Technische Analyse S&P 500 und Dax beenden ihre Hausse Von Achim Matzke
Technische Analyse: S&P 500 und Dax beenden ihre Hausse 12. August 2011
Die Kombination aus Schuldenproblematik diesseits und jenseits des Atlantiks, das Management dieser Schuldenproblematik und besonders die offenen Fragen bezüglich der weltweiten Konjunkturabschwächung setzen den internationalen Aktienmärkten zu.
Als technische Konsequenz haben sowohl der S&P 500 als auch der Dax ihre 29-monatigen Hausse-Bewegungen verlassen, so dass jetzt aus technischer Sicht eine mittelfristige Gegenbewegung (auf die vorherige Hausse) anstehen sollte.
Im Nikkei 225, der bereits seit zwei Jahren in einer Seitwärtspendelbewegung mit einem negativen Grundton oberhalb von 9000 Punkten steckte, sollte sich diese technische Gesamtlage fortsetzen. Im Euro Stoxx 50 hat sich der seit Februar 2001 vorliegende Abwärtstrend, der zunächst den technischen Charakter einer Korrektur aufwies, bereits zu einer technischen Baisse ausgeweitet.
Der S&P 500 hatte im März 2009 (Start bei 666 Punkten) eine Hausse-Bewegung gestartet. Diese wurde von einem zentralen Hausse-Trend begrenzt (ergibt sich aus den Kurstiefs vom Juli 2009 bei 849 und vom September 2010 bei 1045 Punkten), der zuletzt bei 1200 Punkten lag. Ab September 2010 hatte ein idealtypischer Aufwärtstrend den Index bis zum Mai 2011 auf 1371 Punkte und damit fast bis an das mittelfristige technische Kursziel von 1400 geführt.
Jüngst lief der Index in eine Seitwärtspendelbewegung ("Trading-Range") mit der Unterstützung um 1250 und der Widerstandszone um 1370 hinein. Auch wenn diese Konsolidierung zunächst einen trendbestätigenden Charakter nach oben aufwies, lief der Index Anfang August mit einem Gewinnmitnahmesignal (Unterschreiten der 200-Tage-Linie bei 1285 und der Unterstützung um 1250) nach unten heraus. In der Folge konnte der Index auch den zentralen Hausse-Trend (um 1200 Punkte) nicht verteidigen.
Als technische Konsequenz ist die 29-monatige Hausse beendet und aus übergeordneter technischer Sicht befindet sich der S&P 500 in einer Gegenbewegung auf diese Hausse. Da diese Gegenbewegung erst wenige Tage andauert, lässt sich aus technischer Sicht noch nicht herausarbeiten, welche technische Form (zum Beispiel normaler Abwärtstrend oder Abwärtskanal) sich ergeben sollte.
Insgesamt signalisiert diese technische Gesamtlage vier Aspekte: Erstens sollte diese Gegenbewegung viele Wochen oder Monate in Anspruch nehmen. Zweitens liegt im Bereich von 1010 bis 1100 eine mittel- bis langfristige Unterstützungszone vor. Drittens sollte es jede technische Erholung schwer haben, wieder an die 200-Tage-Linie heranzukommen. Viertens sollte nach 29 Monaten Hausse jetzt eine defensive technische Haltung zum amerikanischen Aktienmarkt eingenommen werden, bis sich ein tragfähiger technischer Boden ergeben hat.
Der Nikkei 225, der in den letzten Monaten mit der kontinuierlichen Aufwertung des japanischen Yen zu kämpfen hat, befindet sich seit dem Sommer 2009 in einer langfristigen Seitwärtspendelbewegung, die von der Unterstützungszone um 9000 und der Widerstandszone ab 11000 begrenzt wird. Seit dem Frühsommer 2010 hat sich in dieser Seitwärtspendelbewegung ein mittelfristiger, negativer Grundton herausgebildet.
Der Euro Stoxx 50 steckte vor dem Hintergrund der Schuldenproblematik in einigen Euro-Peripherie-Ländern und des hohen Anteils von Banken, Versicherungen, aber auch von Versorgern bereits ab dem vierten Quartal 2009 nur in einer Seitwärtspendelbewegung mit der Unterstützungszone um 2440 und der gestaffelten Widerstandszone von 3044 bis 3080. Der positive Grundton ab Juni 2010 fand sich in einem mittelfristigen Aufwärtstrend, der den Index vom unteren in den oberen Bereich dieser Seitwärtspendelbewegung geführt hatte, wieder. Die 29-monatige Dax-Hausse ist ?technisch? beendet
Ausgehend vom bisherigen Jahreshoch bei 3077 (Februar 2011), bildete sich zunächst ein normaler Abwärtstrend heraus. In den letzten Handelstagen sorgten dann die auftretenden (Trading-)Verkaufssignale für eine Abwärtsbeschleunigung und für ein Verlassen dieser fast zweijährigen Seitwärtspendelbewegung nach unten. Da der Index durch die Kursverluste der letzten Tage bereits mehr als 30 Prozent vom diesjährigen Jahreshoch zurückgefallen ist, befindet sich der Euro Stoxx 50 wieder in der technischen (Zwischen-)Baisse. Auch wenn aufgrund der kurzfristig überverkauften Lage jederzeit eine Stabilisierung einsetzen kann, sollte aufgrund der mittelfristigen technischen Eintrübung eine defensive technische Haltung eingenommen werden.
Der Dax hatte in den letzten 29 Monaten eine idealtypische Hausse (Start im März 2009 bei 3589) durchlaufen. Seit dem vierten Quartal 2009 (Kurstief bei 5300) hatte sich ein zentraler Hausse-Trend, der zuletzt bei 6500 lag, ergeben. Ab dem September 2010 (Start bei 5800) hatte der Dax eine Aufwärtsbeschleunigung und eine ausgeprägte relative Stärke gegenüber vielen anderen europäischen Aktienindizes herausgebildet. Nachdem der Index mit einem Jahreshoch von 7600 in die Nähe des technischen Kursziels von 8000 gekommen war, bildete sich im zweiten Quartal 2011 oberhalb der Unterstützungszone um 7000 Punkte eine Seitwärtspendelbewegung heraus. Anfang August ist der Dax mit einem Verkaufssignal durch die Unterstützung um 7000 gerutscht, hat dabei den beschleunigten Aufwärtstrend (seit September 2010) und die 200-Tage-Linie (zuletzt bei 7080) überwunden und mit einem "wasserfallartigen" kurzfristigen Abwärtstrend auch den zentralen Hausse-Trend verlassen.
Aus übergeordneter technischer Sicht ist damit auch im Dax die 29-monatige Hausse beendet, und der Index befindet sich ebenfalls in einer technischen Gegenbewegung (auf diese Hausse). Bereits die erste technische Phase (Abwärtsbewegung seit Anfang Mai 2011 ausgehend von 7600) hat mit einem Kursrückgang von 27,6 Prozent dafür gesorgt, dass diese Gegenbewegung bereits den technischen Charakter einer Baisse aufweist. Auch wenn nach den massiven Kursverlusten der Vortage und der kurzfristig überverkauften Lage im Index an der Unterstützungszone von 5300 bis 5500 eine volatile Stabilisierungschance aufweist, empfiehlt sich jetzt eine defensive technische Haltung zum Dax.
Der Autor leitet das europäische Index-Research bei Commerzbank Corporates & Markets.
Text: F.A.Z. Bildmaterial: F.A.Z.
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