Eines ist sicher: Videotheken-Besitzer sind eine aussterbende Spezies. Um aktuelle Spielfilme, TV-Serien oder interessante Dokus ansehen zu können, müssen Filmfans heute nur noch den Rechner hochfahren.
Keine Fahrt mehr zum Verleih, kein Frust, weil der Wunschfilm schon weg ist ? und erst recht kein Ärger mit Öffnungszeiten. Der US-Marktführer Netflix hat so die einst dominierende Videotheken-Kette Blockbuster bereits in die Insolvenz getrieben.
Gut die Hälfte der deutschen Onliner schaut sich heute bereits regelmäßig Videos im Internet an. Immer mehr von ihnen sind bereit, auch dafür zu bezahlen. Und so ist es kein Wunder, dass eine wachsende Zahl großer Konzerne mit virtuellen Videotheken ins Netz geht.
Angeheizt wurde das Interesse an VoD hierzulande durch eine Veränderung des Fernsehkonsums. Vor allem beim jüngeren Publikum. Anspruchsvolle TV-Serien ? meist aus den USA, aber auch aus Skandinavien ? werden dank VoD immer häufiger am Stück konsumiert, weil sie im Gegensatz zum klassischen Kinofilm eben immer verfügbar sind.
?Binge Watching? heißt der neue Trend. Übersetzen könnte man das mit: Glotzen bis zum Abwinken oder auch: Koma-Glotzen. ?Binge-Watching ist definitiv auf dem Vormarsch?, meint Lucy Hood, die kurzzeitig auch mal Chefin des Klingelton-Anbieters Jamba war.
Sie hat Recht! Normales Fernsehen, insbesondere die privaten Kanäle, sind aus meiner Sicht mittlerweile unerträglich geworden. Ein unterirdisches Niveau und ständige Werbeunterbrechungen machen das Programm ungenießbar.
Die Flucht in hochwertige US-Produktionen wie Breaking Bad, Dexter oder Homeland liegt da nahe ? und wenn man erst mal angefixt ist, kann das schon im Mal im Binge-Watching enden, weil man nicht aufhören kann zu schauen.
Hood, jetzt Präsidentin der Academy of Television Arts & Sciences und leidenschaftliche Fernsehmacherin aus dem Hause News Corp, sieht folgerichtig einen radikalen Wandel auf das Medium Fernsehen zukommen.
Nicht nur in den USA: ?Das USC Institute for Creative Technologies hat jüngst in einer Studie herausgefunden, dass längst mehr als 60 Prozent der Amerikaner Binge-Watching machen. Je jünger die Zuschauer, desto intensiver ist dieser Trend zu beobachten. Und was bei uns Trend ist, ist es auch bald in Europa.?
Machen Sie den Test und fragen Sie in Ihrem Bekanntenkreis. Sie werden feststellen, dass das Phänomen ?Binge-Watching? schon in vielen Haushalten angekommen ist. Der Fachbegriff lautet nicht-lineares Fernsehen.
Die TV-Landschaft wird sich in den nächsten Jahren drastisch verändern. Mit Hilfe eines einfachen HDMI-Kabels kann bereits heute jeder Konsument sein Smartphone, Tablet oder Laptop mit dem Fernseher verbinden und via Internet genau das konsumieren, was er möchte.
Dieses sogenannte Multiscreen-Nutzerverhalten schafft weitere Fernsehwelten, die sich eventuell sogar gut ergänzen.
In jedem Fall macht es Sinn, dass alle größeren Medienunternehmen ? von Apple über Google bis hin zur Deutschen Telekom ? nach neuen Potenzialen suchen und sich auf dem VoD-Markt positionieren. Schon allein um sich unabhängiger vom Werbemarkt zu machen, ist das wichtig.
Schließlich ist Werbung ein sehr zyklisches Geschäft. Die Einnahmen hier hängen stark vom jeweiligen Zustand der Wirtschaft ab. Mit Bezahlmodellen wie VoD kann man die Einnahmen perfekt diversifizieren.
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