29. Februar 2008 - Interview mir Prof. von Droste, ehem. Direktor des Pariser Welterbezentrums
Dresdner Neueste Nachrichten, 29. Februar 2008
Droste: Welterbe ist Monument der Versöhnung
?Die Streichung Dresdens von der Welterbeliste wäre die angemessene Antwort auf die irreparable Zerstörung der Dresdner Elbe-Kulturlandschaft.? - Mit diesen deutlichen Worten zum Brückenstreit hat der Mitbegründer und frühere Direktor des Unesco-Welterbezentrums in Paris, Professor Bernd von Droste zu Hülshoff, im ?Arts Management Newsletter? in dieser Woche für Aufsehen gesorgt (DNN berichteten).
Die Nichtbeachtung der Auflagen der Welterbekonvention untergrabe Deutschlands Ansehen in der Welt als verlässlicher Vertragspartner, hatte er gesagt. In dem Artikel zeigte sich von Droste beschämt von den Vorgängen um den Bau der Waldschlößchenbrücke. Von Droste ist noch heute als Berater für das Welterbezentrum tätig. DNN-Redakteurin Uta Schirmer hat mit ihm gesprochen.
Frage: Kennen Sie Dresden?
Bernd von Droste zu Hülshoff: Ich bin seit 1976 fast jedes Jahr mindestens ein Mal in der Stadt zu Besuch gewesen und habe den Aufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten historischen Altstadt mit Interesse verfolgt. Nach der Wende hatte ich in meinem Pariser Büro ein Gipsmodell der Frauenkirche stehen. Das haben Besucher aus der ganzen Welt gesehen und ihre Solidarität mit dem Wiederaufbau deutlich gemacht.
Hat Dresden den Welterbetitel verdient?
Welterbe-Bestrebungen hat es schon zu DDR-Zeiten gegeben. Die Aufnahme war aber abgelehnt worden, weil nach dem Wiederaufbau der Stadt die Authentizität fehlte. Nach der Wende tat sich die Möglichkeit auf, das Elbtal als Kulturlandschaft aufzunehmen. Ich selbst war skeptisch, dass es von so universeller Bedeutung ist.
Dennoch stimmte das Welterbekomitee dem Antrag im Juli 2004 zu...
Ja, dafür haben sich vor allem die angloamerikanischen Staaten eingesetzt. Das war und ist ein wesentlicher Bestandteil, die Beziehungen zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern zu entspannen. Das Dresdner Welterbe ist deshalb auch ein Welterbe der Versöhnung und ein Monument der Erinnerung, nicht nur der Ästhetik.
Also geht es um mehr als "nur" die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal?
Es handelt sich hier um einen Ort, der nicht nur die Deutschen etwas angeht. Das Dresdner Welterbe ist eine unantastbare Ikone der Völkerverständigung. Darin kommt eine ganz besondere Symbolik Dresdens zum Tragen. Deshalb stimmt es mich sehr traurig, was zurzeit in Dresden passiert. Wir müssen das Welterbe vor kurzfristigen ökonomischen Interessen schützen.
Was genau ist denn Ihrer Ansicht nach in Dresden schief gelaufen?
Das größte Problem ist nach wie vor, dass sich Deutschland als Vertragspartner der Unesco keine Gedanken über die rechtskräftige innerstaatliche Umsetzung der Welterbekonvention gemacht hat. Es fehlt schlicht ein Umsetzungsgesetz. Und es kann eigentlich nicht sein, dass ein Bürgerentscheid über einer internationalen Konvention steht. Es scheint, als sei der Bevölkerung nicht bewusst, welche Verpflichtungen man mit einem anerkannten Welterbe eingeht. Das ist kein Instrument zur Förderung des Tourismus.
Von vielen Seiten wurden und werden die Antragsunterlagen Dresdens kritisiert. Gab es da tatsächlich ein Problem?
Die Angaben zur Waldschlößchenbrücke waren meiner Meinung nach irreführend und nicht detailliert genug. Auch die Auswirkungen der Brücke auf die Kulturlandschaft, auf die einmaligen Sichtbeziehungen wurden nicht ausreichend dargestellt. Auch wurden keine Alternativen geprüft. Ich denke, dass sich Dresden der Problematik schon damals bewusst war. Die Unesco und die Gutachter von Icomos waren damals nicht in der Lage, die Bedeutung des Projekts vollends zu erkennen. Dafür waren die eingereichten Unterlagen zu spärlich.
Aber warum hat das Welterbekomitee das Dresdner Elbtal trotzdem auf die Welterbeliste gesetzt und erst Monate später ein Gutachten zu den Auswirkungen verlangt?
Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich glaube nicht, dass sich die Unesco von Brückengegnern hat instrumentalisieren lassen. Sie kann jederzeit Studien zu den Auswirkungen eines solchen Projekts einfordern. Schließlich geht es um den Schutz universeller Werte. Das Aachener Gutachten hat ja dann auch deutlich gezeigt, dass die Integration und Harmonisierung der Brücke mit der Landschaft nicht gelungen ist.
Kann der veränderte Brückenentwurf Dresden den Welterbetitel retten?
Ich kenne den Entwurf nicht. Ich hoffe, dass diese Alternative ausreicht, das Komitee zu beruhigen, aber ich glaube es nicht. ----------- ich mache zwar mainstream-musik, aber meine wurzeln verbieten mir, mit angela merkel kaffee zu trinken."
:-(( herbert grönemeyer 06.06.07
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