Folgenden Beitrag habe habe ich auf WO eingestellt und kopiere ihn auch hier ins Forum
Hallo,
Ich war gestern auch im Call, habe danach aber etwas mit meiner Familie unternommen und komme daher jetzt erst dazu, etwas zu dem Call zu schreiben. Imperatom hat gut beschrieben warum die Aktie gestern auf gute Zahlen negativ reagiert hat.
Zitat von imperatom:Ich war in der Konferenz, aber geholfen hat das auch nur begrenzt. Den 96 Mio Einmalerträgen (im sontigen Einkommen) sollen laut Call 47 Mio Einmalausgaben entgegenstehen, so dass der Einmalgewinn 48 Mio betrage. In Sachen Goodwill und Steuen behält man sich Korrekturen dieser Werte im Jahresbericht vor.
Die 47 Mio Einmalkosten sind in der Bilanz nicht zu identifizieren, das ist ein kommunikatives Problem. Im Call wurde eine Aufschlüsselung genannt, die ihrerseits aber auch nicht wirklich nachvollziehbar war, da Bilanz und GuV m.E. wild durcheinanderkommuniziert wurden und es den Anschein machte, dass der englischsprachige Call auch den Vorstand an dieser Stelle überforderte. Zudem rechnet angesichts der GuV-Darstellung jeder Beobachter die Einmalerträge schnell aus der GuV heraus und sieht zunächst überhaupt keine Einmalkosten. Das dann nicht ordentlich zu erklären, ist schon recht fahrlässig. Das war gar nicht gut kommunikativ, zeigt sich dann ja auch am Kurs. Ich habe nach dem Kursrückgang dennoch einige Stücke nachgekauft. Das beruht erstens auf dem manuell um die 48 Mio Einmaleffekte bereinigtem EPS von 41 Cent im Q2 nach meiner Rechnung - und damit etwa 25% besser als im Q1. Aber es beruht auch auf dem Eindruck, dass heute morgen vor allem die Kommunikation das große Problem war - und nicht die Zahlen.
Ich will hier nochmals kurz das Jumptec Thema erörtern, aber vor allem auch weitere interessante Punkte erläutern die Im Call von der Jumptec-Thematik überlagert wurden und leider etwas zu kurz kamen:
Kontron Earnings-Call: ? Fünf Kernbotschaften für Investoren
Der Kapitalmarkt reagierte irritiert auf die Halbjahreszahlen der Kontron AG. Ein hoher Sonderertrag und eine auf den ersten Blick komplexe Prognoseanpassung sorgten für Unsicherheit. Für Investoren, die mit dem Unternehmen vertraut sind, lohnt sich jedoch ein tieferer Blick in den Halbjahresbericht, die Präsentation und die Aussagen des Managements. Abseits der bilanziellen Komplexität sendete der Vorstand fünf klare Signale, die die konsequente Transformation des Konzerns unterstreichen.
1. Strategischer Meilenstein COM-Geschäft: Die Logik hinter dem Einmalertrag
Die zentrale Nachricht des zweiten Quartals war die Dekonsolidierung des Computer-on-Module (COM)-Geschäfts. Hierbei handelt es sich nicht um einen Verkauf, sondern um eine strategische Partnerschaft. Der Weltmarktführer congatec hat im Rahmen einer Kapitalerhöhung die Kontrolle (96 %) über das in die JUMPtec GmbH ausgegliederte Geschäft übernommen. Kontron bleibt mit 4 % beteiligt. CEO Hannes Niederhauser nannte die Transaktion eine ?Dekonsolidierung durch Verwässerung? und betonte die Logik dahinter: ?Als Mitgesellschafter hat Kontron weiterhin Zugang zur COM-Technologie/zu den Produkten ? wir müssen Produkte nicht mehr zweimal entwickeln?.
Die Überleitung zum Sondereffekt: Die Transaktion führte zu einem Einmalertrag von vorläufig rund 48 Mio. ?, der das EBITDA im zweiten Quartal massiv erhöhte. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
- Sonstige betriebliche Erträge: Aus der Transaktion wurden rund 96 Mio. ? als sonstige betriebliche Erträge gebucht.
- Sonderkosten: Dem stehen Einmalkosten in Höhe von ca. 47 Mio. ? gegenüber. Diese umfassen laut Management-Aussagen primär Wertberichtigungen auf Lagerbestände (ca. 25 Mio. ?), Personalrestrukturierungen (ca. 10 Mio. ?) sowie Rückstellungen und sonstige Kosten (ca. 12 Mio. ?).
- Netto-Effekt: Daraus ergibt sich der ausgewiesene Netto-Sondereffekt von 48 Mio. ? auf EBITDA-Ebene. Das Management betonte jedoch, dass diese Zahlen noch nicht final sind und im Geschäftsbericht finalisiert werden.
- Weitere Effekte: Operativ rechnet Kontron durch den Wegfall des COM-Geschäfts 2025 mit einem Umsatzverlust von 60 Mio. ? bei einem negativen EBITDA-Beitrag von 5 Mio. ?. Schon 2026 soll sich der Effekt jedoch durch Synergien im Software-Verkauf drehen und trotz 30 Mio. ? weniger Umsatz zu einem positiven EBITDA-Beitrag von 4 Mio. ? führen. - Liquidität: Besonders wichtig ist der erwartete Cash-Effekt. Neben bereits erhaltenen Zahlungen wird ein signifikanter Cash-Zufluss von 126 Mio. ? im Jahr 2026 erwartet. - Darüber hinaus gibt es eine Earn-Out-Komponente, die ?je nachdem, wie gut diese Zusammenarbeit funktioniert? in den nächsten Jahren bis zu maximal 50 Mio. ? betragen könnte.
2. Die Katek-Akquisition: Ein notwendiger, aber schmerzhafter Umbau
Während die strategische Ausrichtung positive Ergebnisse liefern wird, erweist sich die Integration der Katek SE zunehmend als komplexer und kostspieliger Sanierungsfall. Die aggressive Bereinigung des von Katek übernommenen Portfolios ist einer der Hauptgründe für die Reduzierung der Umsatzprognose. Das Management trennt sich gezielt von umsatzstarkem, aber margenschwachem EMS-Geschäft (Electronic Manufacturing Services), das nicht zur strategischen Ausrichtung passt. Im Earnings Call wurde bestätigt, dass die Reduzierung der Umsatzprognose über den reinen COM-Effekt hinausgeht und direkt mit dem ?Herunterskalieren des Katek EMS-Geschäfts? zusammenhängt. CEO Niederhauser sprach von Verträgen mit ?12 % Bruttomarge?, die man aktiv beendet, sobald sich die Möglichkeit ergibt aus den jeweiligen Verträgen herauszukommen.
Dieser schmerzhafte, aber notwendige Schritt dient dazu, die Profitabilität des Konzerns nachhaltig zu steigern. Gleichzeitig wird das verbleibende ODM-Geschäft auf Profit getrimmt und neues, margenstarkes Geschäft ? etwa mit Bosch, Porsche e-bike und Einhell ? gewonnen, bei dem Kontron eine Marge von mindestens 20 % anstrebt.
3. Klarer Fokus: ?Software + Solutions? als Zukunft des Konzerns
Das Herzstück der Kontron-Strategie ist der Ausbau des hochprofitablen Segments ?Software + Solutions?. Im Vorwort des Halbjahresberichts heißt es dazu: ?Ein Drittel der Umsätze und bereits über 50% aller neuen Aufträge sowie mehr als die Hälfte der Gewinne von Kontron stammt aus diesem Bereich?. Die Fakten unterstreichen diese Aussage:
- Es erwirtschaftet rund 35 % des Konzernumsatzes. - Die operative EBITDA-Marge liegt bei starken 17,7 % und soll im Gesamtjahr die Marke von 20 % erreichen. - CEO Hannes Niederhauser gab im Call eine klare Marschroute vor: Der Umsatzanteil des Segments ?Software + Solutions? soll in den nächsten zwei bis drei Jahren auf 70-80 % ansteigen. - Dieses Ziel wird durch eine massive Auftrags-Pipeline von über 7,7 Mrd. ? untermauert. - Das eigene Betriebssystem KontronOS soll dabei eine Schlüsselrolle spielen und nach Unternehmensziel ?bis 2028 in über 30 Mio. vernetzten Anwendungen installiert sein?.
4. Neue Prognose: Ausdruck der konsequenten Transformation
Die angepasste Prognose für das Gesamtjahr 2025 ist die logische Konsequenz der strategischen Neuausrichtung. Die Philosophie dahinter fasste Hannes Niederhauser prägnant zusammen: ?Wir haben eine Strategie, uns klar auf den Gewinn zu konzentrieren, nicht auf den Umsatz. Umsatz kostet Working Capital und Cash. Gewinn bringt Gewinn.?
- Umsatzprognose: Gesenkt von 1,9 Mrd. ? auf 1,8 Mrd. ?
- EBITDA-Prognose: Deutlich angehoben von mindestens 220 Mio. ? auf mindestens 270 Mio. ? Die Umsatzreduktion reflektiert den Wegfall des COM-Geschäfts und die bewusste Portfoliobereinigung im Katek-Bereich. Die massive Erhöhung des EBITDA-Ziels ist primär auf den Einmalertrag aus der COM-Transaktion zurückzuführen. Bereinigt um Sondereffekte signalisiert Kontron jedoch ein starkes organisches EBITDA-Wachstum von über 14 % für 2025.
5. Zukunftstreiber: Von der Schiene bis zur globalen Industrie
Kontron ist in mehreren hochattraktiven Zukunftsmärkten hervorragend positioniert, um die strategischen Ziele zu erreichen:
- Bahntechnik: Im Bericht heißt es: ?Kontron ist der erste Anbieter des zukünftigen FRMCS-Bahnstandards und Marktführer in Europa?. Dies untermauern strategische Großaufträge, wie der dreistellige Millionen-Deal mit der französischen Staatsbahn SNCF.
- Verteidigung & Luftfahrt: Dank hoher Sicherheitszertifizierungen (z.B. ITAR für das US-Militär ) ist Kontron ein gefragter Partner für Kommunikationslösungen. Wichtige Projekte für die Bundeswehr und die Bundesdruckerei gehen in der zweiten Jahreshälfte in die Serienfertigung. - Resilienz & globale Präsenz: Kontron sieht sich gut gegen mögliche US-Zölle aufgestellt. Mit Fabriken in Kanada und den USA könne man ?alle unsere Umsätze in den USA selbst machen? und wäre von Importen unabhängig. - Industrielle Großprojekte: Langfristiges Wachstum wird durch Partnerschaften mit Weltkonzernen wie Caterpillar (autonome Baumaschinen), GE Vernova (Kraftwerkssteuerung) und Medtronic (Operationsroboter) getragen.
Fazit für Aktionäre
Trotz der kurzfristigen Irritation am Markt ist die strategische Entwicklung von Kontron klarer und konsequenter denn je. Der Umbau zu einem Anbieter hochmargenstarker IoT-Lösungen schreitet erfolgreich voran. Die Fokussierung auf Profitabilität, die schmerzhafte, aber notwendige Sanierung des Katek-Portfolios und die Stärkung des Kerngeschäfts ?Software + Solutions? sind die richtigen Schritte. Die verbesserte Ergebnisprognose und der prall gefüllte Auftragsbestand bestätigen diesen Kurs. Ich vermute, dass Kontron sich bei der Bildung von Rückstellungen im Zuge der Jumptec Entkonsolidierung vorsichtshalber auf die sichere Seite gelegt hat und die Kosten tendenziell etwas zu hoch angesetzt hat. Das könnte in Zukunft zu weiterem Rückenwind sorgen, wenn Rückstellungen eventuell wieder aufgelöst werden können.
Wie komme ich darauf: Kontron gab zunächst einen Ergebniseffekt von 50-70 Mio. ? EBITDA aus der Jumptec Entkonsolidierung an. Jetzt werden die Kosten so angesetzt, dass der Ergebniseffekt mit 48 Mio. ? das untere Ende des Ranges leicht unterschreitet. Wie Kontron aber selbst sagt ist das nur eine Schätzung - Ich vermute eine konservative Schätzung
Gruß,
Johannes
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