L ibyen, Kuba, Deutschland: Der US-Verteidigungsminister hat die Bundesrepublik auf eine Stufe mit den amerikanischen Erzfeinden gestellt. Nun wird mit Spannung erwartet, welchen Ton Donald Rumsfeld bei der hochkarätig besetzten Münchner Sicherheitskonferenz anschlägt. Bei dem Treffen wird ein offener Meinungsaustausch zwischen Rumsfeld und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) erwartet. Rumsfeld will auf der zweitägigen Konferenz zudem mit Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammentreffen.
Zahlreiche Organisationen haben zu Friedensdemonstrationen und Protestkundgebungen aufgerufen. Die Polizei will mit 3500 Beamten im Einsatz sein. Für Irritationen sorgte am Donnerstag ein Aufruf des US-Außenministeriums, Amerikaner sollten wegen möglicher gewalttätiger Konfrontationen während der Kundgebungen die Münchner Innenstadt weitgehend meiden.
Insgesamt werden zu der renommierten Konferenz für Sicherheitspolitik, die dieses Jahr zum 39. Mal stattfindet, rund 250 Sicherheitsexperten aus 40 Ländern erwartet, darunter mehr als 30 Außen- und Verteidigungsminister. Auch Nato-Generalsekretär George Robertson, der EU-Außenbeauftragte Javier Solana und zahlreiche amerikanische Senatoren und Abgeordnete haben ihre Teilnahme zugesagt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nimmt an dem Treffen nicht teil.
?Deutschland wie Kuba oder Libyen?
Für den amerikanischen Verteidigungsminister ist die deutsche Haltung in der Irak-Frage inzwischen um keinen Deut besser als die von Kuba und Libyen. Diese drei Länder ? Deutschland, Kuba und Libyen ? würden weder einen US-Angriff auf Irak noch einen Wiederaufbau des Landes nach einem Krieg unterstützen, hatte Rumsfeld am Mittwoch (Ortszeit) vor dem Kongress in Washington gesagt.
Es gebe eine ?nicht-unbedeutende? Zahl von Staaten, die den USA bereits Unterstützung bei einem militärischen Vorgehen gegen Irak oder die Nutzung von Militärstützpunkten und Überflugsrechte zugesagt hätten, fügte Rumsfeld hinzu.
Andere Länder hätten signalisiert, sie würden beim Wiederaufbau Iraks helfen, wenn dort ein Machtwechsel stattgefunden habe. ?Dann gibt es noch drei oder vier Länder, die gesagt haben, sie würden gar nichts tun?, sagte Rumsfeld. ?Ich denke, Libyen, Kuba und Deutschland sind diejenigen, die angedeutet haben, sie würden in keiner Beziehung helfen.?
Erst kürzlich hatte Rumsfeld Frankreich und Deutschland als Problemfälle bezeichnet. Beide Länder repräsentierten nicht das ?neue Europa?, sondern stünden für das ?alte Europa?. Eine große Zahl europäischer Länder dagegen stehe in der Irak-Frage auf der Seite der USA.
Unmut von Grün bis Schwarz
Die Äußerungen Rumsfelds wurden in der Bundesregierung mit Verärgerung aufgenommen, offiziell aber nicht kommentiert.
Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sagte der Nachrichtenagentur dpa, Rumsfelds Worte seien absolut unverständlich. Sie frage sich, ob er die deutsche Außenpolitik mit der von Kuba und Libyen vergleichen wolle.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber meinte, das sei keine akzeptable Klassifikation Deutschlands. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler sagte der Münchner ?Abendzeitung?: ?Wir sind besorgt um Rumsfelds Zustand.?
Regierungssprecher Bela Anda sagte, die Mehrheit der Mitglieder des Sicherheitsrats sei wie Deutschland für eine Ausschöpfung aller politischen Mittel und fordere die Übergabe der Fakten an die Waffeninspekteure zur Überprüfung in Irak. Auch Deutschland sei besorgt über die Hinweise, dass Irak weiterhin Massenvernichtungswaffen besitze. Die Inspekteure müssten für ihre Arbeit die nötige Zeit und Mittel erhalten. Durch Powells ausführliche Unterrichtung hätten die USA die Rolle des UN-Rates für die Konfliktlösung anerkannt und gestärkt.
CDU-Chefin Angela Merkel appellierte an Schröder, seine Position zu überdenken: ?Diese Haltung macht Sorge, weil sie die Glaubwürdigkeit der internationalen Bemühungen um eine Entwaffnung Iraks und eine nachhaltige Sicherung des Friedens schwächt.? Merkel forderte von Schröder eine Regierungserklärung zur Irak-Frage.
Zweifel an deutscher Verlässlichkeit
Auch der amerikanische Botschafter in Berlin, Daniel Coats, machte Deutschland wegen der Ablehnung eines Irak-Krieges schwere Vorwürfe. Die Bundesregierung unter Kanzler Schröder habe gemeinsam mit Frankreich den Abrüstungsdruck von Saddam Hussein genommen, sagte er der ?Berliner Zeitung? vom Donnerstag. Das Nein aus Paris und Berlin habe die Wahrscheinlichkeit einer Militärintervention gegen Irak erst erhöht.
?Wir erhoffen von einem Freund und Verbündeten, dass er uns nicht behindert?, sagte Coats und deutete mögliche ökonomische Konsequenzen an. In den USA seien ?ernste Zweifel aufgekommen, ob Deutschland noch ein verlässlicher Partner ist?. Dies schade den Beziehungen, ?und sicherlich schadet es Deutschland?. 06.02.03, 16:53 Uhr Enthalte mich eines Kommentares. N.P.
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