Im Streit um das staatliche Wettmonopol und die Zulassung privater Sportwetten in Deutschland ist keinerlei Konsens zwischen den verschiedenen Interessengruppen in Sicht. Bei einer Anhörung im Bayerischen Landtag warfen die privaten Wettanbieter den staatlichen Lottogesellschaften am Donnerstag vor, unter dem Deckmantel der Suchtvorbeugung rücksichtslos das Monopol zu verteidigen. Anlass der Anhörung war die geplante Neuregelung der Sportwetten. Abgesehen vom Druck aus Brüssel hatte das deutsche Bundesverfassungsgericht im März die derzeitigen Regeln für Sportwetten für verfassungswidrig erklärt. Die Ministerpräsidenten der Länder verhandeln an diesem Donnerstag und Freitag in Bad Pyrmont über eine Neuregelung.
Der Münchner Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer warnte dagegen im Falle einer Liberalisierung der Sportwetten vor steigender Kriminalität. Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) plädierte für eine Beibehaltung des Monopols. Teilnehmer aller Gruppen beklagten das gegenwärtige rechtliche Chaos.
Die privaten Wettanbieter und ihre Anwälte verwiesen darauf, dass die EU auf eine Liberalisierung drängt und deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. Der Wettanbieter Fluxx warf der Staatsregierung unrechtmässige Methoden bei der Verteidigung des staatlichen Wettmonopols vor. So hätten in Bayern Sondereinsatzkommandos der Polizei 70 Wettbüros gestürmt und geschlossen. "Das ist illegal", sagte Geschäftsführer Stefan Hänel. Es gehe den Politikern nicht um den Schutz vor Spielsucht, sondern um die Geschäftsinteressen der Lottogesellschaften.
Der Münchner Polizeipräsident Schmidbauer warnte, dass private Wettbüros ideale Bedingungen für Geldwäsche böten. Ausserdem seien die Wetten leicht zu manipulieren, sagte er mit Blick auf den Wettskandal. Der Bayerische Fussball-Verband beklagte, dass derzeit zwar die staatliche Oddset-Wette nicht mehr im Fernsehen werben dürfe, aber die private Firma bwin weiterhin täglich auf den Fernsehschirmen auftauche - obwohl Oddset staatlich ist, mehrere Länder die privaten Wettanbieter aber für illegal halten. Eine Neuregelung sei dringend erforderlich, damit eine klare Rechtslage herrsche.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat sich in der Debatte über das staatliche Glücksspielmonopol für eine Übergangslösung ausgesprochen. "Wir müssen eine Regelung neu fassen, die sicherstellt, dass wir nicht ein unbegrenztes Wachstum des Marktes im Bereich der Sportwetten und des Spielens generell bekommen", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Bad Pyrmont. "Wir müssen zu einer Denkpause kommen und über die Laufzeit eines neuen Staatsvertrages nachdenken." Das Thema steht auf der Tagesordnung der Ministerpräsidenten, die bis Freitag auf ihrer Jahreskonferenz beraten.
Rheinland-Pfalz zufolge wird das Monopol voraussichtlich für die nächsten vier Jahre fortgeschrieben. Das Land hatte zuletzt an dem staatlichen Monopol gezweifelt und eine Öffnung für private Anbieter angeregt. Staatskanzleichef Martin Stadelmaier hatte aber am Mittwoch eingeräumt, dass Rheinland-Pfalz mit seiner Position in der Minderheit sei.
Dagegen hatte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff die Aufrechterhaltung des staatlichen Glücksspielmonopols befürwortet. Es gehe dabei um hunderte Millionen Euro aus dem Wett- und Lotteriemonopol, die dem Sport und wohltätigen Zwecken zu Gute kämen, hatte Wulff argumentiert. Zudem werde der Staat künftig entschiedener bei der Bekämpfung der Wettsucht vorgehen und seine Wächterfunktion wahrnehmen.
Die staatlichen Glücksspielgesellschaften führen aus den Wetteinsätzen der Bürger vier bis fünf Milliarden Euro pro Jahr in die Landeskassen ab. Derzeit streiten sich private Wettanbieter und Wettvermittler vor Gericht mit Länderbehörden über das Monopol. Das Bundesverfassungsgericht hatte das staatliche Monopol für den Fall als akzeptabel bezeichnet, dass der Staat die Spielsucht stärker bekämpfe. Bis Ende des Jahres muss der Gesetzgeber eine Neuregelung erlassen
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