News - 13.02.08 11:04 Berlin nimmt Afrikas Rohstoffe ins Visier
Die Bundesregierung will mit einer neuen Strategie verlorenes Terrain auf Afrikas Rohstoffmärkten zurückgewinnen. Trotz verhaltener Aüßerungen: Hinter dem Vorhaben verbirgt sich der ehrgeizige Ansatz, den ressourcenhungrigen Ländern China, Indien und auch USA Paroli zu bieten.
OUAGADOUGOU. "Wir versuchen, im Konzert der europäischen Staaten diejenigen zu sein, die die Kooperation vorantreiben", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Ende einer Westafrika-Reise in Burkina Faso gewohnt zurückhaltend.
Hatte sich die Bundesregierung bislang vor allem auf die Entwicklungshilfe gestützt, verfolgt sie nun einen breiten Ansatz, der die wirtschaftlichen Kontakte verstärken soll. Private Investitionen seien in Afrika sinnvoller als Entwicklungsgelder, argumentiert der G8-Sherpa der Bundeskanzlerin, Bernd Pfaffenbach.
Deshalb sollen Wirtschaftsbeziehungen nicht nur mit ökonomischen Schwergewichten wie Südafrika, Nigeria, Algerien oder Ägypten, sondern auf breiter Front ausgebaut werden. Dazu reisen neben Steinmeier auch Bundespräsident Horst Köhler und Angela Merkel durch den schwarzen Kontinent.
Mit ihrer Initiative reagiert die Regierung auf den wirtschaftlichen Aufschwung Afrikas, das nach Jahren der Stagnation wieder eine durchschnittliche Wachstumsrate von fünf bis sechs Prozent verzeichnet. Zudem bilden die deutschen und europäischen Aktivitäten ein Gegengewicht zu dem Einfluss von Chinesen, Indern und Amerikanern, die sich vor allem Rohstoffe sichern wollen. "Wir wollen den deutschen und europäischen Einfluss wieder wahrnehmbarer machen", sagt Steinmeier.
Dabei richtet sich das deutsche Interesse erkennbar auf Länder, die über Gas und/oder Öl verfügen. Steinmeier war jetzt bereits zum zweiten Mal innerhalb von sieben Monaten in Ghana. Im vergangenen Jahr hatte er Mauretanien und Nigeria besucht, geplant ist eine Reise nach Angola - stets begleitet von einer Wirtschaftsdelegation. Weitere Abgesandte reisen mit größeren Wirtschaftsdelegationen nach Nigeria, um Kontakte in diesen Ölstaat aufzubauen.
Die Rohstoffeinnahmen investierte eine Reihe afrikanischer Staaten in große Infrastruktur-Vorhaben, von denen sich deutsche Großkonzerne und Mittelständler Aufträge versprechen. "Wir müssen in die Energieversorgung investieren, um das Land zu entwickeln", betonte Ghanas Außenminister Akwasi Osei-Adjei. Ebenso wie sein Kollege in Burkina Faso betonte er dabei das Interesse an erneuerbaren Energien.
Erheblichen Nachholbedarf haben die meisten Staaten auch bei der Wasserversorgung und Medizintechnik. "Man muss präsent sein, wenn das Geschäft in einigen Jahren anzieht", sagte Emanuele Gatti, Vorstandsmitglied des Unternehmens Fresenius Medical Care, das bereits Krankenhäuser in Ghana gebaut hat. In Togo geht es um den Ausbau des einzigen natürlichen Tiefseehafens im Golf von Guinea.
Abgesehen von den Ölstaaten hat die Bundesregierung zwei weitere Ländergruppen ins Visier genommen: die so genannten Reformvorreiter und diejenigen, die regional oder international Verantwortung übernehmen. Diesen Ländern wird zugetraut, ein stabiles Umfeld für Auslandsinvestitionen zu schaffen.
Dazu gehört Ghana, einer der größten afrikanischen Truppensteller in der Uno und in der Afrikanischen Union. Äthiopien ist Sitz der Afrikanischen Union. Und Burkina Faso ist zwar einer der ärmsten Staaten der Welt, aber derzeit Mitglied im Uno-Sicherheitsrat. Präsident Blaise Compaoré gilt als regionaler Vermittler und ist Vorsitzender der Westafrikanischen Wirtschaftsunion. Zur den innenpolitischen Reformern gehören aus Sicht der Bundesregierung Togo, Liberia und Mauretanien.
Auch die Kulturarbeit in Afrika dient wenigstens indirekt der Wirtschaft. Zwar stand Deutschland hier immer im Schatten der Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien, verfügt aber immerhin über 39 Botschaften - und die sollen Deutschlands Stärken in Zukunft offensiver vermarkten. Das ist auch nötig, die Konkurrenz schläft nicht: Schon nächste Woche wird US-Präsident George W. Bush in Ghana erwartet.
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