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"Trotz des großen Klärungsbedarfs der Aktionäre kürzte, bündelte und sortierte das AURELIUS (ISIN: DE000A0JK2A8, WKN: A0JK2A, Ticker-Symbol: AR4)-Management die zur diesjährigen Hauptversammlung - die aufgrund der Corona-Pandemie virtuell stattfand - eingereichten Fragen so stark aus, dass deren Beantwortung nach nicht einmal 45 Minuten wieder beendet war, wie Paul Petzelberger von der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. innerhalb des Online-Magazins "AnlegerPlus News" berichtet.
Zurück seien vermutlich enttäuschte Aktionäre geblieben. Der Vorstand und Aufsichtsrat dürften die vorgebrachten Zweifel an der Unternehmensführung wieder einmal nicht beseitigt haben.
Im Jahr 2006 hätten die beiden ehemaligen McKinsey-Berater Dr. Dirk Markus und Gert Purkert AURELIUS mit einem Startkapital von 500.000 Euro gegründet. Ziel sei es damals gewesen, und sei es noch heute, Firmen in Sondersituationen zu kaufen, zu sanieren und anschließend wieder mit Gewinn weiterzureichen. Nur wenige Monate nach Gründung hätten die beiden AURELIUS-Vorstände bereits den Schritt an die Börse gewagt. Was danach gefolgt sei, sei eine Erfolgsgeschichte par excellence gewesen. Die Marktkapitalisierung sei bis zum Jahr 2017 auf über 2 Mrd. Euro angestiegen.
Doch 2017 habe sich der Wind an der Börse gedreht. Aus dem Rücken- sei Gegen-wind geworden. Seit dem Hoch im Februar 2017 bei 67 Euro sei die im Freiverkehrssegment m:access der Börse München gelistete Aktie bis Anfang Juli 2020 auf unter 14 Euro gefallen. Das entspreche einem Minus von rund 80%. Zum Vergleich: Der SDAX habe es im selben Zeitraum auf ein Plus von rund 20% gebracht. Und das habe nach Ansicht der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. auch gute Gründe. Bereits im Jahr 2017 hätten die Anlegerschützer kritisiert, dass der mittlerweile milliardenschwere Private-Equity-Spezialist immer noch in den Strukturen eines Small Caps geführt werde, nach Meinung der SdK sogar noch desaströser als zu Beginn seiner Börsengeschichte. Damals hätten Markus und Purkert offenbar noch das Geld der Aktionäre benötigt und zumindest ansatzweise die Prinzipien einer guten Corporate Governance gewahrt. Doch, so der Eindruck der SdK, nicht mehr im Laufe des letzten Jahrzehnts.
Und noch ein anderer Umstand stoße den Anlegerschützern sauer auf. Während die Aktionäre die oben erwähnte negative Performance verkraften und zudem für das Geschäftsjahr 2019 vollständig auf eine Dividende hätten verzichten müssen, habe sich der AURELIUS-Vorstand von der Gesellschaft für die Jahre 2017, 2018 und 2019 ein unfassbar hohes Gehalt von insgesamt über 193 Mio. Euro auszahlen lassen.
Um die Einschätzung "unfassbar hoch" besser einordnen zu können, würden sich die Experten folgenden Vergleich erlauben: Die DAX-Vorstände des Versicherungsriesen Münchener Rück, des Medizin- und Gesundheitskonzerns Fresenius und des Konsumgüterkonzerns Henkel hätten im Zeitraum 2017 bis 2019 alle zusammen gerade einmal rund 166 Mio. Euro verdient. CEO Dr. Dirk Markus habe auf der Hauptversammlung gekontert, dass die Höhe der Vergütung gerechtfertigt sei und für das Halten der Mitarbeiter gar unerlässlich.
Für die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. sei diese Begründung alles andere als stichhaltig. Die Aktionärsschützer würden die Gründe für den "Gehaltsexzess" in einem ganz anderen Umstand begründet sehen. Zu Beginn der Börsennotierung hätten die Gründer Markus und Purkert zusammen noch einen signifikanten Anteilsbesitz zwischen 40 und 45% an AURELIUS gehalten. Ab 2012 habe sich dies geändert. Jahr für Jahr hätten die beiden Vorstände ihre Anteile verkauft. Die letzte Wasserstandsmeldung sei 2017 bei etwa 15% Anteilsbesitz erfolgt. Parallel zur Reduktion des Anteilsbesitzes sei die variable Vergütung der Vorstandsmitglieder explodiert.
Man könnte dies zusammenfassend als "Moral Hazard", also Fehlanreize bezeichnen: Die Interessen von Management und Aktionären hätten sich durch den beschriebenen Sachverhalt Jahr für Jahr mehr auseinander entwickelt und würden sich in den letzten drei Jahren scheinbar vollständig entkoppeln. Dies zeige recht deutlich die gegenläufige Entwicklung von Aktienkurs und Gehaltszahlungen.
Gehaltsauswüchsen einen Riegel vorzuschieben sei Aufgabe des Kontrollorgans Aufsichtsrat. Da treffe es sich für den Vorstand vermutlich gut, dass in dem sechsköpfigen Gremium Schwager, Schwägerin und der persönlich angestellte Steuerberater von CEO Markus sitzen würden. Eine angemessene Kontrolle sehe sicherlich anders aus. Und dem nicht genug, nach Auskunft auf der Hauptversammlung sei der Vorstandsvorsitzende persönlich bei jeder Aufsichtsratssitzung mit anwesend - auch wenn es um die Festsetzung der eigenen Vergütung gehe. Ein erweitertes Familientreffen, um sich und den Vorstandkompagnons ein fürstliches Gehalt auszahlen zu lassen - für die einen das Paradies, für die anderen ein Albtraum.
Seit Jahren wirke die SdK auf ein einvernehmliches Einlenken der Verwaltung hin. Beispielsweise durch den Vorschlag, einen Vergütungsausschuss einzurichten, der ausschließlich mit unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern besetzt sei. Wahrlich kein Vorschlag, der viel Mühe bereiten sollte. Eine andere Option wäre die Hinzunahme eines externen Vergütungsexperten, wie es auch der Deutsche Corporate Governance Kodex empfehle. Doch das Management wiegle stets ab und habe für die diesjährige Wahl des Gesellschafterausschusses - in der Rechtsform der KGaA wirke dieser bei der Führung der Gesellschaft mit - u. a. erneut die Schwägerin des CEO vorgeschlagen.
Fakt sei: Operativ schaffe es der Vorstand Jahr für Jahr, erfolgreiche Deals zu initiieren. Nach Zahlung des Vorstandsgehaltes komme davon bei den Aktionären jedoch immer weniger an. Das Vertrauen des Marktes schmelze deswegen offenbar dahin. Die Börse bewerte das Unternehmen nur noch mit einem immensen Abschlag zum NAV; aktuell notiere die Aktie nahe der liquiden Mittel. Mit Kontrollorganen, besetzt nach dem Motto "family and friends", werde sich an dieser Konstellation vermutlich auch dauerhaft nicht viel ändern. Doch es gebe einen Hoffnungsschimmer. Nächstes Jahr stünden beim Aufsichtsrat Neuwahlen an. Der Streubesitz sei groß und wenn er sich bei der Abstimmung entsprechend engagiere, schiebe er der Vetternwirtschaft hoffentlich bald einen Riegel vor. (Ausgabe 7/2020)"
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