5,20 Euro pro Stunde zahlte der Textildiscounter Kik zwei seiner geringfügig beschäftigten Mitarbeiterinnen. Zu wenig, urteilte das Landesarbeitsgericht Hamm. Das Gericht stufte diese Vergütung jetzt als sittenwidrig ein und verpflichtete das Unternehmen zur Nachzahlung der Löhne. Mit seinem Urteil bestätigte es zugleich eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund aus dem vergangenen Jahr. Eine Revision wurde in beiden Fällen nicht zugelassen. Gericht urteilt: 8,21 Euro wären angemessen
Quelle: http://www.mindestlohn.de/meldung/kik-lohn-sittenwidrig/
Oder dies hier:
Gesetzliche Regelung
Im Zivilrecht spricht man von sittenwidrigen Löhnen, dem sog. Lohnwucher, wenn die vereinbarte Vergütung so gering ist, dass ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gemäß § 138 BGB vorliegt. Diese gesetzliche Vorschrift im BGB lautet:
§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter
Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Wenn somit eine Vergütung zu niedrig angesetzt ist, kann im Einzelfall der Tatbestand des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts erfüllt sein.
Daneben existiert auch im Strafrecht mit dem § 291 Abs.1 StGB eine Norm, wonach bei einem auffälligen Missverhältnis von Leistung (Arbeit) und Gegenleistung (Lohn) der strafrechtliche Wuchertatbestand erfüllt ist, der mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von drei Jahren bestraft werden kann.
Komplexe Rechtsprechung
Wann ein Lohn als sittenwidrig gilt, kann nicht abschließend festgestellt werden, da die Rechtsprechung zu dieser Frage uneinheitlich ist. Zur Feststellung, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und damit ein sittenwidriger Lohn vorliegt, ist die Leistung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nach dem objektiven Wert zu beurteilen. Dabei sollen allerdings die gesamten Umstände des Einzelfalles und insbesondere die Lohngrundsätze und Lohngebräuchlichkeiten der jeweiligen Branche zugrunde gelegt werden.
Der erste Strafsenat des BGH hat bereits im Jahr 1997 in einem Strafrechtsfall ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung grundsätzlich bei einer Unterschreitung des maßgeblichen Tariflohns um ein Drittel bejaht. (BGH Urteil vom 22.04.1997, AZ.: 1 StR 701/96).
Die meisten Verfahren zur Frage, ob ein Lohn sittenwidrig ist, werden auf zivilrechtlicher Basis vor den Arbeitsgerichten geführt. Für diesen Gerichtszweig ist nicht die Auffassung des Bundesgerichtshofes, sondern des Bundesarbeitsgerichts (BAG) maßgebend. Nach der Auffassung des BAG ist bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen Lohnhöhe und der Arbeitsleistung Sittenwidrigkeit gegeben, wobei auf die Gesamtumstände abzustellen ist, also auf den Schwierigkeitsgrad und die Dauer der Arbeit oder auf die körperliche und geistige Beanspruchung.
Anders als der BGH stellt das BAG bei der zivilrechtlichen Entscheidungsfindung nicht alleine auf die branchenüblichen Tariflöhne ab. Es seien zwar auch die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs in die Bewertung einzubeziehen, mitentscheidend sei aber auch das allgemeine Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet und Wirtschaftszweig.
Indizien für Lohnwucher
Die Frage, ob konkret ein sittenwidriger Lohn gezahlt wird, kann also nicht pauschal beantwortet werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Sittenwidrigkeit einer Lohnvereinbarung durch die zuständigen Gerichte feststellen zu lassen.
Quelle:
http://www.tarifregister.nrw.de/pdf/aktuelles/sittenwidrige-loehne.pdf
PS: Vielleicht sollten sich unsere Politiker einmal Gedanken darüber machen, diese rechtliche Unsicherheit in diesem Land durch eine klare Gesetzgebung zu beseitigen!
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