05.07.2010, 19:14
Gaddafis Staatsfonds erwärmt sich für BP
Der britische Ölkonzern steht am Abgrund. Der Aktienkurs ist im freien Fall, die Kosten für den Kampf gegen die Ölpest steigen in die Milliarden. Nun könnte der libysche Staat BP-Papiere erwerben.
von Claus Hecking und Gregor Haake
Der dramatisch fallende Aktienkurs verleitet den libyschen Staatsfonds möglicherweise zum Kauf von BP-Aktien. "Dass der Preis um die Hälfte gesunken ist, macht BP interessant. Ich habe weiterhin Vertrauen in BP und werde dem libyschen Staatsfonds LIA einen Kauf empfehlen", sagte Schokri Ghanem der Nachrichtenagentur Dow Jones. Ghanem ist Chef des staatlichen libyschen Mineralölunternehmens.
BP sicherte sich 2007 im Land von Muammar al-Gaddafi die Erlaubnis, nach Erdgas und Erdöl suchen zu können. Der LIA dagegen sucht nach Möglichkeiten, sein Portfolio zu erweitern.
Kampf gegen Umweltkatastrophe Dieser Supertanker verspeist Öl
Schon am Wochenende gab es Berichte, wonach BP einen neuen Geldgeber sucht, um nach seinem dramatischen Aktienkursverfall einer feindlichen Übernahme zu entgehen. Laut "Sunday Times" hat BP externe Berater beauftragt, Staatsfonds und anderen Ölkonzernen einen Anteil von fünf bis zehn Prozent anzubieten. Der Deal könnte BP bei einer Kapitalerhöhung bis zu 6 Mrd. Pfund (7,3 Mrd. Euro) einbringen. Am Persischen Golf gibt es lokalen Medien zufolge bereits eine Reihe von möglichen Käufern. Auch der französische Konkurrent Total interessiert sich für Teile von BP.
Die Spekulationen über das Interesse von Investoren überdeckten am Montag die Sorgen der Anleger darüber, dass für die Kosten für die Bewältigung der Katastrophe schon auf mehr als 3 Mrd. Dollar stiegen. Die BP-Aktie verteuerte sich an der Börse in London um zeitweise mehr als fünf Prozent.
Kursinformationen und Charts
Nach dem Öldesaster im Golf von Mexiko kämpft BP um das eigenständige Überleben. Seit dem Untergang der Plattform ist der Aktienkurs um rund 50 Prozent eingebrochen, der Firmenwert um 60 Mrd. Pfund (rund 73 Mrd. Euro) gesunken. Das macht BP verwundbar für eine Übernahme durch Rivalen wie Exxon Mobil oder Shell. Hinzu kommen massive Liquiditätsprobleme. Allein für den Entschädigungsfonds für die Ölkatastrophe benötigt BP nach derzeitigem Stand rund 16 Mrd. Euro.
Weitere Milliarden gehen dafür drauf, das Bohrleck am Meeresboden zu stopfen und die Verschmutzungen zu beseitigen. Am Wochenende wurde dazu ein gigantischer, zum Ölaufsauger umgebauter Supertanker im Golf von Mexiko getestet. Das einer taiwanischen Firma gehörende Schiff ist fast 400 Meter lang und zehn Stockwerke hoch und wird "A Whale" (Ein Wal) genannt. Ähnlich wie ein Wal Meerwasser aufnimmt und im Maul sein Futter herausfiltert, soll das Schiff täglich bis zu 79 Millionen Liter Wasser ansaugen, das Öl abscheiden und das gesäuberte Wasser ablassen.
Energieexperten erwarten, dass die Gesamtkosten des Öldesasters für BP bis zu 48 Mrd. Euro erreichen können. Um Cash in die Kasse zu bekommen, will BP laut FT drei große Ölfelder sowie die argentinische Tochter Pan American versilbern. Mittelfristig reicht das den Briten aber nicht, um die größte Krise der Konzerngeschichte zu bewältigen.
Der schwarze Golf von Mexiko könnte für BP zum Haifischbecken werden
Der Einstieg des neuen Investors soll offenbar nach demselben Modell wie bei Barclays ablaufen. Die britische Bank konnte 2008 mit einer Kapitalerhöhung ihre Eigenständigkeit in der Finanzkrise bewahren, die Käufer waren Staatsfonds aus Katar und Abu Dhabi.
Die Investoren vom Golf sollen nun auch BP retten. "Bei einem Ölpreis von 75 Dollar je Fass (159 Liter) sind die Kassen voll", sagt Sven Behrendt, Staatsfondsexperte bei Carnegie Middle East. Und: "Einige Herrscherhäuser der Region haben Interesse, ihre Position am Ölmarkt auszubauen." Vor allem die International Petroleum Investment Company ist für Beteiligungen in der Branche zu haben. Der Staatsfonds aus Abu Dhabi ist schon Großaktionär bei der österreichischen ÖMV und der spanischen Cepsa. Eigentümer Mansur Al Nahjan, ein Halbbruder von Abu Dhabis Herrscher, liebt solche Deals. Er war schon bei Barclays im Boot, gemeinsam mit der Qatar Investment Authority. Längst hat Al Nahjan einen Großteil der Barclays-Anteile verkauft.
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Auch für BP sind Investoren vom Golf nichts Neues. Kuwaits Staatsfonds KIA besaß 1988 schon einmal mehr als 20 Prozent der Aktien, musste den Anteil dann aber auf unter zehn Prozent reduzieren. Die britische Regierung fürchtete zu viel Einfluss der Araber auf ihr damaliges Vorzeigeunternehmen. Heute besitzt die KIA nur noch 1,75 Prozent an BP. Mittlerweile haben die Briten aber nichts mehr gegen einen arabischen Großinvestor einzuwenden.
Wenn der Konzern nicht bald in ruhigeres Fahrwasser gebracht werde, sagte ein BP-Manager der FT, könne man ins Visier von Exxon Mobil, Royal Dutch Shell oder Petrochina geraten. Auch der französische Konkurrent Total bringt sich ins Spiel. Zwar habe gebe es derzeit keine Priorität, sich Teile von BP anzuschauen, sagte Firmenchef Christophe de Margerie. "Sollten sie aber zum Verkauf gestellt werden, würden wir sie natürlich näher betrachten."
Ein Wal fürs Öl
Umgerüstet Im Golf von Mexiko startete ein umgerüsteter Tanker am Samstag einen zweitägigen Test zum Absaugen des ausgelaufenen Öls. Das Schiff mit dem Namen "A Whale" ("Ein Wal") konnte erst mit Verspätung nach Durchzug eines Hurrikans eingesetzt werden.
Gefiltert Die Arbeiten nördlich des Lecks werden von der US-Küstenwache beobachtet. Das Schiff kann täglich bis zu 500.000 Barrel (79 Millionen Liter) Öl-Wasser-Gemisch aufnehmen, filtern und das gereinigte Wasser zurück ins Meer pumpen.
http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/...sich-fuer-bp/50139469.html