Hier nochmal der ganze Text, da der ober Link nicht funktioniert.....zumindest bei mir nicht
15. Juni 2009 In den zwei Wochen vor dem weithin erwarteten Antrag auf Gläubigerschutz nach Chapter 11 des amerikanischen Insolvenzrechts war der Aktienkurs von General Motors von fast 2 Dollar nach und nach auf nur noch 51 Cent gesunken. Seit dem Insolvenzantrag kam es zu massiven Kursschwankungen, in deren Verlauf die Aktie Tag für Tag regelmäßig um mehr als 20 Prozent gestiegen oder gefallen ist.
Eine derartige Kursvolatilität im Vorfeld eines Gläubigerschutzantrags notleidender Kapitalgesellschaften ist nicht ungewöhnlich, da Investoren in dieser Zeit zu ermitteln versuchen, ob ein Unternehmen überleben oder liquidiert wird. Haben sich die auf Konkursunternehmen spezialisierten Investoren früher noch ausschließlich auf den Kauf von Anleihen und Darlehen konzentriert, werden heute auch Wetten auf die Aktien dieser Unternehmen eingegangen. ?Es gibt Chancen in Hülle und Fülle?, sagt Alex Jurshevski, Vorstandsvorsitzender und Portfoliomanager der Investmentbank Recovery Partners mit Schwerpunkt auf notleidende Vermögenswerte. Ihre Evaluierung kann jedoch unglaublich kompliziert sein.
Keine neuen Kredite
Wenn ein Unternehmen Insolvenz beantragt, dann geht man von dessen Zahlungsunfähigkeit aus, wobei die Verbindlichkeiten das Vermögen übersteigen. Da vom Schuldner die Forderungen von Gläubigern zu bedienen sind, ehe die Anteilseigner an die Reihe kommen, gehen die Aktionäre am Ende für gewöhnlich leer aus. Im aktuellen Umfeld ist dies jedoch nicht zwingend der Fall. Einige Unternehmen beantragen Gläubigerschutz, weil sie keine neuen Kredite erhalten oder ihre Schulden nicht refinanzieren können, und nicht, weil sie ihren Zinsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können.
Ein Beispiel hierfür ist General Growth Properties, der zweitgrößte Betreiber von Einkaufszentren in den Vereinigten Staaten, dessen Aktie seit dem Insolvenzantrag im April von rund 25 Cent auf fast 3 Dollar zulegte. Renommierte Hedgefonds-Investoren wie Bill Ackman von Pershing Square Capital Management und Whitney Tilson von T2 Partners vertreten die Ansicht, dass die Vermögenswerte des Unternehmens ausreichend werthaltig sein dürften, um nach Bedienung der Schulden noch Geld für die Aktionäre übrig zu haben. (Am 8. Juni wurde Ackman in den Vorstand von General Growth Properties berufen.) ?Im Allgemeinen ist es keine gute Idee, Aktien von Konkursunternehmen zu kaufen?, sagt Tilson. ?Doch hin und wieder ist es keine schlechte Idee.?
Es gibt Beispiele für Unternehmen, deren Aktionäre nach einer Insolvenz als Folge von Liquiditätsengpässen nicht das Nachsehen hatten. Als der Kraftwerksbetreiber Mirant im Jahr 2003 Gläubigerschutz beantragte, sah er sich mit einem Berg fälliger Schulden und hohen Erdgas-Bezugspreisen konfrontiert. In einem ersten Restrukturierungsplan sollten die Anteilseigner leer ausgehen, doch sie erstritten eine Beteiligung an der restrukturierten Gesellschaft, unter anderem mit der Begründung, dass sinkende Erdgas-Bezugspreise zu einem Anstieg künftiger Gewinne führen würden. ?Wenn ein Unternehmen wirklich insolvent ist, dann ist für die Aktionäre nichts mehr zu holen?, sagt Sanierungsspezialist K. Scott Van Meter, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft LECG. ?Wenn Unternehmen krisenbedingt keine Kredite mehr erhalten, ist das anders.?
Investoren sollten zunächst aufmerksam verfolgen, ob der Insolvenzrichter die Einrichtung eines offiziellen Ausschusses zur Vertretung der Aktionärsinteressen gestattet. In der Vergangenheit wurden Anteilseigner von den offiziellen Restrukturierungsverhandlungen in der Regel ausgeschlossen. Die Richter erkennen jedoch zunehmend an, dass nach Befriedigung der Gläubigeransprüche noch Mittel vorhanden sein könnten. Vermögenswerte könnten sich als unterbewertet erweisen, die Dynamik einer Branche könnte sich verbessern, ein Gerichtsverfahren oder ein Verfahren zur Gläubigerbenachteiligung gegen die Anleihegläubiger oder die Unternehmensführung könnte mit einem Vergleich enden. Laut Van Meter sollten Investoren folgende zwei Fälle im Auge behalten: Das Gläubigerschutzverfahren des Geflügelfleischproduzenten Pilgrim's Pride, für das im Mai die Einrichtung eines Aktionärsauschusses genehmigt worden sei, und die im Mai vom Öl- und Gaskonzern TXCO Resources eingereichte Insolvenz, für die ein solcher Ausschuss in Kürze genehmigt werden könnte.
Firmen geraten wegen Kreditklemme in Not
Ein weiterer interessanter Kandidat ist die im Jahr 2006 vom Öl- und Gasproduzenten Kerr-McGee ausgegliederte Chemiesparte Tronox. Nach dem Insolvenzantrag im Januar dieses Jahres leitete Tronox im Mai ein Verfahren gegen Kerr-McGee ein, in dem es dem einstigen Mutterkonzern vorwirft, im Vorfeld der Ausgliederung mit versteckten Umweltkosten und übermäßigen Schulden belastet worden zu sein. Kerr-McGee, zwischenzeitlich von Anadarko Petroleum übernommen, wies diese Vorwürfe zurück. Laut Van Meter sollten Investoren dieses Verfahren verfolgen, da die Ansprüche in einen umfassenden Vergleich zu Gunsten der Aktionäre münden könnten.
Einige Unternehmen des Energiesektors haben Gläubigerschutz beantragt, nachdem sie im Zuge der Kreditklemme und infolge sinkender Ölpreise in Liquiditätsprobleme geraten waren. Die Ölpreise haben sich zuletzt jedoch wieder erholt, wodurch der Cashflow und der Wert potenzieller Bohrstellen gestiegen ist. Dieser Aspekt könnte für Aktienbesitzer auch bei TXCO Resources relevant sein. Nach den Angaben im Gläubigerschutzantrag belaufen sich dessen Vermögenswerte auf 432 Millionen Dollar, während die Verbindlichkeiten mit 323 Millionen Dollar beziffert werden. Analyst Chris Pikul von der Investmentbank Morgan Keegan geht davon aus, dass für die Aktionäre ein lukrativer Anteil am restrukturierten Unternehmen herausspringen könnte. Die nach dem Insolvenzantrag mit 25 Cent gehandelte Aktie des Unternehmens könnte nach Einschätzung von Pikul zwischen 1,50 und 5 Dollar wert sein.
Ausblick für Automobilzulieferer Delphi hat sich eingetrübt
Experten raten von Engagements in Konkursunternehmen gebeutelter Branchen ab, zu denen etwa Fluggesellschaften, Wohnungsbauunternehmen, Verlage und Finanzdienstleister zählen. Nachdem der Branchenbuchverlag R.H. Donnelley im Mai Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragt hatte, sackte die Aktie auf rund 5 Cent ab. Das Unternehmen, das im Jahr 2008 einen Verlust von 2,3 Milliarden Dollar erzielt hatte, unterbreitete einen Plan, demzufolge den Anleihegläubigern das gesamte Eigentum zugesprochen wird, während die Aktionäre leer ausgehen.
Investoren, die um R.H. Donnelley einen Bogen machten, hatten dabei vielleicht die Erfahrung der Anteilseigner des Automobilzulieferers Delphi im Hinterkopf, der im Jahr 2005 Gläubigerschutz beantragte. Der erste Restrukturierungsplan sah eine Beteiligung der Aktionäre am restrukturierten Unternehmen sowie Optionen zum Bezug weiterer Anteile vor. Der Ausblick für Delphi hat sich jedoch angesichts rückläufiger Fahrzeugabsätze der großen drei Detroiter Autokonzerne eingetrübt. Am 1. Juni wurde im Rahmen des nach wie vor laufenden Gläubigerschutzverfahrens ein überarbeiteter Plan veröffentlicht, in dem die Anteilseigner mit leeren Händen dastehen. Dies sorgt für Unruhe unter Aktionären mit Blick auf die Papiere von General Motors oder jenen des Autozulieferers Visteon. Die Beteiligung der amerikanischen und der kanadischen Regierung lässt die Angelegenheit noch komplizierter werden. ?Die Regierungen spielen hier eine sehr große Rolle und es ist äußerst schwierig abzuschätzen, was in die Wertermittlung einfließt und was nicht?, sagt Jurshevski von Recovery Partners.
Was bedeutet das nun alles für General Growth Properties? Anders als einige seiner Wettbewerber war das Unternehmen bislang nur geringfügig vom Verschwinden dutzender Einzelhandelsketten betroffen. Im April wies das Unternehmen für das erste Quartal 2009 eine Leerstandsrate von unter 10 Prozent und ein Nettobetriebsergebnis von 555 Millionen Dollar aus. Der in seinen Büchern mit 29 Milliarden Dollar angegebene Wert seiner 200 Einkaufszentren und anderer Immobilien übersteigt die Verbindlichkeiten in Höhe von 27 Milliarden Dollar.
Hedgefonds-Manager Ackman und andere behaupten, dass die Vermögenswerte deutlich mehr als 29 Milliarden Dollar wert seien. In einer Ende Mai an einige institutionelle Investoren übermittelten 68-seitigen Präsentation schätzt Ackman den möglichen Wert der Aktie auf Basis der Cashflows und Vermögenswerte nach einer Restrukturierung auf 9,11 bis 21,50 Dollar. Tilson, der Aktien von General Growth vor dem Insolvenzantrag leer verkaufte, baute für seinen Fonds bei einem Kurs von unter einem Dollar eine kleine Position auf. Nach seiner Ansicht wäre ein potenzieller Gewinn bei einem Kursanstieg auf 3 Dollar groß genug, um die reelle Möglichkeit eines Untergangs des Unternehmens wettzumachen.
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