Deutschland diskutiert über die ehemalige Irak-Geisel Die sieben Rätsel der Susanne Osthoff Der Fall Susanne Osthoff (43) ? keine Entführung gab je so viele Rätsel auf wie das 23tägige Kidnapping der deutschen Archäologin. Welche Rolle spielte Osthoff für den BND? Welche Verbindungen hatte Osthoff zu Anhängern des gestürzten Saddam-Regimes und zu Rebellen? Und wie war das mit dem Lösegeld? BILD dokumentiert die mysteriösen Rätsel! Das Video-Rätsel
Experten, die das Geisel-Video kennen, sagen, es sei in seiner Machart absolut untypisch für fanatische Islamisten. Grund: Dem Video fehlten die üblichen religiösen Gebetsgesänge, Koran-Sprüche in arabischer Schrift, ?Allahu Akbar?-Rufe usw.
Wieso zeigt die ARD bis heute das Geisel-Video nicht? Am 28. November, drei Tage nach der Entführung, war dem Bagdader Büro der ARD die DVD zugespielt worden. Gezeigt wurde nach Ansicht des Materials dann allerdings nur ein Standbild: Susanne Osthoff, ihr mitgefangener Fahrer, drei vermummte, bewaffnete Entführer. ARD-Chefredakteur Hartmann von der Tann gestern zu BILD:
?Einer der wesentlichen Gründe, warum wir damals das Originalvideo nicht gezeigt haben, war der, daß wir keinen Grund sahen, Werbung für Terroristen oder Verbrecher zu betreiben. Das gilt immer noch ... Ich kann allerdings sagen: Das Video enthält keine Lösegeld-Forderung und kann so auch nicht weiter zur Aufklärung beitragen.?
Das Schleier-Rätsel
Osthoff redete unverschleiert im arabischen Sender al-Dschasira, vollverschleiert im ?heute-journal? des ZDF. Im Interview mit dem ?Stern? erklärte Osthoff: ?Ich wurde zu dem Sender gefahren ... Ich wurde gleich vor die Kamera gezerrt, ohne daß eine Maskenbildnerin mir den Schweiß wegpudern konnte, das Indigo des Schleiers hatte schon blaue Flecken in meinem Gesicht hinterlassen ? da konnte ich den gar nicht mehr abnehmen.?
Gezerrt? Keine Zeit? Die FAZ veröffentlichte im Wortlaut gestern, was Osthoff und ZDF-Moderatorin Marietta Slomka vor Beginn des Interviews besprachen ? protokolliert fast 2000 Worte. Auszug:
ZDF-Moderatorin Marietta Slomka: ?Wollen Sie denn auch während des Gesprächs verschleiert bleiben? Ist Ihnen das persönlich ...?
Osthoff: ?Das Gesicht bleibt so aus diesen Gründen, denn ...?
Slomka: ?Okay.?
Osthoff: ?Ich hab? dafür eindeutig Gründe ... ich bin jetzt nicht mehr in der Verfassung, noch in mein Gesicht, äh, ich meine, ich kann nicht mehr, ja? Das ist die Sitte des Landes so, und ich passe mich halt eben an.?
Das Saddam-Rätsel
Die ?Frankfurter Allgemeine Zeitung? schreibt von möglichen Verbindungen Osthoffs zum Umfeld von Ex-Diktator Saddam Hussein. Laut FAZ wohnte Susanne Osthoff ?offenbar immer wieder? in der Bagdader Villa von Dschamal Dulaimi. Der Psychiater war früher Leibarzt von Saddam Hussein. Der Dulaimi-Stamm gehörte zu den Stützen des Regimes ? heute stellen seine Krieger nach FAZ-Recherchen die Stützen der Aufständischen.
Das Kidnapper-Rätsel
Bei ihrem Interview auf dem arabischen Satellitensender al-Dschasira sagte Osthoff über die Kidnapper: ?Es waren arme Leute. Ich kann ihnen nicht böse sein, daß sie mich geschnappt haben, denn in die Grüne Zone von Bagdad, wo sie Amerikaner kidnappen könnten, dürfen sie nicht hinein ... Ich hatte Glück, weil sie keine Kriminellen waren. Ich war so froh, als ich erkannte, daß ich nicht in der Hand von Banditen war.?
Das BND-Rätsel
Bei ARD-Talker ?Beckmann? stritt Osthoff ab, im Irak gelegentlich für den BND tätig gewesen zu sein. Sie habe lediglich Mitarbeitern der deutschen Botschaft manchmal Hinweise auf drohende Gefahren oder die Lage in bestimmten Gebieten gegeben. Osthoff: ?Wenn ich für den BND gearbeitet hätte, hätte ich meine 540 Euro Miete regelmäßig zahlen können. Dazu war ich nicht in der Lage.?
Auf Beckmanns Frage, ob sie also ?nie für den BND gearbeitet? habe, reagierte Osthoff ausweichend, nervös: ?Das interpretieren Sie jetzt wieder so.? Nach BND-Geldzahlungen gefragt, wich sie aus: ?Ich sage nur, es gibt in dieser Frage für mich keine Veranlassung, darauf zu antworten.?
Das Mutter-Rätsel
Über drei Wochen dauerte Osthoffs Entführung. Knapp drei Wochen dauerte es, bis sie ihre Tochter Tarfa (12) in die Arme schloß ? im Studio von ARD-Talker ?Beckmann?, vor der Aufzeichnung der Show am 7. Januar. Nur eine Nacht verbrachten Mutter und Tochter Tarfa (12) im Hotel. Dann flog das Kind zurück nach Bayern, Osthoff nach Beirut. Dem Vorwurf, eine Rabenmutter zu sein, widerspricht sie vehement: ?Mein Kind ist in bes-ter Obhut. Sie ist besser betreut als viele andere Kinder in Deutschland, die vor die Glotze oder zur Seite geschoben werden ...?
Das Fessel-Rätsel
Im ?Stern? erzählte Osthoff: ?Und weil meine Hände hinterm Rücken gefesselt waren, bin ich auf die Lippen gefallen ... Die Handfesseln habe ich mühsam aufgebissen, um mich wenigstens im Kofferraum in die Ecke verkriechen zu können, damit ich bei Beschuß von hinten nicht gleich getroffen werde.?
Frage einer ?Stern?Leserin: ?Wie kann es sein, daß sie ihre Handfesseln im Kofferraum aufgebissen hat, wenn doch ihre Hände auf dem Rücken gefesselt waren?? Die Redaktion erklärte die Ungereimtheit mit einer ?Kürzung des Interviews?.
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