die leider in den Medien immer ausschließlich als Maß der Bedrohung zelebriert werden, sind wirklich nicht unbedingt aussagekräftig, weil - wie hier richtig bemerkt - da die Anzahl der Tests als "Unbekannte" relevant eingeht. Allerdings wird hier - wie fast überall - immer noch vorwiegend "vorwärts" getestet. D.h. bei einem bekannten Fall wird gefragt: mit wem hattest Du Kontakt, und die Kontakte werden dann getestet. Da gehen viele Tests in Leere. Bei diffusiver Infektion und mangelnder Test- bzw. Verfolgungskapazität ein gravierender Fehler, weil dadurch eine Menge Tests verschwendet werden: viele Kontakte waren flüchtig und sind negativ. Auf diese Weise kann man noch so viele Tests machen, ein Rückschluss auf die Bedrohungslage anhand der prozentual positiven Tests ist nicht ohne weiteres möglich. Sinnvoller wäre bei diffusiver Infektionslage eine "Rückwärtsstrategie": von einem bekannten Fall aus schnellstmöglich verfolgen, wo die Infektion stattgefunden hat, dort die Kontaktpersonen feststellen und diese testen. Dadurch würden weniger Nachverfolgungen und Tests erforderlich und das System nicht sinnlos überlastet. Allerdings wird auch damit aus der Anzahl der prozentual positiven Tests eine Einschätzung der Bedrohungslage nicht ohne weiteres möglich sein.
Relevant dafür sind andere Zahlen. Einerseits der Verlauf der Anzahl schwerwiegender Erkrankungen (die sogenannte Hospitalisierung) und andererseits die Anzahl der Todesfälle. Beide Zahlen sind - nicht notwendig proportional - verzögert mit der Zahl der positiven Tests gekoppelt.
Man muss ein wenig suchen, um aufschlussreiche Zusammenstellungen der Daten zu finden. Vorbildlich zusammengestellte Daten für die USA: https://covidtracking.com/data/charts/us-all-key-metrics Vor allem aufschlussreich: 2-metrics-7-day-average-curves. Man sieht schön die Zusammenhänge und die zeitliche Verzögerung zwischen positiven Tests, Hospitalisierung und Todesfällen.
Nicht ganz so toll, aber immer noch aufschlussreich: https://ig.ft.com/coronavirus-chart/...perMillion=0&values=deaths Wenn man zwischen deaths und cases hin und her schaltet, sieht man, dass z.B. für die EU der Verlauf der Todesfälle etwa 3 Wochen verzögert dem Verlauf der Anzahl positiver Tests folgt: der Start der "zweiten Welle" bei den Fällen war etwa am 9.7., der entsprechende Anstieg der Todesfälle startet am 30.7.
Sehen wir uns die Daten für die EU mal genauer an: Fälle pro Tag am 10.7. = 3800, Fälle am 3.10. (vor 3 Wochen, wegen der Verzögerung der Todesfälle) 43800. Also ein Faktor von gut 11. Todesfälle pro Tag am 30.7. = 80. Todesfälle am 22.10. = 860. Also ein Faktor von knapp 11. Die Wachtumsfaktoren passen erstaunlich gut zusammen. Extrapolation: Fälle am 22.10. = 119000, gegenüber dem 3.10. (43800) etwa ein Faktor 2.7. Sollten sich die Todesfälle weiter im Gleichtakt entwickeln, wird deren Anzahl (pro Tag in der EU) in 3 Wochen bei etwa 2300 liegen. Das ist aus heutiger Sicht nicht mehr zu ändern, schließlich sind die Fälle schon da und somit die in den nächsten Wochen zunehmenden Hospitalisierungen und Todesfälle wohl unvermeidlich.
Das zeigt aber auch, warum Fachleute (die obige Rechnung wesentlich genauer durchführen können) zunehmend warnen. Derzeit ist die Zunahme der Fallzahlen exponentiell, was wahrscheinlich auch für die zukünftige Zahl der in Quarantäne befindlichen Personen, die Hospitalisierungen und die Todesfälle gelten wird. Wenn die Fallzahlen sich weiter so entwickeln wie derzeit und die proportionale Kopplung der Fallzahlen an die Hospitalisierung und die Todesfälle erhalten bleibt, werden wir in 5-6 Wochen mehr als 5000 Todesfälle pro Tag in der EU und eine entsprechende Überlastung der Krankenhäuser bzw. des Personals haben.
Die Folgen für die Wirtschaft sind: erhöhter Krankenstand, ggfs. Unterbrechungen in Produktions- und Lieferketten, für den einzelnen (und somit die Gesamtbevölkerung) Einbußen in Einkommen und Kaufkraft. Sprich: erhebliche "Kosten". Mal abgesehen von Leid und Elend für die betroffenen Menschen. Diese Kosten werden Staaten nicht ohne erhebliche Folgen für das Wirtschaftssystem tragen können. Es wird mit einiger Sicherheit zu weiterem Schrumpfen der globalen Wirtschaft führen.
Das muss nicht unbeding - aber es kann durchaus - auf die globalen Aktienmärkte durchschlagen. Wie hier vielfach geschrieben: Geld drucken geht immer, wenn auch natürlich nicht ohne Folgen für die Zukunft. Naja, wen interessiert heute schon noch der Blick auf die Zukunft. Aber es kann ohne weiteres sein, dass das gesamte System instabil wird. Auch wenn noch so viel Geld gedruckt wird: die Verunsicherung des Einzelnen durch das Geschehen in seiner Umgebung wächst an, das Selbstvertrauen und insbesondere das Vetrauen in das Wirtschaftssystem und dessen Wachstum nimmt ab. Wenn der einzelne das Gefühl bekommt, dass er heute eine Aktie besitzt, die in einem Monat vielleicht nur noch 80% des heutigen Wertes haben wird, dann wird er wahrscheinlich früher oder später zum Verkauf der Aktie neigen. Anlagenotstand oder nicht: was ich im Sack habe, habe ich im Sack. Und wenn es das Bargeld unter der Matratze ist. Wenn das ins Rollen kommt, gibt es Mitkopplung, an der Börse aka crash.
Muss nicht, aber kann. Und die Entwicklung von covid-Fallzahlen wird nach meiner Meinung einen Einfluss haben.
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