Aus FuW: Jalal Bagherli, CEO von Dialog Semiconductor, spricht mit «Finanz und Wirtschaft» über die Abhängigkeit von einem Grosskunden ? und Pläne ohne diesen. Welche Probleme ein Unternehmen bekommen kann, wenn es zu viel Geschäft mit nur einem Kunden macht, weiss Jalal Bagherli sehr wohl. Als der gebürtige Iraner vor zwölf Jahren die Führung des Chipentwicklers Dialog Semiconductor übernommen hat, gehörte Handyhersteller BenQ zu den Umsatzträgern ? und die Pleite der ehemaligen Siemens-Tochter brachte Dialog an den Rand des Ruins. Damals touchierten die Valoren der deutsch-britischen Gesellschaft die 1-?-Marke. Heute kosten sie 40 ? ? doch noch immer kämpft das Unternehmen mit dem Klumpenrisiko eines Grosskunden. Dieses Mal heisst er Apple (AAPL 144.7755 0.73%) und steht für gut 75% des Umsatzes. Hat das Dialog-Management nichts gelernt? Zur Person Mit 20 Jahren verliess Jalal Bagherli den Iran, um in England Elektronik zu studieren. Dort erwarb er seinen Doktortitel. Im Chipbereich sammelte er Erfahrung bei Sony und Texas Instruments. Anschliessend leitete er Alphamosaic, ein Start-up im Handybereich, bis zu dessen Verkauf. Bevor der heute 61-Jährige 2005 den CEO-Posten bei Dialog Semiconductor antrat, arbeitete er in leitender Position bei Broadcom. «Die Geschichte zeigt, dass wir sehr schnell in der Lage sind, unsere Technologie von einem führenden Unternehmen zu einem nächsten zu übertragen», kontert Bagherli auf die Frage im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft». Und das ist auch gut so, denn Apple baut in dem Feld, in dem Dialog besonders stark ist, anscheinend eine eigene Mannschaft auf. Zur Verteidigung setzt Bagherli auf hohe Markteintrittsbarrieren und neue Geschäftsfelder, etwa auf das drahtlose Aufladen von Smartphones, Tablets & Co. in Partnerschaft mit der nordamerikanischen Energous. Der Dialog-CEO bleibt optimistisch: «Bis auf das vergangene Jahr hatten wir eine Wachstumsperiode von zehn Jahren. 2017 kehrt das Wachstum zurück.» Den Neuen Markt überlebt Dialog blickt auf eine Geschichte, die bis ins Jahr 1981 reicht, als der US-Chipanbieter IMP sein Europageschäft aufbaute. Nach einigen Besitzerwechseln folgte 1999 der Börsengang unter dem Namen Dialog Semiconductor. Das Unternehmen ist eines der wenigen, das den Neuen Markt ? das einstige Wachstumssegment der Deutschen Börse ? überlebt hat. Die Verwaltung befindet sich heute im britischen Reading, ein weiterer Hauptsitz im deutschen Kirchheim unter Teck. Spezialgebiet der Dialog-Semiconductor-Entwickler ist das Energiemanagement in Hightech-Geräten, vom Smartphone über Tablets hin zu cleveren Lautsprechern. Dialog-Produkte holen mehr Energie aus den Akkus, deren Kapazität sich kaum ändert. Der Bereich Mobile Systems steht für 85% des Umsatzes von 1,2 Mrd. $ im vergangenen Jahr. «Power Management ist über die Jahre zu unserem wichtigsten Feld geworden und wird es bleiben, denken Sie nur an die weltweiten Initiativen, um Energie zu sparen», sagt CEO Bagherli. «Dialog besetzt inzwischen aber auch bei stromsparenden Bluetooth-Verbindungen oder Reiseladegeräten Top-Positionen.» Beide Felder wurden erst in den vergangenen fünf Jahren gegründet. Der Jahresumsatz ausserhalb des Smartphone-Geschäfts betrage bereits mehr als 300 Mio. $. Besonders spannend: eine Kooperation mit der nordamerikanischen Energous. Das Start-up arbeitet an einem Verfahren, Geräte über eine Entfernung von einem Meter drahtlos zu laden. «Da dabei Mikrowellenfrequenzen eingesetzt werden, stehen noch regulatorische Prüfungen an», erklärt der Dialog-CEO. Sein Unternehmen darf exklusiv die Komponenten für den möglichen Blockbuster liefern ? wenn die Behörden der Technik denn zustimmen. Dialog hat dafür den Weg einer Partnerschaft gewählt. «Das ermöglicht uns, an den Entwicklungen in einem spannenden Feld teilzunehmen ? bei einem geringen Risiko.» Doch, kein Wunder, wegen der Abhängigkeit vom Power Management und vom grössten Kunden Apple hat eine Analystenstudie die Investoren Mitte April tief verunsichert. «Vergifteter Apfel», titelte Karsten Iltgen vom Bankhaus Lampe. Es gebe Hinweise, dass Apple eine eigene Lösung für die Energieverwaltung seiner Geräte entwickle und die Chips von Dialog in Teilen ersetzen wolle. Ab 2019 könnte dies das Ergebnis von Dialog belasten. Die Börse wartete nicht so lange: Noch am Tag der Nachricht verloren die Titel in der Spitze mehr als ein Drittel. Seither notieren sie wieder höher, aber entfernt von den annähernd 50 ? vor der Studie. Dialog-CEO Bagherli bestätigt die Entwicklung beim Grosskunden Apple. «Offenbar verbreitert er sein Know-how, um nicht allzu abhängig von einem Lieferanten zu sein», sagt er. «Allerdings lässt sich unsere Technologie nicht über Nacht kopieren.» In fünfzehn Entwicklungszentren rund um den Globus würden an die 900 Ingenieure arbeiten. Parallel laufe die Entwicklung an acht bis zehn Chips jährlich. «Das kann niemand sonst», sagt er. «Es dauert in der Regel zwei Jahre von der Entwicklung bis zum Einsatz eines Chips in einem Gerät eines Kunden.» Die Perspektive habe sich für Dialog Semiconductor nicht geändert. «Unser grösster Kunde setzt Dialog-Chips in einer Reihe von Geräten ein: vom Smartphone über Smartwatches hin zu Kopfhörern und Heimlautsprechern», erklärt er. «Jedes der Produkte hat einen speziell angepassten Chip, in einigen befinden sich sogar zwei oder drei.» Mittelfristig zuversichtlich «Für 2017 und 2018 sind wir sehr optimistisch mit Blick auf die Pipeline an neuen Produkten», sagt Bagherli. Allerdings würde, wie von Bankhaus Lampe konstatiert, der Apple-Umsatz nicht über Nacht wegbrechen. Das Dialog-Management reagiert daher: «Wir wollen die ¬Abhängigkeit von unserem grössten Kunden 5 bis 10% pro Jahr reduzieren», sagt Bagherli. Er schränkt aber ein: «Allein mit organischem Wachstum und kleineren Zukäufen wird uns das schwerfallen.» Grössere Übernahmen müssen also her. Ende März verfügte Dialog Semiconductor über liquide Mittel von 723 Mio. $. Davon würden gut 300 Mio. $ für das operative Geschäft gebraucht. Der Rest stehe für Zukäufe und Aktienrückkäufe bereit, sagt der CEO. «Im Moment schauen wir aktiv nach Übernahmezielen, die zu unserer Strategie passen.» Das Problem: Die Historie spricht nicht für Dialog. Eine grössere Akquisition ist dem Unternehmen zuletzt 2013 geglückt. Im Jahr darauf scheiterte ein Zusammenschluss mit der österreichischen AMS (AMS 65.1 -0.53%), deren Aktien an der hiesigen Börse kotiert sind. «AMS ist ein grossartiges Unternehmen ? aber Dialog fokussiert mehr auf den mobilen Bereich», sagt Bagherli heute. «Deshalb hat die Fusion nicht hingehauen.» Im Jahr 2015 misslang der Versuch, die kalifornische Atmel zu kaufen. «Der Markt stand nicht hinter der geplanten Übernahme», erklärt er. Der Dialog-Aktienkurs sank. Ein Rivale konnte daher letztlich ein besseres Angebot vorlegen. Dialog-Aktien notieren mit Abschlag Das Gros des Umsatzes von 1,2 Mrd. $ hat Dialog Semiconductor 2016 im Bereich mobile Systeme erwirtschaftet, in erster Linie mit Energiemanagement. Die Bereiche Energieumwandlung und Bluetooth-Verbindungen wachsen allerdings. Getragen wird das Geschäft dieses Jahr, so CEO Jalal Bagherli, weiter vom Smartphone-Segment. «Für 2017 rechnen wir mit Wachstum bei unseren Komponenten für Smartphones. Teils können wir mehr Komponenten liefern für die Geräte bestehender Kunden, teils neue Kunden gewinnen.»
Eine Reihe von chinesischen und koreanischen Smartphone-Herstellern plane für das zweite Halbjahr Produkte mit Dialog-Semiconductor-Chips. Das ist bemerkenswert, weil dies auf weniger Abhängigkeit von Apple hindeuten könnte. Der Konzern steht für drei Viertel des Dialog-Umsatzes.
Die koreanische Samsung hingegen, Nummer zwei im Smartphone-Sektor, verantwortet gemäss Analysten weniger als 5%. So könnten neben neuen iPhones und dem Lautsprechersystem HomePod von Apple, in denen Dialog-Chips mit Sicherheit vertreten sind, auch Samsung-Produkte für bessere Zahlen sorgen. «Mit Blick auf unseren Auftragseingang und die neuen Produkte, die im zweiten Halbjahr kommen, haben wir ein sehr gutes Gefühl für 2017», sagt Bagherli. In Vergangenheit konnte Dialog sich bereits aus der Abhängigkeit von Grosskunden lösen.
Barclays rechnet mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 2018 von 12 für Dialog Semiconductor. Zum Vergleich: Für AMS setzt das Wertschriftenhaus 28 an. Dialog-Aktien werden traditionell mit
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