Turbinen bleiben Gewinntreiber
Siemens Allein zu schwach gegen die grossen Handy-Konkurrenten
Spitzenverdiener des Siemens-Konzerns bleibt das Kraftwerkgeschäft. Die Handy-Sparte wird für Kooperationen vorbereitet.
Peter K. Sonderegger, Lissabon
Mit der Generalversammlung vom Januar hatte Heinrich von Pierer die Führung des deutschen Elektro-Multis an Klaus Kleinfeld übergeben. Der Neue gilt als zupackend, als rascher Entscheider. In seinen ersten hundert Tagen an der Konzernspitze hat er mit VaTech, Flender, USFilter usw. bereits drei Milliarden Euro in Akquisitionen gesteckt. «Wir sind verdammt schnell geworden», sagt Kleinfeld. Seinen Namen hatte sich der neue CEO als rascher Sanierer des US-Geschäft gemacht. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. Mit der Präsentation der Ergebnisse des zweiten Quartals des laufenden Geschäftsjahres hatte Kleinfeld gestern seinen ersten grossen öffentlichen Auftritt. Der Quartalsgewinn von 781 Mio. Euro erreicht knapp das Niveau des vergleichbar gemachten Vorjahresergebnisses. Das entspricht etwa den Erwartungen.
Die gestern vorgestellten Zahlen (siehe Kasten) reflektieren noch die Entscheide seines Vorgängers. Mehr als die Vergangenheitszahlen interessierten deshalb die Vorstellungen des neuen CEO von der strategischen Ausrichtung des Konzerns und was er auf den geerbten Baustellen machen will. Baustelle Nummer 1 ist das Handy-Geschäft. Hier hat Siemens trotz grossem Einsatz wie in den beiden Vorquartalen wieder rund 140 Mio. Euro verloren. In den letzten drei Monaten sind die Handy-Verkäufe gegenüber der Vergleichsperiode von 12,8 auf 9,3 Millionen zurückgefallen. Sanieren, kooperieren, verkaufen oder schliessen waren die Handlungsalternativen, die Pierer seinem Nachfolger überlassen hat. Im Vorfeld der Pressekonferenz wurden in den Medien bereits die Namen der Käufer genannt. Kleinfeld aber will sich nicht völlig von dem Geschäft verabschieden. «Es wird weiter hervorragende Mobiltelefone mit der Marke Siemens geben», beruhigt Kleinfeld. Mit der rechtlichen Verselbstständigung schafft er jedoch die Voraussetzungen für externe Partnerschaften, wie sie Siemens beispielsweise mit der Computer-Kooperation Fujitsu-Siemens entwickelt hat.
Nichts Neues zu Alstom
Zu den Top-Performern gehören weiter die Geschäftsfelder Industrieautomatisierung (wo Siemens mit ABB konkurriert), die Medizintechnik und die Kraftwerktechnik, aber auch die Automobiltechnik und das Lichtgeschäft. Die Kraftwerksparte hat in den letzten drei Monaten trotz insgesamt flauen Kraftwerkmärkten sowohl Umsatz (+18%) wie Auftragseingang (+4%) weiter gesteigert und lieferte mit einem Bereichsergebnis von 257 Mio. Euro den grössten Gewinnbeitrag. Die operative Marge des grossen Alstom-Konkurrenten ist mit 12,7 (16,0) Prozent weiter solid im Bereich der vom Konzernchef vorgegebenen Spannweite von 10 bis 13 Prozent. Zum Thema Alstom sagte Kleinfeld lediglich: «Wir sind gespannt auf die Pressekonferenz, um zu sehen, was es da für Zahlen gibt und was Alstom berichten wird.» Ganz anders sieht die von Zürich aus geführte Sparte Siemens Building Technolgies aus, die mit der operativen Marge von 2,1% immer noch weit hinter der Zielvorgabe von 7 bis 9% hinterherhinkt. Bezüglich der künftigen Ausrichtung setzt Kleinfeld auf Wachstum. Siemens soll doppelt so schnell wachsen, wie das weltweite Bruttosozialprodukt. Für die Sparten-Chefs heisst es nüchtern: «You have to earn your own lunch - everyday.» Es wird interessant zu verfolgen sein, wie Kleinfeld den Spagat schafft zwischen den kurzfristig orientierten Erwartungen der angelsächsisch geprägten Finanzmärkte und der traditionellen forschungsgetriebenen Ausrichtung auf die langfristige technologische Führerschaft in breiten Bereichen. Fabrikmässig ist der immer globaler ausgerichtete Konzern immer noch stark Deutschland-lastig. Die Mitarbeiter beobachten deshalb mit wachsender Besorgnis, wie der traditionelle Heimatschutz für deutsche Standorte an Gewicht verliert.
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