e-m-s new media AG: Brief des Vorstands an die Aktionäre
09.12.2005 (11:09)
Liebe Aktionäre, sehr geehrte Damen und Herren, in den vergangenen Tagen hat es ja einigen Wirbel um unsere Aktie gegeben. Der Kurs war zeitweilig kräftig abgesackt, hat sich nun aber wieder stabilisiert. Der ein oder andere von Ihnen ist vielleicht verunsichert, wie es mit der e-m-s weiter geht. Bitte lassen Sie mich Ihnen daher über den Quartalsbericht hinaus einiges näher erläutern.
Was war passiert?
Wir hatten für dieses Jahr einen Zuwachs im zweistelligen Bereich in unserem Kerngeschäft, dem Verkauf von DVDs, prognostiziert. Dies werden wir nicht erreichen. Voraussichtlich werden wir sogar etwas weniger Umsatz als im vergangenen Jahr machen. Wieso?
Die e-m-s hat in 2003 durch neue Mitarbeiter im Vertrieb und die damit verbundene veränderte Strategie ihren Turnaround geschafft und in 2004 den erfolgreichen Weg fortgesetzt. Dieser Erfolg war zum großen Teil auf unsere neue Preispolitik - unsere B- und C-Movies müssen preiswerter als die Blockbuster sein - zurück zu führen. Dabei hatten wir erstmals in der Branche den Endverbraucherpreis von 4,95 Euro eingeführt und mehr als 50 % unseres Umsatzes mit Produkten unter 10,00 Euro erzielt.
Unsere Branche ist sehr transparent. Jedes Mitglied unseres Bundesverbandes bekommt die kompletten Statistiken des Marktforschungsunternehmens GfK zur Verfügung gestellt, aus denen man - bis auf den einzelnen Titel herunter gebrochen - den Umsatz eines jeden Anbieters mit Einzelpreis und der verkauften Stückzahl ersehen kann. Da wir erfolgreich waren, blieb es nicht aus, dass unsere Wettbewerber ebenfalls ihre Preise senken würden. Dies taten zunächst die deutschen Anbieter und in diesem Jahr sogar verstärkt die amerikanischen Firmen wie Warner, Universal etc.. Zudem sind viele neue deutsche Firmen in das DVD Geschäft eingestiegen, um an diesem Wachstumsmarkt teilzuhaben. Einige ehemalige Musikfirmen verkaufen heute auch Spielfilme oder Special-Interest-Themen auf DVD.
Das kommt für uns nicht überraschend. Der Gute wird immer kopiert. Unser Vorsprung liegt darin, dass wir früher als andere Wege finden, um uns zu unterscheiden und unsere Marktnische zu finden. Bereits 2004 habe ich daher die Devise ausgegeben: �Hin zu den High-End-B-Movies�. Warum?
Die meisten unserer deutschen Wettbewerber verfügen nicht über die Liquidität, um neue Lizenzen für die High-End-B-Movies zu kaufen. Das stellen wir auf den Messen immer wieder fest, so zuletzt auf der AFM in Santa Monica. Daher sind die Filme bedeutend günstiger als noch vor Jahren zu bekommen.
Also galt es für die e-m-s in den letzten 18 Monaten, die entsprechende Liquidität zu beschaffen. Wir waren dabei erfolgreich. Zunächst bekamen wir in 2004 einen 5 Mio. Euro Investitionskredit unserer Hausbank und im August 2005 ein strukturiertes Nachrangdarlehn der HSBC über 15 Mio. Euro.
Damit wurde es uns ermöglicht, die gewünschten Filme zu kaufen. Rund zwei Drittel der uns zur Verfügung stehenden Summe haben wir bereits investiert. Kaum einer der neuen Filme wurde bisher auf DVD veröffentlicht. Bisher haben wir nur gesät, geerntet wird in 2006 und später. Warum?
Die High-End-B-Movies, für die wir alle Rechte, also auch die Kino- und TV-Rechte erwerben, wollen wir ins Kino bringen, weil damit das Absatzpotenzial für die DVD deutlich steigt. Ist der Film bezahlt, so vergehen in der Regel vier oder gar mehr Monate, bis der Film ins Kino kommt. Der Film muss meistens noch synchronisiert werden, dann wird er in Pressevorführungen vorgestellt (2 Monate vor Kinostart wegen den Vorlaufzeiten der Monatsmagazine) und beworben werden muss er auch. Die Herausbringungskosten müssen unmittelbar bei der Entstehung gebucht und auch bezahlt werden. Erlöse hat man aber bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erzielt.
Erst 6 Monate, manchmal 4 Monate, nach Kinostart wird der Film auf DVD in den Videotheken veröffentlicht. Erst einige Wochen später kommt er dann in den Handel. Ein verspäteter Kinostart verzögert also auch die Veröffentlichung auf DVD.
Wir haben uns vor mehr als einem Jahr entschlossen, unsere Filme durch einen eigenen Filmverleih in die Kinos zu bringen. Zwar haben wir uns wegen der Auswahl unserer Titel �Monster", �Oldboy", �The Machinist" und �Dumplings" schon einen Namen gemacht, aber bis auf �Monster� mit unseren Filmen im Kinoverleih kein Geld verdient, sondern draufgezahlt.
Auch wir haben Lehrgeld zahlen müssen. Um dieses so gering wie möglich zu halten und mehr Zeit zum Lernen zu haben, war die Anzahl der in 2005 veröffentlichten Filme geringer als Anfang des Jahres geplant. Deshalb sind auch viele für 2005 zur Veröffentlichung auf DVD geplanten Filme nicht erschienen. Dies hat Umsatz gekostet. Unter den gegeben Umständen bin ich mit dem erreichten Umsatz in diesem schwieriger gewordenen Markt sogar zufrieden.
Mit den bisherigen TV-Verkäufen bin ich hoch zufrieden. Allerdings können wir diese erst ergebniswirksam fakturieren, wenn wir das Material an die Sendeanstalten geliefert haben und dieses dann abgenommen ist. In größerem Maße erfolgt dies erst ab 2006.
Es gibt aber auch noch Baustellen in unserem Unternehmen. Mit dem bisherigen Verlauf im Filmverleih kann ich nicht zufrieden sein. Zu oft unterschied sich die tatsächliche Besucherzahl von der geplanten. Somit haben wir zuviel Geld für die Herausbringung aufgewendet. Ich weiß allerdings auch, dass eine genaue Zuschauerprognose fast unmöglich ist. Dennoch haben wir einiges geändert, um zukünftig die Herausbringungskosten den späteren Einnahmen anzupassen. Gleichzeitig werden wir ab sofort die Anzahl der Veröffentlichungen drastisch erhöhen.
Mindestens 7 Filme werden wir alleine im ersten Quartal 2006 veröffentlichen. Die Internetseite des 3L Filmverleihs wird ab Ende des Jahres eine bessere Vorschau bieten. So können Sie sich demnächst dort selber überzeugen, dass die Qualität unserer Filme erheblich zugenommen hat.
Und alle diese Filme erscheinen dann noch 2006 auf DVD. Da kommt es uns gerade recht, dass die Videotheken-Umsätze wieder kräftig angezogen haben. Denn gerade für diesen Absatzkanal sehen wir für 2006 gutes Potenzial für unsere High-End-BMovies.
Nun bemängeln manche auch das gesunkene Geschäftsergebnis. Wie kam es dazu? Natürlich wirkt sich auch der leicht verringerte Umsatz im DVD-Bereich negativ aus. Hauptsächlich ist dies jedoch durch Verluste beim 3L Filmverleih entstanden. Zum Teil sind diese Verluste allerdings auch abrechnungstechnisch bedingt. Dies gilt gerade für ein Unternehmen, das diesen Geschäftszweig erst neu aufgenommen hat. Wie zuvor erläutert, haben wir Aufwendungen für Filme zu verbuchen, für die wir die Erlöse erst in einem späteren Abrechnungszeitraum erhalten.
Das Jahr 2005 ist für uns ein Übergangsjahr. Wir wollen nichts schön reden, aber für Schwarzmalerei gibt es auch keinen Grund. Nun werden wir alle bei der e-m-s mit sehr viel Fleiß und Kreativität an der Erreichung der hohen Ziele für 2006 arbeiten.
Wir werden es schaffen, denn wie lautet eines meiner Leitmotive: Wer seine Arbeit gut macht, für den wird sich auch der Erfolg einstellen.
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