DJ Viele Fragezeichen beim Euro-Disney-Poker von Center-Tainment 2006-12-12
DÜSSELDORF/PARIS (Dow Jones)--Eine Woche nach dem Scheitern der feindlichen Übernahme von Euro Disney durch die bis dato völlig unbekannte schweizerische Center-Tainment AG kommen immer mehr Zweifel an der Seriosität des Übernahmegebots auf. So wurden seit dem Listing der Center-Tainment AG an der Frankfurter Börse Ende September Management und Geschäftsmodell des Unternehmens ausgetauscht und es gibt mehr Fragen als Antworten zur Vergangenheit der auf Seiten des Unternehmens agierenden Personen.
Peter Koch, Geschäftsführer bei der Xchange Brokers GmbH, die Center-Tainment im September an die Frankfurter Börse brachte und daher am ehesten mit der Geschichte des Unternehmens vertraut sein müsste, versteht die jüngsten Entwicklungen selbst nicht mehr. "Ich weiß nur das, was auch in den Zeitungen steht," sagte Koch zu Dow Jones Newswires.
Die Manager von Center-Tainment, die Koch vor dem Listing im September kennengelernt hat, sind heute alle nicht mehr im Unternehmen, wie Koch berichtet. Weder Ulf H. Werner, der heute als Präsident des Verwaltungsrates von Center-Tainment fungiert, noch Thomas von Hagen, der bei einer jüngsten Pressekonferenz des Unternehmens in Paris auftrat, habe er je kennengelernt, so Koch.
Werner selbst gab Ende November in einem Interview mit Dow Jones Newswires an, er habe zuvor für eine große deutsche Bank gearbeitet. Den Namen des Instituts wollte er jedoch auch auf Nachfrage nicht nennen.
Recherchen von Dow Jones Newswires haben ergeben, dass Werner gegenwärtig auf freiberuflicher Basis Bausparverträge vermittelt.
Bei der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität (DGAP) hat Center-Tainment eine Kontakttelefonnummer hinterlegt, unter der die "Allianz Versicherung Ulf Herbert Werner" im norddeutschen Seevetal verzeichnet ist. Unter der Unternehmensadresse im schweizerischen Zug ist kein Telefonanschluss von Center-Tainment aufgeführt.
Ein Allianz-Sprecher sagte Dow Jones Newswires, dass Werner freiberuflicher Vertriebspartner der Allianz Dresdner Bauspar AG sei. Es habe sich um eine kurzfristige Partnerschaft gehandelt, die seitens des Unternehmens zwischenzeitlich aufgekündigt worden ist und Ende des Jahres ausläuft.
Zu den Gründen wollte sich der Allianz-Sprecher in der Öffentlichkeit nicht äußern. Sie hätten aber nichts mit dem Engagement von Werner im Management von Center-Tainment zu tun, so der Sprecher. Er betonte auch, dass Werner in seiner Funktion als Vertriebspartner nicht Angestellter des Unternehmens gewesen ist. Trotz mehrmaliger Nachfrage stand Werner für eine weitere Stellungnahme nicht zur Verfügung.
Die Center-Tainment AG selbst hat in einer Pressemitteilung Anfang Dezember für sich in Anspruch genommen, über Managementkapazitäten zu verfügen, die auf "langjährige Erfahrungen in der Freizeitindustrie" zurückgreifen können. Diese Erfahrung nimmt Thomas Von Hagen,der nach Angaben von Werner als Projektchef nach einer erfolgreichen Übernahme die Leitung von Euro Disney übernehmen soll, für sich in Anspruch. Auf der Pressekonferenz des Unternehmens in Paris sagte von Hagen in der vergangenen Woche, er habe zuvor für Euro Disney gearbeitet.
Nach Dow Jones Newswires vorliegenden Informationen hat ein Thomas von Hagen aber nie für Euro Disney gearbeitet.
Nach Angaben einer mit der Sachlage vertrauten Person seien bei Euro Disney verschiedene Schreibweisen des Namens überprüft worden. Auch bei der Walt Disney Co, die knapp 40% der Aktien von Euro Disney hält, sei kein früherer Mitarbeiter dieses Namens bekannt. Von Hagen selbst war trotz mehrfacher Versuche nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Auch Koch kennt von Hagen nicht als Vertreter des Unternehmens. Als der Broker die Unterlagen für den Börsengang von Center-Tainment zusammenstellte, waren andere Manager am Ruder und das Unternehmen hatte andere Ziele.
"Ein Freizeitpark in Bremerhaven sollte mit Fördermitteln der Europäischen Union errichtet werden, darum strebte die Gesellschaft mit Sitz in Zug an die Börse. Als Asset sollte ein bestehender Kletterpark bei Kiel eingebracht werden," sagte Koch zu Dow Jones Newswires. Von einer Übernahme von Euro Disney war nicht die Rede.
Dennoch sind wohl vor allem Kleinanleger auf die Geschichte von Center-Tainment aufgesprungen. "Dies lässt sich an der Vielzahl der Kursfeststellungen ablesen", sagte Koch.
Seinen Angaben zufolge sind zwischen der Notierungsaufnahme am 27. September und der Pressekonferenz am 30. November in Paris, auf der die Übernahmepläne für Euro Disney enthüllt werden sollten, rund 5.000 Stück der Center-Tainment-Aktie gehandelt worden, wobei 34,50 EUR das Allzeithoch markierten.
Nach der Pressekonferenz brach das Papier ein. Wurde es tags zuvor noch mit 18 EUR gehandelt, waren es anschließend nur wenige EUR-Cents. Am Dienstagmorgen notierte das Center-Tainment-Papier bei 0,10 EUR. Kurzfristig durcheinander gewirbelt wurde auch die Euro-Disney-Aktie, die bei den aufkommenden Gerüchten über eine mögliche feindliche Übernahme des Freizeitparks vor den Toren der französischen Hauptstadt einen Kurssprung von 29% hingelegte. Am Dienstagmorgen wurde das Euro-Disney-Papier mit 0,07 EUR gehandelt.
Die Übernahmepläne für Euro Disney sind dabei inzwischen wohl gescheitert. Bei der französischen Finanzmarktaufsicht Autorite des Marches Financiers (AMF) war bis zum 4. Dezember keine formale Offerte durch Center-Tainment zur Übernahme von Euro Disney eingereicht worden, womit die vorherige Ankündigung eines solchen Angebots hinfällig geworden ist. Nach den Bestimmungen der AMF darf Center-Tainment jetzt sechs Monate lang kein weiteres Gebot für Euro Disney vorlegen. Zudem hat die französische Behörde eine formale Untersuchung des Vorgangs eingeleitet.
Unterdessen verteidigte die Deutsche Börse AG, dass es die Aktie von Center-Tainment an den Frankfurter Handelsplatz geschafft hat.
Das Unternehmen habe nur die Zulassung für ein gering reguliertes Marktsegment beantragt. "Das Unternehmen hat die formalen Kriterien für die Zulassung in das Open-Market-Segment erfüllt. Eine inhaltliche Prüfung findet grundsätzlich nicht statt", sagte eine Sprecherin auf Nachfrage. Sie sei Sache der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Im Gegensatz zum geregelten Markt gelten im Freiverkehr, einem privatrechtlich organisiertem Segment, nur wenige Voraussetzungen für die Handelsaufnahme. Auch gebe es keine Folgepflichten, wie beispielsweise eine Quartalsberichterstattung, erläuterte die Sprecherin des Frankfurter Handelsplatzes.
-Von Archibald Preuschat, Dow Jones Newswires, +49 (0) 211 138 72 18
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