HANDELSBLATT, Freitag, 18. August 2006, 07:42 Uhr Quartalszahlen
Dell ist vom Pech verfolgt
Es ist keine gute Woche für Dell gewesen: Zuerst muss der weltgrößte Computerbauer wegen brandgefährlicher Notebook-Akkus seine bislang größte Rückrufaktion starten. Dann legt Erzrivale und Branchenzweiter HP eine hervorragende Zwischenbilanz vor. Jetzt folgen miserable eigene Zahlen fürs Quartal. Und zu allem Überfluss ermittelt nun auch noch die US-Börsenaufsicht.
HB ROUND ROCK. Der Gewinn im zweiten Geschäftsquartal verringerte sich um mehr als die Hälfte auf 502 Mill. Dollar (390 Mill. Euro), wie der US-Konzern am Donnerstag nach Börsenschluss bekannt gab. Der Umsatz stieg zwar um 5 Prozent auf 14,1 Mrd. Dollar, doch bedeutet dies für das Unternehmen das langsamste Wachstum seit mindestens drei Jahren.
Zugleich gab Dell am Donnerstagabend bekannt, dass die Börsenaufsicht SEC informelle Ermittlungen gegen das Unternehmen eingeleitet habe. Sie beträfen mehrere zurückliegende Geschäftsjahre. Es gehe unter anderem um die Verbuchung des Umsatzes.
Dell wusste schon lange um Ermittlungen
Über die SEC-Untersuchung ist Dell bereits seit einem Jahr im Bilde, wie ein Unternehmenssprecher einräumte. Dennoch habe die Firma diese Information für sich behalten, da sie sich nicht zur Veröffentlichung verpflichtet gesehen habe.
[Unter diesem Aspekt lohnt mal ein Blick auf die Insiderverkäufe, wo CEO Rollins auch selber tätig war:
05/30/2006 KEVIN B ROLLINS Director 1,120,000 Exercise of Stock Options at cost of $1,624,000.00 - A.L.]
Dell erklärte, das Unternehmen glaube nicht, dass die SEC-Untersuchung "substanzielle Auswirkungen" auf die Finanzlage des Konzerns haben werde. Man habe sich dennoch jetzt entschlossen, die Sache öffentlich zu machen. Bei der Beantwortung der Fragen der Börsenaufsicht seien "ein paar Sachen" aufgetaucht, die nun auch einer internen Untersuchung bedürften, sagte Finanzchef Jim Schneider. Die SEC habe einen wahren Berg an Dokumenten angefordert, fügte er hinzu. "Damit könnten sie einen Lastwagen füllen."
Der Gewinneinbruch wie auch die Bekanntgabe der Ermittlungen schockten die Anleger, die die Aktien von Dell im nachbörslichen Handel auf Talfahrt schickten. Die Papiere verloren nachbörslich mehr als 5 Prozent auf rund 21,60 Dollar.
Anfang der Woche hatte Dell die Anleger bereits einmal verschreckt, als das Unternehmen die größte Rückrufaktion seiner 22-jährigen Geschichte startete. Bei 4,1 Millionen Notebooks aus den vergangenen Jahren müssen die Akkus getauscht werden, weil diese unter Umständen kurzschließen und dadurch brennen können. Dell konnte seine Aktionäre jedoch damit beruhigen, dass der Akku-Produzent Sony die Kosten der Rückrufaktion übernimmt.
Die schwachen Dell-Ergebnisse stehen in krassem Gegensatz zu der guten Gewinnentwicklung beim Hauptkonkurrenten Hewlett-Packard, der seine Quartalsergebnisse einen Tag zuvor vorgelegt hatte. Analysten verweisen darauf, dass Dells frühere Wettbewerbsvorteile aus dem Direktvertrieb - Dell umgeht den Handel komplett - längst ausgereizt seien und das Unternehmen zudem mit Imageproblemen zu kämpfen habe. "Dell hat die Trendwende eingeleitet. Aber ich weiß nicht, ob die bisherigen Schritte ausreichen", sagte Analyst Shaw Wu von American Technology Research.
Dell kauft verstärkt bei AMD ein
Dell-Konzernchef Kevin Rollins war über die Quartalsergebnisse "enttäuscht". Er machte für den Gewinnrückgang mehrere Faktoren verantwortlich, darunter eine zu aggressive Preisgestaltung, eine schwächere Nachfrage und höher als erwartete Preise für Bauteile. Rollins will nun Kostensenkungen beschleunigen, mehr Geld in den Service stecken und ein besseres Preismanagement betreiben.
Der Druck, der auf Dell lastet, führt offenbar auch dazu, dass Dell verstärkt Prozessoren von AMD einsetzen will. Die Chips sind in der Regel wesentlich preiswerter als vergleichbare Fabrikate des Branchenprimus Intel. Dell hatte sich dennoch erst vor wenigen Monaten dazu entschlossen, überhaupt AMD-Prozessoren in seine Rechner zu verbauen. Dell verbaue ab kommenden Monat in seiner Produktlinie "Dimension" AMD-Athlon-Chips, hieß es.
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