http://www.agrarheute.com/...her-biokraftstoffe-20-prozent-beisteuern 01.07.2010 Forschungsergebnisse VW: Biokraftstoffe könnten 20 Prozent der Energie liefern Brüssel - Trotz des Aufschwungs der Elektromobilität in der Forschung halten führende Köpfe des Volkswagen-Konzerns klassische und neue Biokraftstoffe weiterhin für einen wichtigen Bestandteil der Antriebsstrategie für die Mobilität von morgen.
"Wir sehen bei Einhaltung aller Nachhaltigkeitskriterien Potential dafür, dass Biokraftstoffe weltweit etwa 10 Prozent bis 20 Prozent des Bedarfs decken können", erklärte der VW-Forschungsleiter für Antriebstechnik, Dr. Tobias Lösche-ter Horst. Wie hoch der Anteil tatsächlich sein werde, hänge stark davon ab, wie sich die Kosten am Markt für Agrarrohstoffe entwickelten und inwieweit eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion sinnvoll sei.
Eine mögliche Antwort auf die Versorgung der Zukunft sei zum Beispiel, für Kurzstrecken künftig verstärkt auf Elektromobilität zu setzen, auf Langstrecken hingegen Biokraftstoffe zum Einsatz kommen zu lassen.
"Wir sehen momentan in der Batterie noch nicht die Lösung für die Langstreckenmobilität", unterstrich Lösche-ter Horst. Neben Biokraftstoffen verfolgt VW laut seinen Angaben für die Langstrecke daher auch das Thema Wasserstoff in Verbindung mit der Brennstoffzelle. Die Weiterverarbeitung von regenerativem Wasserstoff zu Biomethan, das zur bestehenden Infrastruktur passe, könnte ebenfalls eine interessante Ergänzung darstellen.
Mehr Ethanol- als Biodieselpotential
"Für die Langstrecke werden wir auf absehbare Zeit eine hohe Energiedichte benötigen, das heißt wir brauchen auch weiterhin flüssige oder auch gasförmige Energieträger, um 600 Kilometer bis 800 Kilometer am Stück zu fahren und eine kurze Nachtankzeit zu haben", sagte Lösche-ter Horst. Relativ begrenzt ist das Potential laut seiner Einschätzung allerdings beim Biodiesel. Das Ziel der EU-Staats- und Regierungschef, bis 2020 mindestens 10 Prozent der Energie im Mobilitätssektor aus erneuerbaren Quellen zu decken, hält der VW-Forscher im Bereich Biodiesel aufgrund der Biomasseverfügbarkeit für kaum erreichbar. Durch Einsatz von 10 Prozent Biokraftstoff am Markt erwartet er im Übrigen nicht, dass es zu massiven Verschiebungen der Marktkräfte käme. Die Elektrofahrzeuge werden laut Lösche-ter Horsts Dafürhalten einen Beitrag zu diesem Ziel leisten, der aber bis 2020 relativ klein bleiben wird.
Beimischung einfacher
Das Potential für Biokraftstoffe hält der VW-Forschungsfachmann bei Ottomotoren für deutlich größer als im Biodieselbereich, schon allein aufgrund der relativ kurzkettigen Kohlenwasserstoffmoleküle, die Pflanzen bilden und die eher dem Otto- als dem Dieselkraftstoff verwandt sind. Für die Automobilhersteller ist dies insofern eine schlechte Nachricht, weil man unter ihnen befürchtet, der Diesel sei als Mitteldestillat voraussichtlich der erste "kritische Treibstoff", wenn es zu einer Verknappung am Markt für fossilen Sprit kommt. Der Unterabteilungsleiter Kraftstoffe bei Volkswagen, Dr. Stefan Schmerbeck, sieht dies ähnlich, hält jedoch Abhilfe durch Investitionen in Rohölraffinerien für möglich. Gegenüber der Verwendung reiner Biokraftstoffe gibt Volkswagen der Beimischung den Vorzug, jedenfalls was den europäischen Markt angeht. "Vom Treibhausgasminderungseffekt betrachtet ist es gleichgültig, ob wenige Wagen mit E85 oder sämtliche Pkw mit E10 fahren", sagte Lösche-ter Horst zum Einsatz von Ottokraftstoff mit einem Ethanolanteil von 85 Prozent.
Prognose: Lignozellulose-Sprit kommt schneller als BtL
Biosprit, der über einen Vergasungsschritt gewonnen wird (Biomass to Liquid - BtL), hält Lösche-ter Horst trotz der Verzögerungen bei der Entwicklung nach wie vor für einen "sehr interessanten Kraftstoff" aufgrund des Potentials zur Reststoffnutzung. Er glaubt allerdings, dass Biotreibstoff aus Lignozellulose eher auf den Mark kommt. Es gebe eine ganze Reihe von Unternehmen, die mit ähnlichen Verfahren unterwegs seien, um die Biomasse mit Enzymen aufzuschließen, um daraus Ethanol zu gewinnen.
Forschung nicht auf Amerika beschränkt
Volkswagen ist an verschiedenen Firmen beteiligt, die Biosprit der zweiten Generation entwickeln, so in Deutschland am Unternehmen Choren, das mit der Produktion von BtL im vorindustriellen Maßstab im sächsischen Freiberg allerdings in Zeitrückstand geraten ist, sowie in Kanada an der Lignozellulose-Firma Iogen, die vor einigen Jahren auch in Deutschland Chancen zum Bau von Biosprit-Produktionsanlagen auf Strohbasis ausgelotet hatte. Lösche-ter Horst betonte, dass sich die Forschung zu Lignozellulose-Ethanol nicht auf Amerika beschränke. Vielmehr seien in der Erforschung der Prozesse zur Herstellung nachhaltigen Ethanols auch einige europäische Unternehmen aktiv. Allerdings sei in den Vereinigten Staaten - anders als in Europa - für solch neuen Ethanolsprit durch gesetzliche Rahmenbedingungen wie eine eigene Quote für Lignozellulosesprit die Umsetzung gegeben.
Scania mit Ethanol in Bussen
Eigene Ansätze verfolgt man unterdessen in der Antriebsforschung von VW zum Einsatz neuer biogener Komponenten. Mit Blick auf den Nutzfahrzeugebereich wies Lösche-ter Horst auf erfolgreich umgesetzte Konzepte bei der Anfang 2008 übernommenen Nutzfahrzeuge-Tochter Scania hin, wo Busmotoren entwickelt wurden, die mit einem Gemisch von 95 Prozent Ethanol und fünf Prozent Zündbeschleuniger betrieben werden. Als neue Kraftstoffsorte seien solche Konzepte jedoch nicht ohne weiteres auf den Gesamtmarkt übertragbar. Für gut umsetzbar halten die VW-Experten den Einsatz solcher Treibstoffe aber, wenn der Aktionsradius der Flotten beschränkt und eine Betriebstankstelle vorhanden ist.
An Alternativen zum Rapskraftstoff im Diesel wird geforscht
"Neben dem Beispiel Scania sind wir in der Forschung damit beschäftigt, außer Raps dem Diesel auch andere biogene Komponenten beizumischen", erläuterte Lösche-ter Horst. Das Augenmerk sei dabei auf leichter siedende Komponenten gerichtet. Übergeordnete Fragestellung sei, wie man das Einsatzspektrum biogener Komponenten für den Diesel erweitern könne. Dabei könnten Biokraftstoffe herangezogen werden, die man bislang aus dem Bereich der Ottomotoren kenne. Hierfür seien jedoch gravierende Änderungen am Motor erforderlich. Zur möglichen Nutzung von Algen erklärte der VW-Fachmann, diese könnten langfristig eine zusätzliche aussichtsreiche Quelle für Biomasse darstellen. Die Demonstration von Prozessen zur Herstellung und Kraftstoffgewinnung aus Algen sei jedoch bislang nur im Labormaßstab dargestellt worden. Eine Wirtschaftlichkeit könne erst in der Zukunft bewertet werden. (AgE)
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