Erst die Wirtschaftskrise, dann neue CO2-Vorschriften - die deutsche Autoindustrie kommt nicht aus der Kostenfalle. Laut einer aktuellen Studie drohen Daimler, Opel und Co. bis 2020 Zusatzbelastungen von bis zu 190 Milliarden Euro. Weitere Sparrunden dürften die Folge sein.
Hamburg - Wenn sich die Automobilisten in der zweiten Septemberhälfte in Frankfurt treffen, dann wird ein Thema alle anderen ausstechen: das Ökoauto. Die Internationale Automobil-Ausstellung IAA (17. bis 27. September) steht an, und alle werden auf Öko setzen.
Volkswagen präsentiert seinen geplanten Kleinwagen Up als Elektromobil; BMW stellt eine Hybridversion der Sportwagenlegende M1 vor; Mercedes lässt einen batteriegetriebenen Flügeltürer SLS auf die Bühne surren.
Doch die Wirtschaftskrise und die Liebe zum Ökomobil, erzwungen vom Klimawandel, werden teuer. Wie teuer, zeigt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey: Mehrbelastungen von 190 Milliarden Euro drohen bis zum Jahr 2020. 114 Milliarden Euro müssen die deutschen Autohersteller demnach alleine ausgeben, um die CO2-Vorgaben zu erfüllen. Jedes Auto wird für die Produzenten damit 1900 Euro teurer als heute, Produktivitätsfortschritte schon einkalkuliert. Sich nicht an die Vorgaben zu halten, ist keine wirkliche Alternative: Die Strafen wären weitaus höher als die Investitionen.
Die Europäische Union erlaubt den Autobauern ab 2020 nur noch einen durchschnittlichen Ausstoß von 98 Gramm pro Kilometer. Oder, umgerechnet, einen Verbrauch von 3,7 Liter Diesel je 100 Kilometer. Die Autobranche droht zum ewigen Patienten zu werden. Wenn sie die Finanzkrise halbwegs überstanden hat, werden die Ausgaben für neue Antriebe die Gewinne drücken.
Die McKinsey-Berater haben errechnet, dass die deutschen Autohersteller, Ford Europa und Opel inklusive, bis 2020 in keinem einzigen Jahr ihre Kapitalkosten verdienen werden. Zwei Auswege sieht McKinsey-Partner Christian Malorny: Erstens müssten die Hersteller ihre Sparbemühungen verstärken. Zweitens könne die Politik helfen.
"Die EU müsste Elektroautos bevorzugt behandeln", fordert Malorny. Das koste nicht einmal Geld. Es genüge, Elektromobile bei der Kalkulation des Flottenverbrauchs mehrfach anzurechnen.
Hoffnung auf neue Jobs dank Elektroautos
Gelänge es den deutschen Herstellern, im Jahr 2020 rund 600.000 Elektroautos in Europa zu verkaufen, könnten sie die notwendigen Investitionen pro Auto von 1900 auf 1200 Euro senken. Voraussetzung: Brüssel kalkuliert jedes verkaufte Elektromobil dreifach.
Noch allerdings ist die Branche von dem notwendigen Absatz weit entfernt. Infrastruktur, Batterien, es fehlt an allem; und die deutschen Hersteller tüfteln unkoordiniert vor sich hin. Um entscheidend vorwärtszukommen, müssten Auto- und Stromkonzerne ein gemeinsames Großprojekt starten, fordert Malorny: "Wir brauchen eine Modellregion, die gezielt gefördert wird." Dort könne die Industrie Zuverlässigkeit, Abrechnungssysteme und neue Dienstleistungen testen. Zielgröße für die Region: "mindestens 100.000 Elektroautos".
Lohnen würde sich die Mühe den Prognosen zufolge. Zwar werden bis 2020 weltweit bis zu 46.000 Arbeitsplätze im Bereich herkömmlicher Antriebstechnologien wegfallen, 12.000 davon in Deutschland. Dem stehen jedoch global 140.000 neue Jobs gegenüber, etwa in der Produktion von Batterien und Elektromotoren.
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