"Agenda Middelhoff fast am Ziel von Katja Wilke (Düsseldorf), Sven Clausen, Martin Scheele (Hamburg) und Angela Maier (München) Nun ist es offiziell: Metro will Kaufhof zum Verkauf anbieten. Für Arcandor-Chef Thomas Middelhoff eröffnet sich damit eine Option, von der er schon lange träumt - die Fusion von Karstadt und Kaufhof. Damit könnte er sich einen glanzvollen Abgang bereiten.
Thomas Middelhoff weiß, wie man Partys aufzieht: Promis, schöne Frauen, Häppchen, Champagner satt. Ob nun bei der Feier zum 100-jährigen Geburtstag des KaDeWe im vergangenen Jahr in Berlin oder vergangene Woche zur Eröffnung des neuen Karstadt im Einkaufszentrum Limbecker Platz. Richtig gute Partys, da sind sich alle einig.
Der Chef des Touristik- und Handelskonzerns Arcandor weiß auch, wie man Deals einfädelt. Ob sie allerdings gut sind - das mag selbst dann noch niemand abschließend beurteilen, wenn die Tinte unter dem Vertrag längst getrocknet ist.
Es könnte sein, dass es bald neue Verträge gibt. Denn für Thomas Middelhoff eröffnet sich eine Option, von der er schon lange geträumt hat: die Übernahme von Kaufhof.
Seit Dienstag steht die Warenhauskette offiziell auf der Verkaufsliste des neuen Metro-Chefs Eckhard Cordes. "Wir werden ohne Hektik alle strategischen Möglichkeiten für die Warenhäuser prüfen", sagte Cordes auf einer Bilanzpressekonferenz. "Eine Option ist natürlich die Abgabe des Kaufhofs." Im Klartext: Kaufhof wird in Zukunft keine Rolle mehr für die Metro spielen.
Der Countdown hat begonnen
Was für eine Chance! Auf einmal ist für Middelhoff der entscheidende Baustein zur Verwirklichung seiner Pläne zum Greifen nahe. Seit Monaten hat er daran gefeilt, hat im Hintergrund Gespräche geführt. Zwar gab man sich am Dienstag in Essen zugeknöpft. "Wir haben das mit Interesse verfolgt", sagte ein Sprecher nur. Ansonsten: kein Kommentar. Doch längst machen Gerüchte die Runde: Der Arcandor-Konzern wolle seine Warenhaustochter Karstadt mit Galeria Kaufhof zusammenbringen.
Schöne Aussichten: Der Plan von Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, Kaufhof zu übernehmen, könnte wahr werden Schöne Aussichten: Der Plan von Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, Kaufhof zu übernehmen, könnte wahr werden
Für Middelhoff hat der Countdown begonnen. Ende des Jahres wird er das Unternehmen verlassen. Bis dahin muss der Konzernumbau abgeschlossen sein. Die größte Baustelle: Karstadt.
Mit dem Kaufhof-Deal könnte er sich nun einen glanzvollen Abgang bereiten und sein zuletzt angekratztes Image als Meister des Deals wieder aufpolieren. Und nicht nur das: Es wäre ein Geschäft, das einen Schlusspunkt hinter die Konsolidierung der deutschen Kaufhauslandschaft setzt. Die Innenstädte würden sich verändern, immer hatten die Deutschen die Wahl: Kaufhof und Karstadt. Bald vielleicht nicht mehr.
Möglicherweise werden Arcandor und Metro ihre Absicht, die Warenhaussparten zusammenzulegen, bereits im April verkünden, heißt es in Unternehmenskreisen.
Cordes will Kaufhof loswerden, weil er in den Warenhäusern keine Zukunft sieht. Middelhoff hingegen möchte der Sparte zu neuem Glanz verhelfen und saniert deshalb aufwendig die Karstadt-Standorte. Kaufhof wäre aus seiner Sicht die ideale Ergänzung. Von einer Fusion erhofft er sich Synergieeffekte in dreistelliger Millionenhöhe - weit mehr als die 150 Mio. Euro, die bislang im Gespräch waren. Im Portfolio eines fusionierten Konzerns wären Analysten zufolge über 200 Filialen. Wettbewerbsfähig seien davon aber weniger als die Hälfte.
Um einen Aufschrei der Gewerkschaften zu verhindern, will Middelhoff versuchen, Schließungen nach der Fusion möglichst zu vermeiden. Das dürfte nicht leicht werden, denn in vielen Städten liegen die Kaufhof- und Karstadt-Filialen nebeneinander.
Middelhoff liebäugelt deshalb damit, Kaufhof-Standorte, die zu nah bei den Karstadt-Filialen liegen, neu auszurichten. Grundlage dafür wären die verschiedenen Kaufhauskonzepte: Unter dem Dach von Karstadt finden sich derzeit vier Premiumhäuser - KaDeWe, Alsterhaus, Oberpollinger und das Frankfurter Haus an der Zeil -, 89 sogenannte Boulevard-Plus-Häuser und 28 Karstadt-Sportfilialen.
Noch dementiert Cordes, dass es derzeit Verhandlungen gibt - ob nun mit Investoren oder Arcandor. Cordes bestreitet auch, was bei Arcandor die Runde macht: Aufsichtsratschef Franz Markus Haniel und Middelhoff hätten sich an Wochenenden getroffen - in dem kleinen Bürohaus auf Middelhoffs privatem Anwesen in Bielefeld, um Möglichkeiten auszuloten. Von Beteiligten allerdings heißt es, die Parteien wünschten sich einen "intelligenten Konzentrationsprozess" mit nur noch einer Hauptverwaltung, die weder am Kaufhof-Standort Köln noch am Karstadt-Standort Essen angesiedelt wäre. Denkbar sei etwa Düsseldorf.
Eng eingebunden in die Gespräche soll Alexander Dibelius, Deutschlandchef von Goldman Sachs, sein. Dibelius hat sowohl zu Cordes als auch zu Middelhoff ein enges Verhältnis. Cordes und der Investmentbanker sind gute Freunde. Und Arcandor hat sich beim Konzernumbau von Dibelius beraten lassen.
Am liebsten hätte Middelhoff Kaufhof längst übernommen. Doch es fehlt das Geld, und die Finanzkrise grätscht ihm dazwischen. "Einen Kredit bekommt der momentan nirgendwoher", sagt ein Insider.
Warenhaus-Giganten - Kaufhof und Karstadt im Vergleich
Analysten hielten es daher für möglich, dass Middelhoff und Cordes ein Joint Venture gründen. Cordes entzog diesen Spekulationen aber am Dienstag den Boden: Wenn, sagte er, dann gebe die Metro Kaufhof komplett ab. Kooperationen kämen nicht infrage. "Möglich bleibt, dass ein Investor Kaufhof übernimmt und dann mit Arcandor zusammenarbeitet", sagt indes ein Analyst.
In Finanzkreisen wird erwartet, dass Metro zudem mit Finanzinvestoren in Kontakt tritt, um neben Karstadt auch Wettbewerb zu haben. "Kaufhof ist vor allem für Private-Equity-Gesellschaften interessant, die auf Immobilien spezialisiert sind", sagte ein Manager einer Private-Equity-Gesellschaft. Dazu zählen die US-Investoren Blackstone, Fortress und Cerberus. Denn den Großteil des Werts von Kaufhof machen die Immobilien des Unternehmens aus.
Aus der klassischen Private-Equity-Branche indes dürften sich nicht so viele für Kaufhof interessieren - allenfalls Beteiligungsgesellschaften wie die britischen Investoren Permira und BC Partners, die bereits im Handel Erfahrung gesammelt haben. "Deutscher Einzelhandel ist für Private Equity grundsätzlich ein schwieriges Thema: wegen der hohen Fixkosten und geringen Margen", sagt ein Berater.
Cordes kann Middelhoff also zappeln lassen. Der Metro-Chef hat keine Eile, Kaufhof loszuschlagen. Die Warenhaustochter sei ein erfolgreiches, jedoch "aus Konzernsicht kein strategisches Geschäft", sagte Cordes. Middelhoff müsste zudem noch eine weitere Hürde nehmen: Experten erwarten eine komplizierte und langwierige kartellrechtliche Prüfung.
Doch nicht nur das. Noch immer hat der Arcandor-Chef mit hauseigenen Problemen zu kämpfen. In Rekordzeit hat Middelhoff KarstadtQuelle umgebaut: Die Immobilien wurden verkauft, ebenso die kleinen Warenhäuser, die Modehäuser Wehmeyer, SinnLeffers und Runners Point, die Touristiktochter Thomas Cook wurde mit dem britischen Reiseveranstalter Mytravel fusioniert - wenig ist von dem Unternehmen übrig geblieben, dessen Führung er vor gut drei Jahren übernommen hat, nicht mal der Name. Nichts mehr soll in der neuen Holding an das schlecht laufende Versandhausgeschäft und die Kaufhäuser erinnern.
Doch es gibt Probleme. Zum Beispiel bei den Warenhausimmobilien. Noch immer ist der angekündigte Verkauf des 49-Prozent-Anteils am gemeinsamen Fonds mit Goldman Sachs nicht ganz unter Dach und Fach. In Kürze soll es so weit sein. Der Käufer des 800-Mio.-Euro-Pakets steht jedenfalls fest: ein Konsortium aus der Deutsche-Bank-Tochter RREEF, Pirelli Re und der italienischen Borletti-Gruppe. Arcandor, heißt es, braucht das Geld, um den Kredit für die Übernahme der Thomas-Cook-Anteile von der Lufthansa abzubezahlen.
Neckermann mit Problemen
Auch bei Neckermann sieht es derzeit nicht so rosig aus. Arcandor hat den maroden Versandhändler zwar im vergangenen Jahr mehrheitlich verkauft - aber mit der Ansage, durch seine bleibende Beteiligung am Erfolg teilhaben zu können. Ob Neckermann den Turnaround tatsächlich schafft, bezweifeln Branchenkenner.
Middelhoff, der erfolgsverwöhnte Manager, kämpft derzeit also an vielen Fronten - und wird auch immer wieder ausgebremst. So plant er seit Monaten mit La Rinascente und Printemps eine europäische Luxus-Warenhausallianz durch Überkreuzbeteiligungen. Der Vertrag ist -- genau wie bei den Immobilien - noch immer nicht unterschrieben. Ein Teilhaber von La Rinascente sperrt sich Insidern zufolge gegen den Deal, eine Einigung sei noch nicht in Sicht.
Und so erinnert vieles im Konzern derzeit an die Karstadt-Filialen in den Innenstädten, die umgebaut werden. Sie werden nicht fertig sein, wenn Middelhoff das Unternehmen Ende des Jahres verlässt. "Middelhoff wird im Karstadt-Konzern nach seinem Abgang eine riesige Baustelle hinterlassen", prophezeit ein Analyst.
Aber vielleicht wird es eine große Party geben."
Quelle: http://www.ftd.de/unternehmen/handel_dienstleister/332775.ht?
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