FXdirekt-Kolumne: Immerhin sinkt das US-Außenhandelsdefizit
§21.07.2004 11:46:00
§ Der schwache US-Dollar hat durchaus auch seine positiven Seiten. Die Exporte werden billiger. Allerdings klettern auch die Preise für Importe. Den Saldo dieser einfachen Rechnung können Anleger in der Außenhandelsbilanz ablesen. Traditionell weisen die USA ein hohes Außenhandelsbilanzdefizit auf. Europäische und japanische Waren strömen auf den US-Markt. Und der konsumhungrige US-Konsument kauft kräftig ein. Im Gegenzug exportieren US-Unternehmen ihre Waren auch nach Asien und Europa. Allerdings längst nicht in der Größenordnung, wie Waren auf den amerikanischen Markt kommen. Folgerichtig ist der Saldo aus US-Sicht negativ.
In Zahlen sieht das so aus: Im Mai übersteigen die Einfuhren die Ausfuhren um 46 Mrd. US-Dollar. Dabei legten beide Größen zahlenmäßig zu. Dennoch markiert dieser gigantische Fehlbetrag den ersten Rückgang des US-Außenhandelsbilanzdefizits seit Herbst 2003. Und das um gleich 4,5 Prozent gegenüber dem April-Wert. Wie kommt es zu dieser Entwicklung? Ganz einfach: Der US-Dollar neigt seit Monaten zur Schwäche, amerikanische Waren kommen billiger auf die Weltmärkte. Nur eines sollte Anleger stutzig machen. Eine gesunde Wirtschaft, die annualisiert um mehr als vier Prozent wächst, müsste eigentlich mehr im- als exportieren. Schließlich laufen die Bänder auf Hochtouren, viele Vorprodukte müssen im Ausland eingekauft werden. Das ist offenbar nicht so. Im Mai stehen die Ausfuhren mit plus 4,1 Prozent zu Buche, die Einfuhren legen demgegenüber nur um 0,4 Prozent zu. Liegt die Vermutung nahe, dass die US-Wirtschaft doch nicht so rund läuft wie immer behauptet wird. Interessant wäre es in diesem Zusammenhang einmal auf die Lagerbestände zu schauen. Die müssten logischerweise geschrumpft sein.
In der Summe bleibt zu konstatieren: Mit der Verringerung des Außenhandelsbilanzdefizits sinkt der internationale Finanzierungsbedarf der USA. Das stützt den US-Dollar, bremst den Abwertungsdruck. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Schwerer wiegt da schon die Entwicklung der US-Wirtschaft. In den vergangenen zwölf Monaten klettern die Exporte zügiger als die Importe, obwohl die Wirtschaft vordergründig schneller wächst als die restlichen Volkswirtschaften. Mögliche Erklärung: Den Konsum-Weltmeistern geht die Puste aus. Ein Indiz für diese These mögen die jüngsten Absatzzahlen der Autoindustrie sein. Minus 4,3 Prozent stehen für den Juni zu Buche. Fazit: Der US-Dollar schwächelt aus guten Gründen, der Euro kann seinen Aufwärtstrend in den kommenden Monaten fortsetzen. Nahziel: Kurse über 1,24 US-Dollar, alte Höchstkurse um 1,30 US-Dollar sind drin.
Carsten Stern kommentiert als Chefredakteur der ibas AG - FXdirekt Woche für Woche die aktuelle Entwicklung der wichtigsten Währungen.
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