Ein Kanal für Sportnachrichten also. Der soll es richten. 48 Millionen Euro stehen zur Verfügung, damit der Bezahlsender Sky Ende des Jahres ein neues hochauflösendes 24-Stunden-Programm starten kann. 100 Mitarbeiter sollen für das Projekt eingestellt werden, davon 50 Journalisten. Sky Sport News HD kann von jedem Abonnenten empfangen werden und soll als Köder funktionieren, um den Kunden die ? teureren ? Sportpakete des Senders schmackhaft zu machen.
Es ist sozusagen ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk, dass Sky sich Ende der vergangenen Woche selbst gemacht hat. Auf den Tag genau vor 20 Jahren, am 28. Februar 1991, ging Premiere ? wie das Bezahlfernsehen bis zu seiner Umbenennung vor anderthalb Jahren hieß ? auf Sendung. Zum Feiern ist in Unterföhring bei München derzeit aber niemandem zumute.
Woanders funktioniert es
Mehr als eine Million Euro am Tag verliert Sky derzeit, gab der aus Großbritannien geholte Sky-Deutschland-Geschäftsführer Brian Sullivan am Donnerstag bekannt. Vor Weihnachten war es gelungen, 130 000 neue Abonnenten zu gewinnen ? mehr als erwartet. Dennoch liegt Sky mit gut 2,6 Millionen Kunden unter der Grenze, ab der schwarze Zahlen geschrieben werden könnten. 2,8 bis 3 Millionen seien dafür notwendig, sagt Sullivan, der schaffen soll, was in all den Jahren vor ihm keinem seiner Vorgänger gelungen ist: Bezahlfernsehen in Deutschland endlich zu einem profitablem Geschäft zu machen.
Seit Medientycoon Rupert Murdoch Anfang 2008 mit seiner News Corporation bei Sky Deutschland (damals noch Premiere) einstieg, hat er Millionen Euro in das Projekt hineingepumpt. Geschäftsführer Sullivan steuert das Unternehmen seit knapp einem Jahr mit sehr ruhiger Hand. Unter verändertem Namen versucht der Pay-TV-Anbieter nun den Befreiungsschlag: mit neuen HD-Sendern, besserer Technikausstattung für Abonnenten und einem sensibleren Kundenservice. Nur über neue Inhalte spricht Geschäftsführer Sullivan erstaunlicherweise selten.
Im Wesentlichen bietet Sky heute dasselbe wie Premiere vor zehn Jahren: Fußball und Filme. Das wird auf Dauer nicht reichen, um deutlich mehr Kunden als bisher dazu zu kriegen, bis zu 50 Euro im Monat für besseres Fernsehen auszugeben.
Live-Spiele und Berichterstattung zur Fußball-Bundesliga sind das Kerngeschäft des Senders. Aber niemand muss heutzutage mehr einen Zwölf-Monats-Vertrag mit einem Bezahlsender abschließen, um Hollywood-Blockbuster zu sehen, bevor sie Jahre später im frei empfangbaren Fernsehen laufen. Längst gibt es DVD-Aboservices und On-Demand-Dienste, die übers Internet abgerufen werden können. Die logische Konsequenz daraus wäre, sich an der Strategie der im Ausland erfolgreichen Bezahlkanäle zu orientieren: Die bieten Inhalte an, die es anderswo gar nicht zu sehen gibt. Und zwar, weil die Sender sie selbst produzieren.
Größtes Vorbild in dieser Hinsicht ist das amerikanische HBO, das Serien wie ?Die Sopranos?, ?Six Feet Under?, aber auch ?Sex and the City? zustande gebracht hat. Zu den aktuellen Highlights gehören die Martin-Scorcese-Serie ?Boardwalk Empire? und das Vampirdrama ?True Blood? ? beide laufen auch bei Sky Deutschland. In den vergangenen Jahren haben kleinere Kabelbezahlsender nachgelegt: HBO-Konkurrent Showtime besetzte David Duchovny als sexsüchtigen Ex-Erfolgsautor in ?Californication? und traute sich mit ?Dexter? eine Reihe mit einem sympathischen Mörder in der Hauptrolle. Vor zwei Jahren überraschte AMC mit ?Mad Men?, einem Seriendrama über eine Werbeagentur in den Sechzigern. Im vergangenen Jahr legte der Sender mit der Zombiereihe ?The Walking Dead? nach.
Mit wenigen Ausnahmen wären diese Serien wohl nie entstanden, wenn sie sich im Massenmarkt hätten behaupten müssen ? weil sie viel zu speziell sind, um der Mehrheit der Zuschauer gefallen. Aber gleichzeitig so herausragend, dass ein kleinerer Kreis bereitwillig dafür bezahlt, um eine Alternative zum Mainstream-Fernsehen zu haben.
Das Argument deutscher Pay-TV-Macher ist seit Jahren dasselbe: Eigenproduktionen lohnen sich wegen der großen Konkurrenz nicht. Allerdings bringen ARD und ZDF so gut wie gar nichts zustande, das Zuschauer unter 60 Jahren interessieren könnte, und die Innovationslaune der Privaten ist abhängig davon, wie es dem Werbemarkt gerade geht. Das ist die Marktlücke, von der Sky profitieren könnte: deutsche Unterhaltung, die eben nicht Mainstream sein muss. In Großbritannien bei BSkyB, wo Sullivan herkommt, funktioniert es ja auch, und das, obwohl der britische TV-Markt einer der kreativsten der Welt ist.
Das wäre ein Anfang
Niemand erwartet vom deutschen Sky von heute auf morgen eine programmliche Kehrtwende. Aber schon zum Sendestart in Deutschland hatte Premiere 1991 ein gutes Gespür für kleine Produktionen wie die Mediensatire ?Kalkofes Mattscheibe?, den ?0137?-Talk oder die TV-Kolumne ?Zapping?. Vielleicht wäre das ein Anfang. Der Monokultur im deutschen Fernsehen entgegenzuwirken, ist eine Chance für Sky, endlich gesund zu wachsen. Vor allem, wenn dafür 48 Millionen Euro zur Verfügung stünden.
Aber gut: Man kann damit natürlich auch einen Kanal für Sportnachrichten aufmachen. Zur Erfolgsgeschichte wird Pay-TV in Deutschland mit dieser Strategie aber sicher nicht mehr.
Quelle: http://www.fr-online.de/kultur/medien/...1473342/7414364/-/index.html
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