12.12.2006 Der Billigste darf arbeiten
Auf Auktionsplattformen im Internet unterbieten sich Handwerker
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§ CHRISTIANE TAUER
POTSDAM Anfangs war Michael Jupe unschlüssig. Sollte er den Sprung in die Selbständigkeit wirklich wagen? Was, wenn die Kunden ausbleiben? Ein halbes Jahr lang beobachtete der 31-jährige gelernte Maurer, Stahlbetonbauer und IT-Systemelektroniker aus Brandenburg/Havel die Einträge bei My-Hammer.de, einer Internet-Auktionsplattform für Handwerksaufträge. Dann, im Februar dieses Jahres, wagte er es und gründete seine Firma Jupe Bauservice. Sein erster Auftrag, den er über My-Hammer.de ersteigerte, war der Transport eines antiken Schranks von München nach Berlin. Es hatte sich gelohnt, weil er ohnehin privat in den Süden musste. Heute sagt Jupe: "Ohne My-Hammer.de hätte ich mich nicht getraut, mich selbständig zu machen."
"Wie Ebay, nur umgekehrt", so lässt sich das Prinzip der vor einem Jahr gegründeten Internet-Auktionsplattform beschreiben, bei der mittlerweile 110 000 Mitglieder registriert sind. Der Auftraggeber stellt seinen Auftrag ? das kann ein Umzug, eine Malerarbeit oder das Mähen des Rasens sein ? inklusive Preisvorschlag ins Netz, woraufhin die potenziellen Auftragnehmer, also Handwerker oder Dienstleister, den Preis unterbieten können. Wer innerhalb der Angebotsfrist den niedrigsten Preis abgibt, erhält den Zuschlag. Ähnliche Seiten sind Jobdoo.de oder Blauarbeit.de.
Gerade dieses System des Unterbietens ist für Ute Maciejok, Sprecherin der Handwerkskammer Potsdam, ein echtes Problem. Für sie tragen solche Internet-Auktionen nur dazu bei, die Abwärtsspirale der Preise im Handwerk weiter zu begünstigen. "Ich kann nur jedem Handwerker raten, sich dort nicht als dummer August zu verkaufen", sagt sie. Und auch für den Kunden gelte: Eine handwerkliche Leistung sei etwas Individuelles, da bringe es gar nichts, nur auf das Billigste zu setzen. "Das Problem ist ja, dass der Kunde überhaupt nicht wirklich weiß, wer hinter dem Angebot steht, das er bekommt."
Nicholas Thiede, Vorstandsmitglied von My-Hammer.de, ist sich solcher Kritik bewusst. Dennoch betont er, dass es in den Augen vieler Kunden zwei Arten von Dienstleistungen gebe: "Bei bestimmten Leistungen, wie zum Beispiel dem Streichen einer Wand, brauchen viele Leute keine Meister-Leistung, da wollen sie einfach nur Geld sparen." Das sei die Chance für Auktionsplattformen. Anders hingegen sehe es bei hochwertigen Arbeiten wie dem Installieren einer Gas-Leitung aus. Da gehe es ausschließlich um gute Qualität, ein teurer Meister-Betrieb sei unverzichtbar.
30 bis 50 Prozent der bei My-Hammer.de registrieren Auftragnehmer-Firmen seien Meisterbetriebe, sagt Thiede. Was sie für den angebotenen Auftrag bezahlen wollen, entscheiden sie alleine. "Wir haben aber Kontrollen auf absolute Preisdumper", versichert er. "Die filtern wir heraus und sperren sie für künftige Auktionen." Darüber hinaus muss jeder Auftragnehmer ein Qualifikationsprofil mit Eintrag in die Handwerksrolle und Steuernummer angeben ? ein System, mit dem Schwarzarbeit verhindert werden soll. "Durch unsere Plattform wird der Handwerkermarkt transparenter", sagt Thiede. Der Auftraggeber und nicht der Handwerker definiere, was ein fairer Preis für eine Leistung sei. Ist dem Kunden der ersteigerte Auftragnehmer aber trotz allem nicht geheuer, könne er am Ende den ganzen Auftrag auch wieder zurückziehen oder den zweitbilligsten Anbieter nehmen.
Bewertungen beachten
Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale Brandenburg rät den Nutzern von Auktionsplattformen zu einem wachsamen Auge. Er empfiehlt, auf die Bewertungen eines Betriebs durch andere Auftraggeber zu achten, darauf, ob er einen Meisterbrief besitzt und ob er aus der Region komme. "Ein Kunde kann mit Hilfe solcher Plattformen vielleicht viel Geld sparen", sagt er. Aber es könne sein, dass er bei der Qualität und der Zuverlässigkeit der Arbeit Abstriche hinnehmen muss. tau
Quelle: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10835296/485072/
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