Hamburg) Der Kursverlauf glich einer Hinrichtung: Um mehr als 28 Prozent ist die Aktie der Telefongesellschaft Versatel abgestürzt. Nach unerwartet schlechten Quartalszahlen büßte der Festnetz- und DSL-Anbieter massiv an Vertrauen ein und notierte zu Handelsschluss nur noch bei 10,50 Euro. Für Investoren ist die Entwicklung der Versatel-Aktie ein Desaster: Seit dem verunglückten Börsengang Mitte April hat das Papier den Wert fast gedrittelt. Zuvor hatten alle Analysten, die Versatel beobachten, die Aktien zum Kauf empfohlen.
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Von April bis Juni stieg der Nettoverlust von 8 Mio. Euro im Vorquartal auf 56,6 Mio. Euro, der Umsatz sank geringfügig auf 163,5 Mio. Euro. Damit lag Versatel deutlich unter der Analystenschätzung von 178 Mio. Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) blieb mit 38,7 Mio. Euro fast 20 Mio. Euro unter den Erwartungen. Zugleich senkte der Vorstand die Umsatzprognose für das laufende Jahr um elf Prozent. Das Unternehmen werde statt 740 Mio. Euro nur noch 680 Mio. Euro einnehmen, die Ergebnisprognose senkte er von 230 Mio. auf 190 Mio. Euro. Den Kursrutsch nannte Vorstandschef Peer Knauer eine "Überreaktion" des Markts.
Damit ist Versatel akut von der Übernahme durch einen Wettbewerber bedroht. Das Düsseldorfer Unternehmen selbst war ursprünglich aus der Fusion von fünf Stadtnetzbetreibern entstanden und hatte in den vergangenen Jahren seinerseits Konkurrenten übernommen, zuletzt 2004 in Berlin. An der Börse ist Versatel inzwischen nur noch 462 Mio. Euro wert - ein Schnäppchen. Der Finanzinvestor Apax, mit 38 Prozent größter Einzelaktionär, müsse sich nun überlegen, wie er überhaupt noch aussteigen könne, ohne weiteren Schaden anzurichten. "Eine weitere Börsenplatzierung scheidet aus. Das würde den Kurs deutlich unter 10 Euro drücken", sagte Frank Rothauge, Analyst des Bankhauses Sal. Oppenheim. Als Ausweg bleibt Apax nur ein Paketverkauf an einen Rivalen.
Firmenchef Knauer sieht sich hingegen noch in einer starken Position: "Wir sehen uns nach Übernahmen um - entweder die Kundenbestände oder ganze Netzbetreiber." Versatel habe im zweiten Quartal gegen den Markttrend bei DSL-Anschlüssen zugelegt und 44.800 neue Kunden gewonnen. Das schlechte Quartalsergebnis führte er auf den überraschend harten Wettbewerb und den rasanten Preisverfall bei Internetanschlüssen zurück. Im Vergleich zum ersten Quartal sank der durchschnittliche Umsatz pro Kunde auf etwa 45,50 Euro. Ein Jahr zuvor hatte dieser noch bei 54,30 Euro gelegen.
Zudem investiere Versatel in das eigene Netz und damit in die Zukunft: "Wir gehen jetzt operativ einen Schritt zurück, um strategisch zwei Schritte voranzukommen", sagte Knauer. Bis Jahresende will Versatel 10,4 Millionen Haushalte direkt erreichen können. Derzeit sind es etwa 9,0 Millionen.
Schwere Vorwürfe gegen den Vorstand
Analysten warfen dem Vorstand hingegen Irreführung des Markts vor. Noch im Juni habe Knauer seine Jahresprognose bekräftigt, obwohl er die Zahlen der ersten beiden Quartalsmonate bereits kannte, beklagte Rothauge. Selbst Versatel-Manager sehen die Rolle des Vorstands kritisch: "Finanzvorstand Brian Cook hätte die Probleme früher erkennen und kommunizieren müssen", hieß es hinter den Kulissen. Intern wüchsen bereits die Zweifel an seiner Qualifikation: "Cook macht Prognosen, als würde er Telefonanschlüsse verteilen statt verkaufen."
Insbesondere das Geschäft mit Firmenkunden trug zum schlechten Ergebnis bei: Der Umsatz dieser Sparte sank um elf Prozent, das Ebitda-Ergebnis halbierte sich auf 6,5 Mio. Euro. "Der Verlust ist nicht gottgegeben. Das zeigt der Vergleich mit dem Wettbewerber QSC eindrucksvoll", sagte Analyst Rothauge. Der Kölner DSL-Anbieter QSC hatte vergangene Woche ein Umsatzplus von 18 Prozent bei Firmenkunden gemeldet und damit den Preisdruck aufgefangen - auch wenn die Hälfte des Wachstums aus einer Übernahme stammte.
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