Freenet-Aktionäre wollen Spoerr absetzen
Es wird eng für Freenet-Chef Eckhard Spoerr: Großaktionär Permira soll derzeit mit Hochdruck nach einem neuen Vorstandschef und einem neuen Aufsichtsratchef suchen. Die Freenet-Aktie ist seit eineinhalb Jahren auf Talfahrt, eine Strategie für neues Wachstum nicht zu erkennen.
DÜSSELDORF. Freenet-Chef Eckhard Spoerr gilt als Manager mit unzähligen Leben. Mehrfach setzte er sich gegen Revolten seiner Aktionäre zur Wehr und sicherte sich nach Fusionen gegen den eigentlich logischen Kandidaten aus dem anderen Unternehmen den Chefsessel. Jetzt aber könnte es wirklich eng werden für den Chef des angeschlagenen DSL- und Mobilfunkanbieters.
Der Grund: Großaktionär Permira ist richtig sauer. Aus Kreisen der Beteiligungsgesellschaft, die 25 Prozent an Freenet hält, ist zu hören, dass Permira derzeit mit Hochdruck nach einem neuen Vorstandschef und einem neuen Aufsichtsratschef suche. Sobald die Personalien geklärt seien, werde der Investor eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen und dort die Absetzung des Aufsichtsrats verlangen, dessen Chef trotz schlechter Ergebnisse an Spoerr festhalte.
Die Freenet-Aktie ist seit eineinhalb Jahren auf Talfahrt und eine Strategie für neues Wachstum nicht zu erkennen. Zwar haben auch andere DSL-Anbieter ohne eigene Netze Probleme, Freenet steht aber noch schlechter da. Das Büdelsdorfer Unternehmen leidet unter der Übernahme des Mobilfunkdienstleisters Debitel, den Spoerr im Sommer für 1,6 Mrd. Euro gekauft hat. Dadurch sind die Finanzschulden des Unternehmens mit einem Jahresumsatz von zuletzt 1,9 Mrd. Euro auf 1,3 Mrd. Euro gestiegen. Spoerr wollte die Schulden durch den Verkauf des DSL-Geschäfts senken und sich anschließend ganz auf den Mobilfunk konzentrieren. Bislang knirscht es jedoch gewaltig bei der Integration von Debitel - und das DSL-Geschäft will offenbar niemand mehr haben.
Aus Aufsichtsratskreisen heißt es, Permira stehe mit seinem Unmut nicht alleine da. Auch United Internet (UI) habe die Geduld verloren. UI-Chef Ralph Dommermuth hält rund 26 Prozent an Freenet. Er wollte sich so den Zugriff auf das DSL-Geschäft sichern, hat jetzt aber kein Interesse mehr an der Sparte. In der Branche heißt es, Spoerr verlange einen deutlich zu hohen Preis. UI und Freenet wollten sich zu dem Thema nicht äußern. Zusammen mit UI besäße Permira auf einer Hauptversammlung die Mehrheit.
Großaktionär Permira hat Spoerr in einem Brief, der dem Handelsblatt vorliegt, Anfang September sechs Empfehlungen gegeben, um den Aktienkurs wieder zu steigern. Bislang hat Spoerr sich an keine gehalten. Im Gegenteil: Debitel-Chef Oliver Steil hat das Unternehmen verlassen, obwohl Permira ihn als Symbolfigur für die Integration in einer führenden Position sehen wollte. Zu Steils Abgang kursieren verschiedene Versionen - eine lautet, Spoerr habe ihn weggebissen. Eine weitere Forderung von Permira war der zügige Verkauf des DSL-Geschäfts.
Freenet-Aufsichtsratschef Helmut Thoma hält dennoch an seinem Vorstandschef fest - zumindest vorerst. Dem Handelsblatt sagte Thoma: "Man muss Spoerr jetzt arbeiten lassen. Wenn das DSL-Geschäft bis Mai nicht verkauft ist, muss man eine erneute Bilanz ziehen, da kann Herr Spoerr nicht mehr nur auf die Erfolge der Vergangenheit verweisen." Die Zeit bis Mai sei nötig, um zu sehen, ob Spoerr die Debitel-Integration gelinge. Im August stehe dann ohnehin eine reguläre Hauptversammlung an.
Thoma betonte, es gebe noch mehrere Interessenten für die DSL-Sparte, dafür gebe es auch schriftliche Belege. Zudem geht er davon aus, dass eine außerordentliche Hauptversammlung aus rechtlichen Gründen nicht vor Mai möglich wäre. Grund sind bereits zwei gescheiterte Versuche von Freenet-Aktionär Drillisch, auf den vergangenen beiden Hauptversammlungen den Aufsichtsrat neu wählen zu lassen. Der war jeweils mit zwei Drittel Mehrheit bestätigt worden. Ein dritter, außerordentlicher, Anlauf zöge einen längeren Rechtsstreit nach sich, so Thoma.
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Quelle: HANDELSBLATT
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