Zusammenfassung Die Rohstoffrisikoberichte der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissen- schaften und Rohstoffe (BGR) haben das Ziel, deutsche Unternehmen dabei zu unterstützen, potenzielle Preis- und Lieferrisiken auf den Rohstoffmärkten frühzeitig zu erkennen, um gegebenenfalls geeignete Ausweichstrategien in der Beschaffung zu entwickeln. In der vorliegenden Studie werden die aktuelle Versorgungslage sowie Risiken der zukünftigen Versorgung mit Kobalt für den Zeitraum bis einschließlich 2026 detailliert betrachtet. Die Kobaltnachfrage wird sich in den kommenden Jahren hochdynamisch entwickeln. Wir gehen davon aus, dass sich der Gesamtbedarf nach Kobalt, je nach Szenario, von heute knapp 110.000 t auf 187.500 t bis 225.360 t im Jahr 2026 mehr als verdoppeln wird. Größter Wachstumstreiber der Nachfrage sind vor allem wiederaufladbare Batterien, in denen Kobalt als Kathodenmaterial eingesetzt wird. Das größte Wachstum entfällt mit Abstand auf Anwendungen in der E-Mobilität, aber auch die Speicherung regene- rativer Energien sowie mobile Applikationen wirken sich steigernd auf die zukünftige Nachfrage aus. Dies stellt eine große Herausforderung in die Bereitstellung neuer Kobalteinheiten dar – sowohl im Up- als auch im Downstream-Bereich. Ein unübersehbarer Vorbote dieser neuen Konstellation im Kobaltmarkt ist die jüngste Preisentwick- lung: Seit Ende 2016 hat sich der Preis für Kobalt mehr als verdreifacht und stieg kurzfristig auf knapp 97.000 US$/t an. Die historische Preisentwicklung zeigt, dass Kobalt eine hohe Volatilität aufweist und es auch in der Vergangenheit zu kurzfristigen Preispeaks kam. Wenngleich der stark gestiegene Kobaltpreis die Abnehmer belastet, werden dadurch notwendige Investiti- onsentscheidungen zum Ausbau neuer Kapazitäten beschleunigt. Entsprechend sind wir optimistisch, dass es der Bergbauindustrie durch die Erschließung neuer Projekte und die Erweiterung bestehender Anlagen gelingen wird, die stark steigende Kobaltnachfrage zu bedienen. Insgesamt könnte sich das Kobaltangebot im Jahr 2026 auf rund 224.740 t erhöhen. Dieses optimistische Szenario unterstellt, dass fast alle Projekte mit den heute angekündigten Kapazitäten auch in Produktion gehen. Mit Blick auf die Vergangenheit zeigt sich jedoch, dass meist nicht alle Projekte pünktlich und in vollem Umfang die Produktion aufnehmen. Diese Annahme greifen wir durch eine Reduzierung der erwarteten Bergwerksförderung 2026 um 15 % auf, womit dem Markt ein Kobaltangebot von lediglich rund 192.930 t zur Verfügung steht. Die Deckung von Kobaltbedarfen jenseits 250.000 t im Jahr 2026, wie derzeit von einigen Analysten angenommen, ist unserer Meinung nach nicht realisierbar. Temporäre Angebotsdefizite aufgrund von Verzögerungen in der Inbetriebnahme der neuen Projekte kön- nen zudem zu erheblichen Problemen in der Versorgung (Upstream) führen. Insgesamt wären Ausfälle von Produktionskapazitäten aufgrund von bspw. Streiks, Unruhen, politischer Einflussnahme, Naturereignissen etc. in dem sehr engen Gesamtmarkt derzeit kaum zu kompensieren. Der weltweite Kobaltmarkt ist insbesondere durch eine hohe Angebotskonzentration bei der Bergwerks- förderung als auch bei der Weiterverarbeitung von kobalthaltigen Erzen und Zwischenprodukten gekenn- zeichnet. Aus der DR Kongo stammen bereits heute mehr als 60 % der Bergwerksförderung – der Anteil wird 2026 auf über 70 % steigen. Mit dieser weiterhin steigenden Angebotskonzentration verbunden mit hohen Länderrisiken der Bergwerkwerksförderung bleiben die Beschaffungsrisiken insgesamt in einem sehr kritischen Bereich. Ein Großteil der neuen Kobalteinheiten aus der DR Kongo stammt aus industriellem Bergbau. Die stark gestiegenen Kobaltpreise haben jedoch auch zu einem Zustrom von Arbeitskräften in den Artisanal- und Kleinbergbau (ASM) geführt. Der ASM wird auch zukünftig einen substanziellen Beitrag zur Gesamtförde- rung beitragen. Zu groß ist die wirtschaftliche Bedeutung des Kleinbergbaus für die lokale Bevölkerung. Entsprechend wichtig ist die Etablierung anerkannter und durch alle beteiligten Gruppen akzeptierter 10 Standards für einen verantwortungsvollen Bezug von Kobalt, um gemeinsam mit den lokalen Behörden und Unternehmen vor Ort die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Neben der hohen Angebotskonzentration im Bereich der Bergwerksförderung hat China in der Weiter- verarbeitung mittlerweile eine marktbeherrschende Position aufgebaut. China kontrolliert heute bereits mehr als 60 % der globalen Raffinadeproduktion. Signifikante Produktionskapazitäten außerhalb Chinas bestehen zwar in Finnland, Belgien, Kanada, Russland, Japan, Norwegen und Australien, jedoch überwie- gend für Kobaltmetall. Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass China seine Produktionskapazitäten weiter ausbauen wird. Dies gilt insbesondere für Kobaltchemikalien. Hier ist der Marktanteil von China mit 81 % sogar noch größer. Vor allem asiatische Zell- und Batterieproduzenten versuchen sich durch Übernahmen, Joint Ventures und langfristige Abnahmeverträge die Kobaltversorgung zu sichern. Ein Beispiel für eine Übernahme im Bereich der Bergwerksförderung war im Jahr 2015 die Akquisition der Lagerstätte Tenke Fungurume durch China Molybdenum Co. Ltd. im Wert von 2,65 Mrd. US$. Für Aufsehen hat auch der publik gewordene Liefervertrag zwischen GEM und Glencore gesorgt. Nach übereinstimmenden Medienberichten hat sich GEM bis 2020 Lieferungen von insgesamt rund 53.000 t Kobalt gesichert. Daneben wurde ein Joint Venture zwischen Huayou Cobalt und LG Chem zur Lieferung von Vorläufer- und Kathodenmaterial bekannt. Diese bekannten Vereinbarungen zeigen, dass sich die asiatischen Produzenten im Bereich der Kobaltsicherung strategisch positionieren, um sich in dem expandierenden Markt zu behaupten. Prognosen zu zukünftigen Angebotsmengen sind mit einem Unsicherheitsfaktor behaftet, weshalb die dar- gestellten Szenarien zur zukünftigen Marktdeckung nur als Marktbarometer zu verstehen sind. Verlässliche Aussagen über das Jahr 2026 hinaus sind aufgrund zahlreicher Unwägbarkeiten bei der Quantifizierung von Explorationsfortschritten oder von Technologieentwicklungen auf der Anwenderseite nicht sinnvoll. Zusätzlich gilt es anzumerken, dass es trotz Angebotsüberschüssen bei einzelnen Produktqualitäten durch- aus zu Lieferengpässen kommen kann. Die Rückgewinnung von Kobalt durch das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien wird heute bereits durch- geführt; entsprechende großtechnische Prozesse stehen zur Verfügung. Bei einem Markthochlauf der E-Mobilität werden, unter Berücksichtigung der potenziellen Lebensdauer der Batterien, das Recycling und die Wiederverwertung in Zukunft eine wichtige Komponente im Rohstoffkreislauf darstellen. Jedoch wird vor dem Jahr 2030 kein signifikanter Beitrag des Recyclings von LIB-Zellen aus der E-Mobilität für die Rohstoffversorgung erwartet. Ein geschlossener Kreislauf sollte dennoch oberstes Ziel sein. Auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse sollten deutsche Unternehmen, die Kobalt verarbeiten oder in ihren Produkten einsetzen, den Markt intensiv beobachten und geeignete Ausweichstrategien wie etwa langfristige Lieferverträge oder Projektbeteiligungen gegen eventuelle Lieferengpässe und starke Preis- steigerungen entwickeln.
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