Wo fange ich da an....
1. Jordan Peterson ist nicht unbedingt ein Poet sondern ein kanadischer Psychologieprofessor, der schon an verschiedenen Top-Universitäten langjährig unterrichtet hat, er beschäftigt sich neben den typischen Feldern auch mit psychologischen Dimensionen von religiösen und populären Erzählungen, und nimmt seit einigen Jahren auch an öffentlichen Diskussionen in kulturellen Bereichen teil. Er ist auch kein Rechter, sondern steht dem britischen Liberalismus klassischer Prägung nahe, wenn man ihn denn in einer seriösen Weise einordnen möchte. https://en.wikipedia.org/wiki/Classical_liberalism
2.Seine Anhänger entstammen keineswegs vorwiegend aus einem kleinbürgerlichen Milieu. Sie finden sich unter seinen vielen Studenten, also in einem akademischen Milieu, seine Lehrveranstaltungen, Interviews und sonstigen öffentlichen Auftritte erreichen dabei über das Internet dann allerdings mittlerweile auch weite Kreise ausserhalb des akademischen Milleus. Radikale wie aus #912 stelen dabei prozentual eine äußerst geringe Minderheit dar. Radikale Pöbler treten dabei im Netz leider überall auf, wobei ich nicht meine, dass ihr Anteil bei JP-Debatten unbedingt höher liegt, als bei allen möglichen anderen Debatten.
3. Er profitiert in seinen Diskussionen auch keineswegs von einer "systemischen Schwäche bürgerlicher Kontrahenten", sondern von der systemischen Schwäche irrationaler ideologischer Argumentationen. Die Vorstellung, dass dies ein ausgesprochen bürgerlicher Zug - gar noch ein notwendiger - sein soll, ist mal wieder eine Absurdität.
4."der Feind also nicht von aussen sondern von innen kommt" Wenn man diesen Satz für sich alleine stehen lässt, klingt da als allgemeine Betrachtung durchaus etwas richtiges an. JP sagt übrigens gar nichts anderes - allerdings in einem anderen Kontext. Die Problematik ist dabei natürlich auch hier Deine Vorstellung sowie Deine Bewertung rechten Denkens, bei dem es sich bei Licht betrachtet zum einen noch nicht einmal umbedingt um rechtes sondern eher um ein klassich liberales Denken handelt, und zum anderen, selbt wenn es sich um rechtes Denken handelte, bei der Gleichung, die da implizit aufgemacht wird, dass es sich bei rechtem Denken um böses und bei Linkem Denken um gutes Denken handelte, um ideologischen Nonsense handelt.
5."Bürgerliche spüren instinktiv, dass sie ihren humanistischen Überbau insbesondere unter Beschuss nicht preisgeben dürfen," Es hat keiner verlangt, den Humanismus preiszugeben, der im Gegensatz zu JP oben ja auch gar nicht unter Beschuss stand. ;-) Wo siehst Du den Humanismus denn oben durch JP gefährdet? Das ist einfach Unsinn.
6."Wenn der humanistische Idealismus nicht zur Wirklichkeit passt, dann muss der Idealismus weg," Man sollte auch hier zwischen Ideal und ideologie unterscheiden.
Wenn die Ergebnisse einer idealistischen Politik in der Wirklichkeit, gar nicht zu entsprechenden Ergebnissen führen, da die zugrunde liegenden Probleme z.B. gar nicht erkannt und insofern auch gar nicht wirklich adressiert werden, oder sogar noch zu systematischen Absurditäten führen etc. etc. und man trotzdem an dieser Politik festhält, so hat man sich vom humanistichen Ideal doch in der Praxis sehr weit entfernt und dieses viel mehr der Ideologie preisgegeben.
Man kann sich dabei in bestimmten Fällen sogar fragen, ob der Humanismus nicht sogar vielmehr als eine Art Maske vor sich her getragen wird und es individuell manchmal tatsächlich um ganz andere Dinge geht. Geht es z.B. wirklich immer um Solidarität mit denen, die Leid erfahren, oder geht es einfach nur um Missgunst gegenüber jenen, denen es besser geht? Es gibt da viele Fragen, die man da aufmerksamer Weise stellen könnte und sollte!
7. "Dabei ist es gerade die Kraft dieses Idealismus, die sie selbst davor bewahren kann, im nächsten kollektiven Amoklauf zu enden." Ideologie hat noch keinen vor der Selbst- oder auch Fremdzerstörung bewahrt. Es ist eher das Gegenteil wahr. Die Konservativen, deren entscheidender Impuls es ist, bewahren zu wollen. Neigen dazu zudem wohl am allerwenigsten. Dein "Bock auf Kollektiven Untergang" ist keine Domäne der Konservativen
Es geht dabei ja zum einen um ein Leiden an sich selber, wofür dann allerdings die Verantwortung (sowie - und das ist ganz entscheidend - die Möglichkeit zur Veränderung) nicht bei einem selbst sondern bei seiner Umwelt gesehen wird, sowie um das hassgetriebene Bedürfniss, sich an der falschen Welt zu rächen. Hier geht es dann auch folgerichtiger Weise nicht mehr um eine sinnvolle Verteidigung der eigenen Interessen, sondern um Schadensmaximierung - und so erkennt man solche Leute in ihrem Potenzial dazu dann eben auch an ihrem Tun.
Es ist ihnen egal, ob sie selber durch ihr Verhalten irgendwelche Vorteile erlangen, oder ob es unabsehbar in die Katastrophe führt, Hauptsache sie können zertstören. Das haben Suicidebomber, RAF-Terrorsisten, Hitler und alle sozialistischen Dikaturen dann auch miteinander gemein.
Leute, die den Kapitalismus trotz aller Ungleichheiten für das beste Wirtschaftssystem, das wir bisher auf diesem Globus gesehen haben, für einen gigantischen Wohlstandsgenerator und Armutsvernichter halten, die sich wo sie können für die Freiheit des Individuums und seinen Fortschritt einsetzen, neigen indessen eher selten zu solchem pathologischen Selbst- und daraus eben verlängerten Fremdhass.
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