Ich hatte hier Ende September über den Prognosewert des Fear&Gread-Index philosophiert. Dazu verglich ich den Drei-Jahres-Chart des FG-Index mit dem Drei-Jahres-Charts des SP-500.
Erstens kam ich zu dem Ergebnis, dass der FG-Index als bärischer Frühindikator kaum taugt. Denn wenn die Stimmung auf "extreme Gier" steht (85 bis 100), kann das auch noch wochen- bis monatelang so weitergehen. Gier frisst Hirn.
Zweitens zeigte der Vergleich aber auch, dass bei "extremer Angst" (wie jetzt, Wert 7, siehe unten) die Wahrscheinlichkeit einer zumindest technischen Erholung - aka "dead cat bounce" - sehr viel höher ist. Man sah es z. B. deutlich beim Absacker Anfang 2016. Bei Tiefständen im FG-Index gilt: Angst frisst zwar Mut, aber Gier lebt fort. Denn wir wissen ja, dass "Börsen langfristig immer steigen" [jedenfalls bis zum Doomsday-Tag X ;-)]
Zusammenfassend ergibt sich also eine Asymmetrie: Während "extreme Gier" kein verlässlicher bärischer Kontraindikator ist, kann "extreme Angst" schon eher als bullischer Kontraindikator gelten. (Dass dies auch für den "Lehman-Rutsch" galt, wage ich allerdings zu bezweifeln, denn damals gab es sicherlich monatelang FG-Index-Tiefstände in Folge. Aber das war wegen der seriellen Bankenpleiten eine Sondersituation.)
Nimmt man noch hinzu, dass der den ganzen Sommer über megabullische "Spiegel" den Anlegern jetzt die Abstürzgründe "erklärt" (# 582), wobei praktisch nichts Neues berichtet wird, erhalten wir als Extra-Bonbon den berühmt-berüchtigten "Titelbild-Kontraindikator" - hier in seiner bullischen Variante (wenn auch ohne passende Karikatur).
Was sagt uns das Ganze nun? Ich stimme Dreiklang zu, dass - wenn der SP-500 auf kurz unter 2600 gesunken ist (hellblaue Linie im Chart in # 585) - ein nachhaltiger Bounce wahrscheinlich(er) wird, und dieser könnte sich in eher gemäßigtem Tempo in den Monaten November/Dezember vollziehen. Wall Street bekäme dann die von allen Boni-Schmarotzern ersehnte Weihnachtsrally.
Anfang 2019, wenn die Boni eingetütet sind, könnte dann die nächste größere Abwärtswelle anrollen. Fundamentale "Hilfe" kommt schon länger von der Fed, genauer von deren Zwang zu weiteren Zinserhöhungen (Bekämpfung der anziehenden Inflation) - wobei diese Zinserhöhungen auf immer schwächeres Wachstum treffen, was sich ja bereits seit Anfang 2018 andeutet.
Im Endeffekt bekämen wir den bärischen "Klassiker", dass eine allzu hedonistische Fed die Rally abwürgt (siehe 2001 und 2008).
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