Frankfurt (Reuters) - Die wieder in den Vordergrund rückenden Strukturprobleme der US-Wirtschaft haben am Freitag zu einem Ausverkauf des Dollar geführt. Spekulationen auf einen schrumpfend Zinsvorteil des Dollar drückten den Kurs zusätzlich.
Der Euro stieg um mehr als einen US-Cent auf 1,2956 Dollar und notierte damit erstmals seit einem Jahr wieder über 1,29 Dollar. Auch gegenüber dem Schweizer Franken fiel der Dollar mit 1,1966 Franken auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr. Zum Yen sank er bis auf 109,32 Yen und damit so tief wie seit September vorigen Jahres nicht mehr. Ein überraschender Rückgang des US-Handelsbilanzdefizits im März nahm nur kurzzeitig Druck vom Dollar.
"Der Vorsprung der USA bei den Zinsen und beim Wirtschaftswachstum lässt absehbar nach, und damit einhergehend rückt das Handelsbilanzdefizit wieder in den Fokus der Anleger", erläuterte Analyst Ralf Umlauf von Helaba Trust. "Der praktische Ausverkauf des Dollar im Moment ist aber auch stark spekulativ getragen." Auch HSBC-Volkswirt Rainer Sartoris sprach von einem Ausverkauf. "In den USA gibt es Signale auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus und das bringt den Dollar zu allen Währungen schwer unter Druck", erklärte Sartoris. Gleichzeitig gebe es in der Euro-Zone noch Zinserhöhungsfantasie. "In der jüngsten Zeit ist ein Stein auf den anderen gekommen und hat diesen Trend gegen den Dollar ausgelöst. Teilweise sind diese Trends an den Devisenmärkten aber auch überzogen." So bestehe die Gefahr einer scharfen Korrektur, fügte Sartoris hinzu.
US-HANDELSBILANZDEFIZIT ÜBERRASCHEND EINGEGRENZT
Zweifel an der Finanzierbarkeit des hohen Defizits hatten Ende 2004 den Dollar so stark geschwächt, dass der Euro bis auf 1,3667 Dollar kletterte. Der 2005 wachsende Zinsvorteil hatte diese Bedenken in den Hintergrund rücken lassen und den Euro zeitweise unter 1,20 Dollar gedrückt.
Der Euro gab nach dem überraschenden Rückgang des US-Handelsbilanzdefizits um 5,6 Prozent auf 62,0 Milliarden Dollar im März einen Teil seiner Gewinne wieder ab und fiel bis auf 1,2852 Dollar. "Die Zahlen waren schon eine Überraschung, aber sie ändern nichts am Gesamtbild", sagte Umlauf. Trotz des insgesamt etwas eingegrenzten Defizits weitete sich das am Markt mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgte Bilanzdefizit mit China im ersten Quartal auf 47,3 (Vorjahr: 42) Milliarden Dollar aus.
Der unerwartet starke Rückgang des Michigan-Index zum Verbrauchervertrauen auf 79,0 Zähler von 87,4 Punkten im Vormonat belastete am Nachmittag den Dollar zeitweise zusätzlich. Analysten hatten nur einen moderaten Rückgang auf 86,1 Punkte erwartet.
Die EZB hatte kurz vor Veröffentlichung der US-Daten den Referenzwert des Euro mit 1,2914 (Donnerstag 1,2716) Dollar ermittelt. Im Referenzkursverfahren der Banken EuroFX stieg der Euro auf 1,2920 (1,2714) Dollar.
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