Du wirkst du nicht wie jemand, der seit Jahren schon an der Börse ist, sondern eher wie jemand, der ein Value-Investing Buch von Benjamin Graham aus der Mottenkiste hervorgekramt hat und meint, er hätte jetzt alle Weisheit, die es braucht. Ich war schon geneigt etwas zu schreiben, als du meintest ein KGV von 10 wäre hier als fair anzusehen. Ich habe es mir verkniffen, aber jetzt kommst du mit einem KUV von 1, was als günstig angesehen wird.
1. Es gibt kein allgemein gültiges KGV oder KUV, was sich branchenübergreifend auf alle Werte übertragen lässt. Es ist eine Frage des Wachstums, des Burggrabens und der Marge. Es wäre unsinnig, ein Unternehmen mit 20% Wachstum genauso zu bewerten wie ein Unternehmen dessen Umsätze stagnieren werden. Genau das Gleiche beim Gewinn. Nicht ohne Grund gilt das PEG als deutlich besserer Messwert, da es das Wachstum im Verhältnis zur Bewertung betrachtet.
2. Nun zu Enphase: Du hast Recht, auf Basis von den erwarteten 2021 Umsätzen von 1,38 Milliarden liegt das EV/Sales bei 14,5 und damit ziemlich hoch. Allerdings steigt der Umsatz in den nächsten fünf Jahren jährlich um etwa 29%, was einen Umsatz von 2026 von 4,9 Milliarden ergibt. Das EV/Sales Multiple liegt dann nur noch bei 4, was ich als sehr attraktiv ansehe. Im Gegensatz zu früher erwirtschaftet Enphase mittlerweile sehr hohe Free Cashflows und kommt dort auf eine Marge von 25%, welche sich in den kommenden Jahren noch verbessern dürfte. Alleine dadurch rechtfertigt sich schon ein höheres Bewertungsmultiple. Der Gewinn dürfte laut Schätzungen auf 1,1 Milliarden kommen. Zu Bedenken ist hierbei, dass Enphase gerade bei den Gewinnschätzungen die Erwartungen der Analysten regelrecht weggefegt und durchschnittlich in den letzten Jahren jeweils 25% darüber lag. Auch die Umsatzschätzungen könnten noch konservativ geschätzt sein, wenn man sich die Investor Day Konferenz anschaut. Auch wenn die Revisionen berücksichtigt werden: Ende 2019 wurden noch 1,5 Milliarden Umsatz für 2025 geschätzt, jetzt sind es schon 3,6 Milliarden.
3. Auch aus diesen Rechnungen wird deutlich: Enphase ist trotz dieser Aussichten alles andere als ein Value Schnäppchen, aber ist auch weit entfernt von deinem prognostizierten 90% Drawdown. Aber ich bin viel mehr bereit dazu ein 60er KGV für über 30% Gewinnwachstum p.a. in den nächsten Jahren zu zahlen, als ein 30er KGV für eine Procter & Gamble mit vielleicht 5% Wachstum pro Jahr. Im Discounted Cashflow komme ich auf eine überdurchschnittliche Renditeerwartung von 14% p.a. für die nächsten zehn Jahre ohne jetzt optimistisch geschätzt zu haben. Das macht Enphase für mich aktuell sehr kaufenswert, auch wenn ein Fortsetzten des Abwärtstrends angesichts des Marktumfelds durchaus möglich ist. Fundamental würde es jedoch nichts an dem Investment Case ändern. Wenn du dich mit Value Aktien wohler fühlst, ist das kein Problem, aber dann solltest du bitte nicht deine Modelle auf Wachstumsaktien übertragen. Ich meine nach deinen Vorstellungen wären Amazon, Alphabet, Meta, Nvidia, Adobe, Salesforce, ServiceNow, Microsoft usw. zu keinem Zeitpunkt in den letzten 20 Jahren kaufenswert gewesen...
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